Der Fachbereich Kulturwissenschaften der Universität Lüneburg startet in diesem Monat die LüneburgLectures. In den kommenden zwei Jahren werden - großzügig gefördert durch die Stiftung Niedersachsen - international renommierte Wissenschaftler für jeweils ein Semester als Gastprofessoren an die Universität kommen und sich in Seminaren und öffentlichen Veranstaltungen mit der Wahrnehmung fremder Kulturen beschäftigen.
Völkermord in Ruanda, Bürgerkrieg in der Demokratischen Republik Kongo oder Massaker in Burundi ? Das Bild Zentralafrikas in der westlichen Welt ist durch ethnische Konflikte und Kriege geprägt. Aber ist dieser Eindruck der Region gerechtfertigt? Wird das Bild durch Klischees begünstigt, die ihrerseits durch subjektive Berichte europäischer Afrikaforscher des 19. und des beginnenden 20. Jahrhunderts vorbestimmt sind? Und wenn ja, was sagt eine solche Sichtweise darüber aus, wie wir fremde Kulturen wahrnehmen?
Mit diesen und ähnlichen Fragen der so genannten inversiven Ethnologie startet der Fachbereich Kulturwissenschaften der Universität Lüneburg in diesem Monat die LüneburgLectures. Die Reihe beginnt mit dem Kulturanthropologen Prof. Dr. Johannes Fabian. In drei öffentlichen Vorträgen und einem Universitätsseminar ("Ethnographie und Kulturwissenschaften") wird er von seinen eigenen Erfahrungen als Dozent in Zaire sowie von seinen zahlreichen Forschungsreisen nach Zentralafrika berichten. Fabian, der an nordamerikanischen Universitäten sowie den Hochschulen von Lubumbashi und Amsterdam lehrte, verzichtet auf eine wissenschaftlich distanzierte Betrachtungsweise. Er ist sich vielmehr der eigenen Anteilnahme bewusst. Ausdrücklich bezieht er ästhetische Erfahrungen aus Malerei, Musik und Theater sowie Eindrücke aus Religion, Sprache, Arbeitswelt als Ausdrucksweisen afrikanischer Gegenwartskultur in seine Untersuchungen mit ein. Durch dieses bewusste Einlassen des Einzelnen auf die fremde Kultur, so Fabian, ist ein gleichberechtigter Dialog überhaupt erst möglich. Die LüneburgLectures werden deshalb auch von Kulturinstitutionen der Stadt mit Ausstellungen, einer Filmreihe, Literaturlesungen und Musikveranstaltungen begleitet.
Der Fachbereich Kulturwissenschaften der Lüneburger Universität hatte vor zwei Jahren damit begonnen, einen Forschungsschwerpunkt im Bereich der Kulturtheorie auszuprägen. Dabei spielt das Thema Fremderfahrung - ethnologisch und interkulturell betrachtet - eine wichtige Rolle. Gefragt wird u.a. danach, wie eurozentrisch geprägt die Kulturwissenschaften oder die Ethnologie heute sind. Angesichts einer Welt, die durch eine immer stärker werdende Verknüpfung von Märkten und Gesellschaften geprägt ist, bekommt die Fähigkeit, fremde Kulturen zu verstehen, eine immer größere Bedeutung. Mit den LüneburgLectures wollen die Lüneburger Kulturwissenschaften einen Beitrag dazu leisten, die interkulturelle Perspektive in Forschung und Lehre der Universität zu verankern.
Möglich geworden sind die Einrichtung der Gastprofessur und der öffentlichen Vorlesungsreihe dank einer großzügigen Förderung durch die Stiftung Niedersachsen. Deren Vorstand hatte im vergangenen Jahr einen entsprechenden Antrag der Universität positiv beschieden und für eine Laufzeit von zwei Jahren einen Betrag von insgesamt 150.000 Euro zur Verfügung gestellt.
Das Programm der öffentlichen Vorlesungen von Prof. Dr. Johannes Fabian im Wintersemester:
23. November 2004
"Reisefieber" - aus den Anfängen der Ethnologie
11. Januar 2005
"Kolonialgeschichte als Verlust und Verrat"
Zu Gast: Prof. Ernest Wamba dia Wamba, Historiker und kongolesischer Politiker
10. Februar 2005
"Ethnologie und die Zeit der Anderen"
Diese Veranstaltungen beginnen jeweils um 19 Uhr und finden im Glockenhaus zu Lüneburg (Glockenstraße) statt.
Die begleitenden Veranstaltungen:
Der Kunstraum der Universität Lüneburg (Scharnhorststr 1, 21335 Lüneburg), Die Halle für Kunst e.V (Reichenbachstr. 2, 21335 Lüneburg) und der Kunstverein Springhornhof (Tiefe Strasse 4; 29643 Neuenkirchen) zeigen vom 28.11.2004 bis zum 06.02.2005 die Ausstellungsserie Next Flag. Eröffnung 27.11.2004 um 20 Uhr.
Eine Filmreihe mit Klassikern des ethnographischen Films findet im Januar 2005 im Scala Programmkino (Apothekenstr. 17; 21335 Lüneburg) statt.
Ausstellung mit Werken des zairischen Künstlers Tshibumba, der in seinen Gemälden die Geschichte seiner Heimat zwischen der ausgehenden belgischen Kolonialzeit und den Anfängen der Unabhängigkeit porträtiert. Die Ausstellung (14.01 - 14.02.05) wird am 13.01. um 19 Uhr von Professor Fabian und Prof. Wamba dia Wamba im Museum für das Fürstentum Lüneburg (Wandrahmstr. 10; 21335 Lüneburg) eröffnet.
Kontakt für weitere Informationen:
Saskia Drechsel, Tel.: 0178 / 46 20 001, drechsel@uni-lueneburg.de
Criteria of this press release:
Art / design, Music / theatre, Philosophy / ethics, Psychology, Religion, Social studies
transregional, national
Miscellaneous scientific news/publications, Organisational matters
German
You can combine search terms with and, or and/or not, e.g. Philo not logy.
You can use brackets to separate combinations from each other, e.g. (Philo not logy) or (Psycho and logy).
Coherent groups of words will be located as complete phrases if you put them into quotation marks, e.g. “Federal Republic of Germany”.
You can also use the advanced search without entering search terms. It will then follow the criteria you have selected (e.g. country or subject area).
If you have not selected any criteria in a given category, the entire category will be searched (e.g. all subject areas or all countries).