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09/29/2004 09:54

Bündelung von Forschungskompetenzen bei Kolloid- und Grenzflächenforschung einzigartig in Bayern

Jürgen Abel M. A. Pressestelle
Universität Bayreuth

    Am 1. 10. 2004 wird ein neues Laborgebäude an der Uni Bayreuth eröffnet. Die erweiterten Kapazitäten für die biochemische Wirkstoff-Forschung sowie für die Kolloid- und Grenzflächenanalytik ermöglichen eine noch intensivere Zusammenarbeit von Wissenschaft und Wirtschaft. Dazu ein Interview.

    Interview mit Professor Dr. Georg Krausch, Vizepräsident der Universität Bayreuth, Bereich Forschung und wissenschaftlicher Nachwuchs und Inhaber des Lehrstuhls

    ???? Professor Krausch, am 1. Oktober 2004 wird auf dem Campus der Universität Bayreuth ein neu errichtetes Laborgebäude eröffnet, das speziell für Forschungsarbeiten auf den Gebieten der biochemisch-pharmazeutischen Wirkstoff-Forschung und der Kolloid- und Grenzflächenforschung ausgelegt ist. Welche Entwicklung hat zu dieser fachlichen Ausrichtung der neuen Laboratorien geführt?
    Krausch: Die Geschichte dieses Neubaus geht zurück auf zwei Projekte, die in den Jahren 1999 und 2000 im Rahmen der High Tech Offensive des Freistaats Bayern eingeworben wurden. Sie kommen aus unterschiedlichen wissenschaftlichen Richtungen, zielen aber beide darauf ab, gemeinsam mit Partnern aus Großindustrie und mittelständischer Wirtschaft den Weg von der Grundlagenforschung in konkrete Anwendungen zu gehen.
    Zum einen handelt es sich dabei um das Projekt BioMedTec Franken. In einer Kooperation der Universität Bayreuth mit den Universitäten Würzburg und Erlangen/Nürnberg sind Wissenschaftler angetreten, das biotechnologische Potential ihrer Forschungsfelder zu bündeln, Gründungen von innovativen Unternehmen in diesem Bereich zu unterstützen und einen regen Austausch zwischen Wissenschaft, Pharma- und Biotechnologieunternehmen zu fördern. An der Universität Bayreuth sollen Ergebnisse der Grundlagenforschung im Bereich der Biochemie und der Molekularen Biostrukturforschung umgesetzt werden in Wirkstoffe und analytische Verfahren, die für die Pharmazie und die Medizin von Bedeutung sind.
    Bei dem anderen Projekt handelt es sich um das Bayreuther Zentrum für Kolloide und Grenzflächen, das zu den Zentralen Wissenschaftliche Einrichtungen der Universität Bayreuth zählt. Kolloide sind kleine Teilchen mit einer Größe von einigen Millionstel Millimetern (Nanometern). Sie sind das Herzstück von verschiedensten Alltagsprodukten und begegnen uns in Lebensmitteln, Wasch- und Reinigungsmitteln, Kosmetika, Farben und Lacken, aber auch in Medikamenten. Kolloidforschung ist das älteste und am weitesten entwickelte Teilgebiet der Nanotechnologie, die heute in aller Munde ist. Das Bayreuther Zentrum für Kolloide und Grenzflächen bündelt die exzellente Infrastruktur und Expertise, die in diesem Fachgebiet an der Universität Bayreuth besteht, und versteht sich als Plattform für Industriekooperationen.
    Seit ihrer Bewilligung haben beide Projekte erfolgreiche Forschungsarbeiten geleistet. Diese wurden allerdings erschwert durch die beengten räumlichen Verhältnisse, denn bisher konnten nur die Räume der einzelnen Lehrstühle genutzt werden. Mit dem neuen Gebäude, das in einer gemeinsamen Anstrengung durch den Freistaat Bayern, die Regierung von Oberfranken und die Universität Bayreuth möglich gemacht wurde, erhält die anwendungsnahe biochemische und pharmazeutische Wirkstoff-Forschung einerseits und die Kolloidforschung andererseits eigene Räumlichkeiten. Dies ist die Grundlage für einen weiteren Ausbau dieser erfolgreichen Aktivitäten an der Universität Bayreuth.

    ???? Damit eröffnen sich natürlich auch neue Perspektiven für die Zusammenarbeit von Forschung und Wirtschaft. Mit welchen Industriepartnern hat die Universität Bayreuth auf diesen Gebieten bisher kooperiert - können Sie Beispiele nennen?
    Krausch: Was BioMedTec betrifft, so gibt es z.B. eine enge Kooperation mit der Firma Siemens in Erlangen auf dem Gebiet der Bioanalytik. Dabei geht es um die Entwicklung von sogenannten Biochips. Auf dem Gebiet der Kolloidforschung ist beispielsweise die BASF AG in Ludwigshafen ein bedeutender Partner. Aber auch mit kleineren Unternehmen der Region wurden bereits Projekte durchgeführt. Mit der exzellenten, vorwiegend aus Steuermitteln finanzierten Infrastruktur, die wir in unseren Forschungslaboratorien haben, wendet sich die Universität Bayreuth eben nicht nur an große Industrieunternehmen, sondern gezielt auch an mittelständische Firmen. Gerade der Mittelstand kann zahlreiche der kostenintensiven Verfahren mit eigenen Mitteln nicht durchführen. Die technischen Geräte und das nötige wissenschaftliche Know-How wären einfach zu teuer. Zwar kann die Universität ihre Dienstleistungen der Wirtschaft nicht zum Nulltarif anbieten; eine derartige Förderung gewerblicher Unternehmen wäre schon aus rechtlichen Gründen nicht möglich. Aber die finanzielle Eigenbeteiligung, die mittelständische Firmen in gemeinsame Projekte mit der Universität einbringen, ist für sie erheblich niedriger als der Aufwand, den sie betreiben müssten, um sämtliche Forschungsarbeiten im eigenen Haus durchführen zu können.

    ???? Was kann, was sollte die Universität tun, um mittelständische Unternehmen in größerem Umfang als bisher für Kooperationen zu gewinnen?
    Krausch: Hier sprechen Sie in der Tat ein Problem an, dass uns seit langem auf den Nägeln brennt. Unsere Wissenschaftler müssen immer wieder feststellen, dass sich kleinere Unternehmen sehr viel schwerer damit tun, sich die Kompetenz der Universität für ihre eigenen Forschungs- und Entwicklungsvorhaben zunutze zu machen. Hier ist noch viel Aufklärungsarbeit zu leisten und es gilt Barrieren abzubauen. Die Kontaktstelle für Wissens- und Technologietransfer mit ihren Dienstleistungsangeboten ist ein zentraler Ansprechpartner, wenn es um die Anbahnung und Begleitung von Projekten mit der Wirtschaft geht. Darüber hinaus benötigen wir jedoch dringend Mitarbeiter, die über das entsprechende Spezialwissen verfügen und gezielt in die Unternehmen hineingehen, um sie - entsprechend ihrem jeweiligen Innovationsbedarf - über die Möglichkeiten an der Universität Bayreuth zu informieren und für gemeinsame Forschungs- und Entwicklungsarbeiten zu gewinnen.
    Bisher verfügen die oben genannten Zentren über keine Grundausstattung, aus der solche qualifizierten Mitarbeiter bezahlt werden könnten. Angesichts der großen Bedeutung, die einer erfolgreichen Arbeit des Mittelstandes für unsere Volkswirtschaft zukommt, sind wir zuversichtlich, zusammen mit den beteiligten bayerischen Ressortministerien einen Weg zu finden, um die Kontakte mit der mittelständischen Wirtschaft intensivieren zu können.

    ???? Gibt es in dem neuen Laborgebäude spezielle Anwendungskompetenzen, durch die sich die Universität Bayreuth im Vergleich mit anderen Hochschulen besonders auszeichnet?
    Krausch: Was das Bayreuther Zentrum für Kolloide und Grenzflächen betrifft, so liegt seine Besonderheit gerade nicht darin, dass man sich auf spezielle Geräte oder ein spezielles Fachwissen beschränkt, das es woanders nicht gibt. Der Anspruch besteht vielmehr darin, dass auf dem Gebiet der Kolloid- und Grenzflächenanalytik die gesamte Bandbreite der Forschung abgedeckt werden kann, wie der Ideengeber und erste Direktor des Zentrums, Prof. Dr. em. Heinz Hoffmann, einmal als Zielvorgabe formuliert hat. In der Tat ist eine derartige Bündelung von Forschungskompetenzen im Bereich der Kolloid- und Grenzflächenforschung einzigartig in Bayern, und in Deutschland und Europa nur an wenigen Standorten zu finden. Ein Spezifikum des Bayreuther Vorgehens ist, dass dem Industriepartner nicht ein einzelner Lehrstuhl, sondern eine Gruppe von Wissenschaftlern aus verschiedenen Fachgebieten als Partner zur Seite steht. Diese Idee liegt ja auch dem BioMedTec-Projekt zugrunde, das die technische Infrastruktur und das Know How verschiedener Lehrstühle sogar universitätsübergreifend zusammenführt. Übrigens wird ein Teil der neuen Laboratoriumsflächen, die dem Bereich BioMedTec zugeordnet sind, demnächst von einer wissenschaftlichen Nachwuchsgruppe unter der Leitung eines neu berufenen Juniorprofessors genutzt werden.

    ???? Der Neubau auf dem Bayreuther Universitätscampus wird sicher auch die interdisziplinäre Zusammenarbeit verstärken ...
    Krausch: Ja, dies ist in der Tat eine Besonderheit unserer Universität: Die neu geschaffenen Laboratorien sind nicht einzelnen Professoren zugeordnet, sondern sie werden kooperativ von mehreren Professoren und deren Mitarbeitern genutzt. Dieses organisatorische Profil steigert zunächst intern die Zusammenarbeit unserer Wissenschaftler und der technischen Mitarbeiter. Quasi im Nebeneffekt lernen unsere Studenten dabei die interdiziplinäre Zusammenarbeit als den Normalfall wissenschaftlicher Arbeit kennen und schätzen. Das steigert auch unsere Attraktivität auf internationaler Ebene. Im Bereich der Kolloid- und Polymerforschung sind wir beispielsweise im laufenden Jahr in drei hochrangige Forschungsnetzwerke der Europäischen Union eingebunden, die sich hinter den Akronymen Polyamphi, Polyfilm und BioPolySurf verbergen; bei Polyamphi ist die Federführung an der Universität Bayreuth angesiedelt und liegt in den Händen von Prof. Dr. Axel Müller. Aufgrund derartiger Kooperationen wird sich auch die Zahl der ausländischen Doktoranden und Postdoktoranden weiter erhöhen, die für Forschungsaufenthalte zu uns nach Bayreuth kommen. Gleichzeitig bieten solche Netzwerke Gelegenheit, unsere Studierenden für Forschungsaufenthalte an ausländische Institute zu vermitteln.

    ???? In welchem Zusammenhang stehen die neuen Forschungslaboratorien mit der wissenschaftspolitischen Herausforderung einer verstärkten Profilbildung der Hochschulen in Forschung und Lehre?
    Krausch: Die Universität Bayreuth hat ja seit ihrer Gründung eine sehr erfolgreiche Profilbildung betrieben, und sowohl die Molekularen Biowissenschaften als auch die Polymer- und Kolloidforschung gehören zu den zentralen und weit über die Universitätsgrenzen hinweg sichtbaren Forschungsschwerpunkten der Universität. Diese Schwerpunktbildung wird die Universität Bayreuth auch in den kommenden Jahren fortführen und weiter ausbauen. Im Hinblick auf die hochschulpolitischen Überlegungen zu einer Neustrukturierung der bayerischen Universitätslandschaft wird es u.a. darum gehen, dort, wo es in der Sache sinnvoll erscheint, eine stärkere Vernetzung mit anderen bayerischen Universitäten zu suchen. BioMedTec Franken und das Internationale Doktorandenkolleg "Leitstrukturen der Zellfunktion" im Elitenetzwerk Bayern (ENB) haben hierbei ja bereits eine erfolgreiche Vorreiterrolle übernommen. Im Bereich der Polymer- und Kolloidforschung gibt es Planungen, gemeinsam mit anderen Partnern in Nordbayern ein Bayerisches Zentrum für Polymerforschung an der Universität Bayreuth zu etablieren. Aber das ist derzeit noch Zukunftsmusik. In jedem Fall wird die Universität Bayreuth ihre Schwerpunkte weiter zu stärken suchen, um auch in Zukunft auf nationaler wie auf internationaler Ebene im Wettbewerb mit den Spitzenuniversitäten der Welt konkurrenzfähig zu bleiben.
    (Das Gespräch führte Christian Wißler M.A.)


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    Bereit für Kooperationen mit der Wirtschaft: Labor im neuen Bayreuther Zentrum für Kolloid- und Grenzflächenforschung
    Bereit für Kooperationen mit der Wirtschaft: Labor im neuen Bayreuther Zentrum für Kolloid- und Gren ...

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    Criteria of this press release:
    Biology, Chemistry
    transregional, national
    Organisational matters
    German


     

    Bereit für Kooperationen mit der Wirtschaft: Labor im neuen Bayreuther Zentrum für Kolloid- und Grenzflächenforschung


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