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01/25/2005 10:21

"Herausforderungen im Inland trotz Erfolgen im Ausland" - Die Sicht der fünf Wirtschaftsweisen auf die aktuelle Lage

Gudrun Nordhoff Referat für Kommunikation und Marketing
Hochschule Albstadt-Sigmaringen

    Volkswirtschaftliche Analyse und wirtschaftspolitische Beratung aus erster Hand erleben - das bot der Studiengang Betriebswirtschaftslehre an der Hochschule Albstadt-Sigmaringen einmal mehr allen wirtschaftspolitisch Interessierten. In einer sehr gut besuchten Veranstaltung nahm Dr. Stephan Kohns, wissenschaftlicher Mitarbeiter des Sachverständigenrates, Stellung zu aktuellen wirtschaftspolitischen Themen.

    Sigmaringen/Albstadt. Einen festen Platz im Reigen der regionalen Veranstaltungen nimmt die Vortragsveranstaltung zum aktuellen "Jahresgutachten des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung" am Studiengang Betriebswirtschaftslehre ein. Organisiert wird sie unter Leitung von Professor Dr. Matthias Premer, Lehrgebiet Volks-wirtschaftslehre und Betriebliche Finanzwirtschaft. Angelehnt an den Titel des Gutachtens, das die "Fünf Weisen" Ende vergangenen Jahres der Bundesregierung übergeben hatten, hatte in diesem Jahr Dr. Kohns seinen Vortrag unter das Thema "Herausforderungen im Inland trotz Erfolgen im Ausland" gestellt.

    Für den Sachverständigenrat, so Dr. Kohns, sei wichtig zu betonen, dass die außenwirtschaftlichen Erfolge im Jahre 2004, wie sie sich beispielsweise in einer überaus dynamischen Entwicklung bei dem Export von Waren niedergeschlagen haben, nicht über den weiterhin bestehenden Handlungs- und Reformbedarf hinwegtäuschen dürfen. Die konjunkturelle Stagnation der Jahre seit 2001 sei zwar im vergangenen Jahr überwunden worden, das Wachstum des Bruttoinlandsprodukts aber zu rund 70 Prozent auf den stark gestiegenen Außenbeitrag zurückzuführen. Die Arbeitsmarktlage bezeichnete Dr. Kohns als desolat.

    Für das Jahr 2005 erwarte der Sachverständigenrat nicht, dass sich die konjunkturelle Entwicklung erkennbar beschleunigt. Außerdem bestehe weiter eine starke Abhängigkeit von der Außenwirtschaft. Die prognostizierte Wachstumsrate werde mit 1,4 Prozent zwar etwas niedriger ausfallen als 2004, der Unterschied beruhe aber vor allem auf einer unterschiedlichen Anzahl von Arbeitstagen in den beiden Jahren. Als Risiken führte Dr. Kohns den Ölpreis und den "starken" Euro an.
    Die Arbeitsmarktentwicklung werde "durchwachsen" ausfallen, und die publizierten Zahlen der Bundesagentur für Arbeit müssten vor dem Hintergrund markanter Strukturverschiebungen infolge der so genannten Mini-Jobs und der Reformmaßnahmen durch Hartz IV gesehen werden.
    Insgesamt betrachtet werde die registrierte Arbeitslosigkeit im Jahre 2005 im Durchschnitt bei 4,4 Millionen Arbeitslosen liegen und damit ähnlich hoch sein wie 2004.

    Hartz IV und die damit verbundenen Änderungen waren denn auch das erste Thema im wirtschaftspolitischen Teil der Ausführungen von Dr. Kohns. Er beleuchtete die einzelnen zentralen Bestandteile dieses Reformpakets - die Zusammenlegung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe (für Erwerbstätige) zu einem einheitlichen, nur an der Bedürftigkeit orientierten System der Mindestsicherung, die verbesserten Hinzuverdienstmöglichkeiten, das bessere Betreuungsangebot und die stärkere Aktivierung der Arbeitslosen sowie die zu-sätzlichen Arbeitsgelegenheiten ("1-Euro-Jobs") - und schilderte sie anschaulich und auch für den nicht mit dieser arbeits- und sozialrechtlichen Materie Vertrauten gut nachvollziehbar.

    Weiter ging Dr. Kohns auf die Position Deutschlands im internationalen Wettbewerb ein und nahm Bezug auf die Diskussion über den inländischen Wertschöpfungsanteil der Exporte. Er zeigte auf, dass dieser Anteil im letzten Jahrzehnt von 72 Prozent 1991 auf 60 Prozent 2002 zurückgegangen ist und daher jedes einzelne Stück, das aus Deutschland exportiert wird, zu einem immer kleineren Anteil zu inländischer Wertschöpfung und Beschäftigung beiträgt. Gleichwohl sei aufgrund der starken mengenmäßigen Ausweitung des Exports der gesamte Anteil der exportinduzierten Bruttowertschöpfung an der Brut-towertschöpfung in Deutschland in 2002 höher gewesen als 1991. Insofern habe der Außenhandel die inländische Wertschöpfung und Beschäftigung nicht negativ beeinflusst.

    Im jüngsten Gutachten habe sich der Sachverständigenrat aus aktuellem Anlass erstmals intensiv mit der Bildungspolitik und dem Bildungssystem auseinandergesetzt. Vor dem Hintergrund der Schwächen des deutschen Systems - unter anderem unterdurchschnittliche Leistungen bei überdurchschnittlichem Alter, große Leistungsstreuung und Verstär-kung der Leistungsunterschiede im Zeitablauf, überdurchschnittliche Bedeutung des sozialen Hintergrunds sowie eine nicht optimale Finanzausstattung und Mittelverwendung - formulierte der Rat als Anforderungen an eine Bildungsreform, dass zentrale Standards für die Abschlüsse eingeführt und mehr Autonomie für Schulen und Hochschulen einge-führt werden müsse. Weiter wichtig sei ein besserer Umgang mit unterschiedlichen Voraussetzungen und Fähigkeiten der Schüler, eine intensivere Förderung bereits im Elementarbereich sowie die Umstrukturierung der Finanzierung und die Ausweitung privater Mittel im Hochschulbereich. Gleichzeitig wurde ein Studienfinanzierungsmodell entwickelt und vorgeschlagen.

    Nur kurz konnte Dr. Kohns noch auf die anstehende Reform der Finanzierung im Gesund-heitswesen eingehen. Hilfreich für die Zuhörer war sicherlich, dass er die Vielzahl der mittlerweile kursierenden Reformvorschläge nach Versichertenkreis, Beitragsbemessung und Finanzierungsverfahren systematisierte und so die Orientierung erleichterte.

    An den Vortrag schloss sich eine ausgesprochen lebhafte und intensive Diskussion an, in der es vor allem um Fragen der Arbeitsmarktreform und Hartz IV ging, in der aber unter anderem auch Themen wie Strukturwandel, Direktinvestitionen oder Arbeitsplatzverlagerungen zur Sprache kamen.


    More information:

    http://www.hs-albsig.de


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    interdisciplinary
    transregional, national
    Miscellaneous scientific news/publications, Science policy, Scientific conferences
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