idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instance:
Share on: 
03/19/1999 09:48

Stellungnahme der Deutschen Forschungsgemeinschaft zum Problemkreis "Humane embryonale Stammzellen"

Dr. Eva-Maria Streier Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG)

    Große Chancen für die Medizin - rechtliche und ethische Bedenken

    "Derzeit kein Handlungsbedarf für eine Änderung der deutschen Rechtslage"

    Das Präsidium der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) hat in seiner Sitzung vom 18. März 1999 eine Stellungnahme der DFG zum Problemkreis "Humane embryonale Stammzellen" diskutiert und verabschiedet. Das Papier war in den letzten Wochen von einer durch den Präsidenten einberufenen Expertengruppe und der Senatskommission für Grundsatzfragen der Genforschung erarbeitet worden. Mit der Veröffentlichung kommt die DFG ihrer satzungsgemäßen Aufgabe der Beratung von Legislative und Exekutive in wissenschaftlichen Fragen nach.

    Im November 1998 berichteten zwei Arbeitsgruppen aus den USA und Israel, daß es erstmals gelungen ist, menschliche pluripotente Stammzellen dauerhaft in der Gewebekultur zu halten. Pluripotente Stammzellen, gewonnen aus durch künstliche Befruchtung entstandenen, überzähligen Embryonen (ES-Zellen) oder aus dem Gewebe von abgetriebenen Feten (EG-Zellen), sind unsterblich, unbegrenzt vermehrungsfähig und können sich theoretisch in jeden der rund 210 Zelltypen des menschlichen Körpers entwickeln. Diese Eigenschaften versprechen eine ganze Reihe von revolutionären wissenschaftlichen und medizinischen Neuerungen, zum Beispiel bei der Behandlung von Krebs, der Parkinsonschen Krankheit, der Alzheimerschen Krankheit oder des Diabetes, die Züchtung von menschlichen Geweben und Organen im Labor, die Durchführung von Medikamententests an menschlichen Zellen anstelle von Tieren und die Entwicklung neuartiger Medikamente durch ein besseres Verständnis der Spezialisierung von Zellen.

    Die DFG sieht, daß mit der Forschung an und mit humanen Stammzellen wesentliche diagnostische und therapeutische Zwecke verfolgt werden könnten, deren großes Potential für die Medizin in seiner ganzen Reichweite noch nicht genau abgeschätzt werden kann. Die DFG sieht aber auch, daß gegen die derzeit bekannten Methoden der Gewinnung von pluripotenten Stammzellen unter verschiedenen Gesichtspunkten rechtliche und ethische Bedenken bestehen.

    Das Embryonenschutzgesetz verbietet jegliche fremdnützige Forschung an und mit Embryonen. Damit ist in Deutschland die Entnahme von pluripotenten Zellen aus einem Embryo verboten. Die Gewinnung von embryonalen Stammzellen (ES-Zellen) aus Blastozysten erfolgt zu anderen Zwecken als zur Erhaltung des Embryos. Sie ist demgemäß nicht mit dem Embryonenschutzgesetz vereinbar. Dies gilt selbst für den Fall, daß der Embryo durch die Entnahme einiger Zellen in seiner Entwicklung nicht geschädigt würde.

    Der Zellkerntransfer in entkernte Eizellen mit dem Ziel der Erzeugung von pluripotenten Stammzellen mit dem Erbgut des Zellempfängers ist ebenfalls verboten, da mit Hilfe derselben Technik Menschen geklont werden könnten.

    Erlaubt ist in Deutschland die Gewinnung von pluripotenten Stammzellen aus dem Gewebe von frühzeitig ausgestoßenen toten, sowie aus abgetriebenen Feten. Eine solche Zell- oder Gewebeentnahme ist in den Richtlinien zur Verwendung fetaler Zellen und fetaler Gewebe der Bundesärztekammer geregelt.

    Die DFG-Stellungnahme kommt zu dem Ergebnis, daß für die Forschung mit menschlichen pluripotenten Stammzellen derzeit kein Handlungsbedarf für eine Änderung der deutschen Rechtslage besteht.

    Nach Ansicht der DFG steht der Meinungsbildungsprozeß über ethische und medizinisch-biologische Fragen der Stammzellforschung in Deutschland, wie im Ausland, noch am Anfang. Die DFG schlägt vor, daß dieser Meinungsbildungsprozeß auf breiter Basis geführt wird, und wird sich daran beteiligen. Gleichzeitig wird sich die DFG bemühen, in dieser Frage auf die Entwicklung einheitlicher europäischer Standards hinzuwirken, die auch die gebotenen Risikoabschätzungen gegenüber fundamentalen und grundgesetzlich garantierten Lebenswerten wie der Menschenwürde und der Gesundheit einschließen.

    Grundsätzlich muß für zukünftige Forschung an und mit menschlichen Stammzellen nach Meinung der DFG in jedem Fall ausgeschlossen sein, daß sich aus menschlichen pluripotenten Stammzellen Eizellen, Samenzellen oder Embryonen entwickeln. Außerdem müßte durch effektive Maßnahmen sichergestellt sein, daß das Klonen von Menschen oder die Erzeugung von Menschen mit künstlich verändertem Erbgut ausgeschlossen bleiben. Die Einrichtung einer zentralen Kommission, die Forschungsvorhaben mit Stammzellen nach ethischen, rechtlichen und wissenschaftlichen Gesichtspunkten beurteilt und ihre Durchführung überwacht und begleitet, wäre ein konsequenter Weg.

    Der vollständige Text der DFG-Stellungnahme sowie ein Glossar zur Erläuterung der Fachausdrücke und ein erläuterndes Diagramm und können auch von der DFG-Homepage http://www.dfg.de/aktuell/ abgerufen werden.


    More information:

    http://www.dfg.de/aktuell/dokumentation.html


    Images

    Criteria of this press release:
    Biology, Chemistry, Information technology, Medicine, Nutrition / healthcare / nursing, Philosophy / ethics, Religion, Social studies
    transregional, national
    Science policy
    German


     

    Help

    Search / advanced search of the idw archives
    Combination of search terms

    You can combine search terms with and, or and/or not, e.g. Philo not logy.

    Brackets

    You can use brackets to separate combinations from each other, e.g. (Philo not logy) or (Psycho and logy).

    Phrases

    Coherent groups of words will be located as complete phrases if you put them into quotation marks, e.g. “Federal Republic of Germany”.

    Selection criteria

    You can also use the advanced search without entering search terms. It will then follow the criteria you have selected (e.g. country or subject area).

    If you have not selected any criteria in a given category, the entire category will be searched (e.g. all subject areas or all countries).