idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instance:
Share on: 
12/22/2004 20:00

Wirbel in der Tiefsee

Uta Deinet Kommunikation und Medien
Leibniz-Institut für Meereswissenschaften, Kiel

    Ein Forscherteam vom Kieler Leibniz-Institut für Meereswissenschaften hat in der Tiefsee vor dem südamerikanischen Kontinent erstmals große Wirbel entdeckt. Sie sind das ozeanische Pendant zu atmosphärischen Wirbelstürmen, doch wegen ihrer Tiefe für Menschen und Schiffe völlig ungefährlich. Die Wirbel könnten allerdings ein wichtiger und verhältnismäßig einfach messbarer Indikator für Klimaveränderungen sein

    Sollte das atlantische Strömungssystem, zu dem auch der Golfstrom gehört, jemals seinen Betrieb einstellen, müssen wir uns ganz schön warm anziehen. Oder besser gleich ganz umziehen. So jedenfalls suggerierte es der Hollywood-Streifen "The Day after Tomorrow", der in Europa und Nordamerika eine neue Eiszeit anbrechen ließ und damit den Atlantik als Klimamaschine ins Zentrum des öffentlichen Interesses rückte. Das Eiszeit-Szenario ist zwar ziemlich abwegig, doch kann das Strömungssystem durch die derzeitige globale Erderwärmung tatsächlich ausgebremst werden? Und wie kann man schon frühzeitig feststellen, ob es seinen Schwung verliert? Klima- und Meeresforscher beschäftigen sich schon lange mit diesen Fragen, die auf den zweiten Blick noch viel komplexer sind, als sie schon auf den ersten Blick erscheinen.

    Der klimarelevante Teil des atlantischen Strömungssystems ist die meridionale Umwälzzirkulation. Sie beinhaltet sowohl den Transport von warmem Wasser in den oberen Bereichen des Atlantiks nach Norden als auch den Rückfluss von kaltem Tiefenwasser nach Süden. Das Tiefenwasser wird mit dem westlichen Tiefenrandstrom befördert, der dem Verlauf der amerikanischen Kontinentalabhänge folgt. Bislang wurde angenommen, dass der Tiefenrandstrom weitgehend ruhig und kontinuierlich dahin fließt. Wie Ozeanographen vom Kieler Leibniz-Institut für Meereswissenschaften (IFM-GEOMAR) jetzt in Nature* berichten, zerfällt die Strömung jedoch vor der Küste Brasiliens in riesige Wirbel, auch Eddies genannt. Sie entstehen regelmäßig etwa alle 60 Tage und ziehen den Kontinentalabhang entlang in Richtung Süden. "Zuerst waren wir von den starken Strömungsschwankungen überrascht" erinnert sich Doktor Marcus Dengler vom IFM-GEOMAR, "doch dann konnten wir sie mit Hilfe von Simulationsmodellen als Wirbel identifizieren." Die Modelle zeigen außerdem, dass die Eddies nur dann entstehen können, wenn der Zustrom des Tiefenwassers aus dem Nordatlantik stark genug ist. Wäre er schwächer, würde eine nur einfache laminare Strömung ohne Wirbel auftreten. Die Eddies könnten aus diesem Grund ein wichtiger Indikator für Veränderungen der meriodionalen Umwälzzirkulation und damit auch des Golfstoms sein.

    Vor vier Jahren verankerte das Forscherteam Strömungsmesser am Meeresboden südlich von Recife. Einmal im Jahr mussten die Geräte zur Datengewinnung geborgen werden, danach wurden sie wieder an der gleichen Stelle ausgesetzt. Die Messdaten zeigen, dass die Wirbel in 2000 Meter ihr Maximum haben, dort sind sie circa 300 Kilometer breit. Die ozeanischen Wirbelstürme sind wegen ihrer Tiefe für Menschen und Schiffe völlig ungefährlich und schleichen - im Gegensatz zu ihren atmosphärischen Kollegen - mit einer Geschwindigkeit von ungefähr 150 Metern pro Stunde südwärts. Das Tiefenwasser bleibt dabei in ihnen gefangen wie in einer Falle. Wie lange und bis wohin die Wirbel ihre Form behalten, ist bis jetzt noch unbekannt.

    * M. Dengler, F. A. Schott, C. Eden, P. Brandt, J. Fischer & R. J. Zantopp, "Break-up of the Atlantic deep western boundary current into eddies at 8° S" Nature 432

    Kontakt:
    Dr. Marcus Dengler, 0431 600-4107, mdengler@ifm-geomar.de
    Uta Deinet, 0431 600-2501, udeinet@ifm-geomar.de


    More information:

    http://www.ifm-geomar.de


    Images

    Modellsimulation des Tiefenrandstroms vor der Küste Brasiliens. Die Strömungsmesser waren entlang der schwarzen Linie verankert.
    Modellsimulation des Tiefenrandstroms vor der Küste Brasiliens. Die Strömungsmesser waren entlang de ...

    None

    Das IFM-GEOMAR-Team beim Auslegen der Strömungsmesser von Bord des Forschungsschiffs METEOR
    Das IFM-GEOMAR-Team beim Auslegen der Strömungsmesser von Bord des Forschungsschiffs METEOR

    None


    Criteria of this press release:
    Geosciences, Mathematics, Physics / astronomy
    transregional, national
    Research results, Scientific Publications
    German


     

    Modellsimulation des Tiefenrandstroms vor der Küste Brasiliens. Die Strömungsmesser waren entlang der schwarzen Linie verankert.


    For download

    x

    Das IFM-GEOMAR-Team beim Auslegen der Strömungsmesser von Bord des Forschungsschiffs METEOR


    For download

    x

    Help

    Search / advanced search of the idw archives
    Combination of search terms

    You can combine search terms with and, or and/or not, e.g. Philo not logy.

    Brackets

    You can use brackets to separate combinations from each other, e.g. (Philo not logy) or (Psycho and logy).

    Phrases

    Coherent groups of words will be located as complete phrases if you put them into quotation marks, e.g. “Federal Republic of Germany”.

    Selection criteria

    You can also use the advanced search without entering search terms. It will then follow the criteria you have selected (e.g. country or subject area).

    If you have not selected any criteria in a given category, the entire category will be searched (e.g. all subject areas or all countries).