Für eine friedliche Nutzung des Weltraums
Abschlußerklärung der wissenschaftlichen Tagung "Weltraumnutzung und Ethik"
an der Technischen Universität Darmstadt
Der Weltraum soll nur zu friedlichen Zwecken genutzt werden. Die Sorge um den Lebensraum Erde soll Vorrang haben vor dem futuristischen Projekt einer "Besiedlung" des Weltraums durch den Menschen. Die Entscheidungen für teure Weltraumprojekte sollen unter Berücksichtigung der extremen Notlage eines großen Teils der Weltbevölkerung getroffen werden. Die Risikobelastung durch Weltraumprojekte soll auf das geringste mögliche Maß zurückgeführt werden. Diese Forderungen zogen sich wie ein roter Faden durch die Referate und Diskussionen der Tagung "Weltraumnutzung und Ethik", die von der Interdisziplinären Arbeitsgruppe Naturwissenschaft, Technik und Sicherheit (IANUS) der Technischen Universität Darmstadt in Zusammenarbeit mit dem Institut für Theologie und Sozialethik , dem Darmstädter Friedensforum und anderen Institutionen Anfang März veranstaltet wurde.
Zwanzig Referentinnen und Referenten erläuterten wirtschaftliche, technische und ethische Kriterien für die Entwicklung und Gestaltung der Raumfahrt der Zukunft und nahmen zu den Brennpunkten der Raumfahrtdiskussion - die Nutzung der Kernspaltenergie im erdnäheren und -ferneren Weltraum, die gleichzeitige zivile und militärische Nutzung von Beobachtungssatelliten, die politische und technische Entwicklung bei der weltraumgestützten Verteidigung, der Nutzen und die Notwendigkeit der in Konstruktion befindlichen internationalen Weltraumstation - kontrovers Stellung. Etwa achtzig Teilnehmer, darunter zahlreiche Gäste aus den USA, Westeuropa, Rußland, Uzbekistan und anderen ehemaligen Ostblockländern sowie aus Indien, verfolgten aufmerksam die Debatten zwischen den Vortragenden und brachten sich selbst mit vielen engagierten Beiträgen in die Diskussion ein.
Die Podiumsdiskussion "Wer kontrolliert den Weltraum?" stellte einen Höhepunkt der Konferenz dar. Unter der geschickten Leitung von Dr. Götz Neuneck vom Institut für Frieden und Sicherheitspolitik in Hamburg diskutierten Oberst Klaus Arnold vom deutschen Verteidigungsministerium, Dr. R. Balasubramaniam von der indischen Botschaft in Bonn, Lieutenant Colonel Brad Duty von den US-Streitkräften in Europa und Prof. Dr. Karl Grossmann von der State University in New York. Der Vertreter Indiens stellte das durch internationale Verträge gesetzte Ziel der friedlichen Nutzung in den Mittelpunkt seiner Ausführungen und verlangte Richtlinien für eine gerechte und gemeinsame Nutzung der Weltraumressourcen, um die bisherige Praxis nach dem Motto "Wer zuerst kommt, mahlt zuerst" zu korrigieren. Eine scharfe Debatte entzündete sich zwischen den beiden US-amerikanischen Teilnehmern an der von der US-Regierung propagierten "Dominanz im Weltraum". Während K. Grossman der Dominanz-These heftig widersprach und sich für eine Entmilitarisierung des Weltraums einsetzte, verteidigte B. Duty die US-amerikanische Weltraumpolitik als eine Pflicht derjenigen Macht, die zur Zeit allein in der Lage sei, die Ordnung im Weltraum zu gewährleisten. K. Arnold setzte sich für die Beibehaltung und Verwirklichung des Vertrages über das Verbot von Raketenabwehrsystemen (ABM-Vertrag) ein, der durch die neuere US-amerikanische Politik gefährdet ist.
Die Veranstalter wollten mit der Tagung die Möglichkeit zu einem streitbaren und gleichzeitig von gegenseitigem Respekt getragenen Dialog bieten. Nicht zuletzt die Podiumsdiskussion hat gezeigt, daß dieser Dialog möglich ist. Umso mehr ist zu bedauern, daß die Zentrale der Europäischen Luftfahrt-Agentur (ESA) in Paris und der Vorstand des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt in Köln-Porz diesen Dialog verweigert haben. Ihre Entscheidungen führten dazu, daß die Referenten Dr. Ulf Merbold und Dr. Wulf von Kries, deren Zusagen schon lange vorlagen, diese sehr kurzfristig zurückziehen mußten.
Die Veranstalter werden sich weiter um den Dialog bemühen, ohne den in einer demokratischen Gesellschaft Entscheidungen über möglicherweise zukunftsrelevante, aber stets kostenträchtige Weltraumprojekte nicht getroffen werden dürfen. Sie weisen vor allem darauf hin, daß eine Erhöhung des Etatansatzes für die Weltraumfahrt - vor allem, was die Finanzierung der internationalen Weltraumstation betrifft - eine intensive öffentliche Diskussion und Meinungsbildung voraussetzt.
Kontakt:
Prof. Dr. Wolfgang Bender und Dr. Jürgen Scheffran
IANUS
Hochschulstraße 10
64289 Darmstadt
Tel. 06151/164368
Fax 06151/166039
ianus@hrzpub.tu-darmstadt.de
Darmstadt, 17.3.1999
Criteria of this press release:
Biology, Environment / ecology, Geosciences, Information technology, Law, Mechanical engineering, Oceanology / climate, Politics
transregional, national
Miscellaneous scientific news/publications, Research projects, Scientific conferences
German
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