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12/29/2025 06:03

Hybride Intelligenz: KI & Köpfchen − das perfekte Team für sinnstiftende Arbeit

Dorothea Elsner Pressearbeit, interne Kommunikation und Social Media
Universität Hohenheim

    Uni Hohenheim: Künstliche Intelligenz (KI) beeinflusst den wahrgenommenen Sinn einer Aufgabe nicht per se. Richtig eingesetzt, steigert sie berufliche Zufriedenheit.

    Geistige Anstrengung, intrinsische Motivation und sozialer Nutzen bestimmen die wahrgenommene Bedeutung der Arbeit, zeigen Untersuchungen der Universität Hohenheim in Stuttgart. Dabei gingen die Forschenden der Frage nach, welchen Einfluss Künstliche Intelligenz (KI) auf den Sinn ausübt, den Beschäftigte in ihrer Arbeit sehen. Das Ergebnis: Nicht die Technologie allein, sondern der richtige Einsatz von KI ist entscheidend. Sie sollte Beschäftigte unterstützen, ohne ihre Motivation und kognitive Leistung zu beeinträchtigen. Als sogenannte hybride Intelligenz ergänzen dann Mensch und Maschine ihre Stärken optimal, was dazu beiträgt, Arbeit als sinnstiftend und erfüllend wahrzunehmen, so die Schlussfolgerung der Forschenden.

    Sprachverständnis, Problemlösung, analytisches und logisches Denken oder Lernen aus Erfahrung – Beispiele für Aufgaben, die normalerweise menschliche Intelligenz erfordern. Doch zunehmend übernimmt Künstliche Intelligenz (KI) diese Funktionen. Sie verändert die Arbeitswelt grundlegend, fördert Effizienz und Produktivität.

    Doch welchen Einfluss hat sie auf den Sinn, den Menschen in ihrer Arbeit sehen? Denn sinnvolle Arbeit, die als persönlich und gesellschaftlich wertvoll erachtet wird, ist zentral für die Motivation, Zufriedenheit und psychische Gesundheit der Mitarbeitenden. Dieser Frage sind Forschende unter Leitung von Prof. Dr. Caroline Ruiner vom Fachgebiet Soziologie an der Universität Hohenheim nachgegangen.

    Sozialer Nutzen…

    In einem Experiment mit 677 Teilnehmenden untersuchte das Forschungsteam, wie die Verwendung eines KI-Textgenerators die Bewertung einer Schreibaufgabe beeinflusst. Die Teilnehmenden sollten einen Spendenaufruf zugunsten von Kindern verfassen und wurden zufällig auf drei Gruppen verteilt.

    Während eine Gruppe den Text eigenständig schrieb, wählte eine zweite Gruppe aus fertigen Textvorschlägen des KI-Generators aus. Eine dritte Gruppe konnte ebenfalls Vorschläge der KI nutzen, diese jedoch nach Belieben bearbeiten. Am Schluss bewerteten die Teilnehmenden den Sinn der Aufgabe und ihren persönlichen Beitrag dazu.

    Den stärksten Einfluss hatte in allen drei Gruppen der empfundene soziale Nutzen: „Wenn sie die Arbeit als gesellschaftlich wirkungsvoll ansahen, bewerteten die Teilnehmenden sie als besonders sinnstiftend“, so Doktorandin Mateja Vodiškar.

    …und geistige Anstrengung entscheidend

    An zweiter Stelle kam die geistige Anstrengung, die investiert werden muss, um eine Aufgabe zu bewältigen: „Je höher der kognitive Anspruch, desto höher wird auch die Bedeutung einer Aufgabe eingeschätzt“, erklärt die Expertin. „Geistige Anstrengung dient als Anhaltspunkt für den Wert einer Aufgabe, da sie Mitarbeitenden das Gefühl gibt, eine wichtige und bedeutsame Arbeit zu erledigen. Besonders die Gruppe ohne KI-Unterstützung stufte ihre Aufgabe signifikant als herausfordernder und gleichzeitig als bedeutungsvoller ein.“

    „Andererseits zeigen unsere Untersuchungen auch, dass der Einsatz eines KI-Systems nicht unbedingt die wahrgenommene Bedeutung einer Aufgabe beeinflusst“, erläutert Prof. Dr. Ruiner. „Teilnehmende mit KI-Unterstützung schätzten ihre Arbeit ebenfalls als bedeutsam ein – allerdings weniger stark ausgeprägt als jene ohne KI-Unterstützung. Dieser Effekt tritt vor allem dann ein, wenn die Automatisierung durch KI als unterstützend, aber nicht übermäßig dominierend wahrgenommen wird. Falls jedoch der Einsatz von KI die kognitive Herausforderung vollständig reduziert, kann dies dazu führen, dass die Aufgabe als weniger bedeutungsvoll empfunden wird.“

    Hybride Intelligenz

    Wie entscheidend die Art der Interaktion zwischen Mensch und KI ist, zeigen die Ergebnisse einer weiteren Befragung von zehn Ärzt:innen und Anwält:innen: KI steigert besonders dann die Arbeitszufriedenheit, wenn sie Fachkräfte bei Routineaufgaben entlastet. Dadurch erhalten sie mehr Zeit für Tätigkeiten, die sie als sinnvoll ansehen.

    So kann KI beispielsweise die Auswertung von Literaturdaten oder die Analyse klinischer Daten übernehmen, und Ärzt:innen bekommen mehr Zeit für einen zentralen Aspekt ihrer Arbeit: den direkten Kontakt mit ihren Patient:innen. Auf ähnliche Weise profitieren Anwält:innen von der Automatisierung routinemäßiger Aufgaben, so dass sie sich stärker auf strategisches Denken und die individuelle Betreuung ihrer Mandant:innen konzentrieren können.

    „Durch die abgestimmte Zusammenarbeit zwischen menschlicher und künstlicher Intelligenz können die jeweiligen Stärken beider Seiten optimal genutzt werden“, fasst Mateja Vodiškar zusammen. „Bei dieser sogenannten hybriden Intelligenz übernimmt die KI monotone, datenintensive oder hochkomplexe Aufgaben, während der Mensch seine kreativen, sozialen und kognitiven sowie visionären und strategischen Fähigkeiten einbringt. Dadurch können Fachkräfte sich auf die Aspekte ihrer Arbeit konzentrieren, die sie als besonders erfüllend und sinnstiftend erleben.“

    Durchdachte Integration von KI nötig

    Die Forschenden weisen jedoch auch auf die Herausforderungen hin, die mit der Einführung von KI einhergehen: „KI kann den wahrgenommenen Sinn einer Aufgabe nicht nur fördern, sondern auch beeinträchtigen“, so Prof. Dr. Ruiner. „Falsch eingesetzt, verringert sie unbeabsichtigt das persönliche Engagement und die intrinsische Motivation der Mitarbeitenden.“

    So äußerten Ärzt:innen Bedenken, dass die Qualität der Versorgung unter einer übermäßigen Abhängigkeit von KI-Systemen leidet. Sie fürchten, dass – beispielsweise in der Diagnostik – ihre kognitiven Fähigkeiten und ihr Urteilsvermögen beeinträchtigt werden könnte.

    „Unternehmen sollten sicherstellen, dass die wichtigen sozialen und intellektuellen Aspekte der Arbeit erhalten bleiben“, so Prof. Dr. Ruiner. „Wird KI als unterstützendes Werkzeug eingesetzt, das menschliche Expertise ergänzt, kann sie die Zufriedenheit und das Gefühl beruflicher Erfüllung steigern. Eine blinde Automatisierung hingegen birgt das Risiko, das menschliche Potenzial zu schmälern“, resümiert die Expertin.

    Text: Stuhlemmer


    Contact for scientific information:

    Prof. Dr. Caroline Ruiner, Universität Hohenheim, Fachgebiet Soziologie,
    +49 711 459 23437, caroline.ruiner@uni-hohenheim.de

    Mateja Vodiškar, Universität Hohenheim, Fachgebiet Soziologie,
    +49 711 459 22623, mateja.vodiskar@uni-hohenheim.de


    Original publication:

    Vodiškar, M., Ruiner, C. Collaboration between individuals and AI: fusing mental effort and AI for work meaningfulness. AI & Soc (2025). https://doi.org/10.1007/s00146-025-02772-2


    More information:

    https://www.uni-hohenheim.de/expertenliste-industrie-40 Expertenliste Industrie 4.0 / Arbeit 4.0
    http://www.uni-hohenheim.de/presse Zu den Pressemitteilungen der Universität Hohenheim


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    Criteria of this press release:
    Business and commerce, Journalists, all interested persons
    Economics / business administration, Information technology, Psychology, Social studies
    transregional, national
    Research results
    German


     

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