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03/22/1999 15:17

Schnelle Dioxin-Messung bei Störfällen ist möglich

Wolfgang Kleiböhmer Öffentlichkeitsarbeit
Institut für Chemo- und Biosensorik ICB

    Wie der Störfall vor wenigen Tagen in Duisburg gezeigt hat, eignet sich das herkömmliche Dioxin-Analyseverfahren nicht für eine schnelle Bewertung der Gefährdung. Am ICB-Institut für Chemo- und Biosensorik in Münster wurde ein Schnellverfahren entwickelt, mit dem exakte Meßergebnisse bereits nach wenigen Stunden vorliegen.

    Dioxin-Screening-Verfahren für den Einsatz bei Störfällen

    š Schnellverfahren zur Bestimmung polychlorierter Dibenzo-p-Dioxine und -Furane
    š sichere Ergebnisse auch unterhalb der geltenden Grenzwerte
    š deutliche Verkürzung der Zeitspanne bis zum Vorliegen gesicherter Ergebnisse
    š Einsetzbarkeit der Methode direkt Vor-Ort (z. B. im Meßwagen)

    Der Störfall in Duisburg vor wenigen Tagen hat es erneut gezeigt: Zur schnellen Gefahrenabschätzung bei potentiellem Dioxin-Ausstoß durch Emission von Ruß oder Staub sind die herkömmlichen Analyseverfahren nur wenig geeignet. Die üblichen, zeit- und personalintensiven Labormethoden benötigen mindestens 48 Stunden bis zum Vorliegen gesicherter Analysenwerte, aufgrund derer dann Maßnahmen zum Schutz der Bevölkeung unternommen werden können.
    Ein Bedarf an schnellen und zuverlässigen Analyseverfahren zur Bestimmung von polychlorierten Dibenzo-p-Dioxinen und -Furanen ist daher insbesondere bei Großbränden und ähnlichen Störfällen gegeben.
    Im Rahmen eines vom Bundesforschungsministerium geförderten Projekts wurde ein um viele Stunden schnelleres Verfahren entwickelt. Hierbei werden sämtliche in nebenstehender Skizze aufgeführten Arbeitsschritte deutlich verkürzt.
    Herkömmliches Verfahren: Bis zu 72 Stunden

    Neues Verfahren: ca. 6 Stunden

    1 Probenahme
    Entwicklung eines einfach zu handhabenden Probenahmegerätes
    2 Extraktion
    Entwicklung eines Verfahrens zur Extraktion mit Hilfe komprimierter Lösungsmittel und überkritischer Fluide sowie Unterstützung der Extraktionseffizienz durch Ultraschall.
    3 Clean Up
    Integration eines Vorreinigungsschrittes in die Extraktion sowie Entwicklung eines vollautomatisches Aufreinigungssystems mittels Hochdruck-Flüssig Chromatographie.
    4 Quantifizierung
    Entwicklung einer zuverlässigen Bestimmungsmethode mit Hilfe der niedrigauflösenden Massenspektrometrie

    Während in den letzten Jahrzehnten immer leistungsfähigere Analysengeräte entwickelt wurden, befindet sich der elementarste Schritt jeder Analyse von organischem Material, die Extraktion, noch immer auf dem technischen Stand von 1870. Zu dieser Zeit hat Soxhlet das Verfahren zur Heißexraktion mit Lösungsmitteln beschrieben und fast unverändert wird es so auch noch eingesetzt. Trotz aller Vorteile hinsichtlich Zuverlässigkeit und Ausbeute wiegen die Nachteile schwer: Das Verfahren dauert mehr als 24 Stunden und benötigt größere Mengen toxischer, organischer Lösungsmittel. In den letzten Jahren ist der Bedarf nach zeit- und lösungsmittelsparenden Extraktionsverfahren für den Einsatz in der Umweltanalytik deutlich gestiegen. Extraktionsverfahren auf Basis von überkritischen Fluiden ("Supercritical fluid extractions" SFE) sind eine interessante Alternative. Das Exraktionsmittel ist das nicht toxische Kohlendioxid.
    Am ICB wurde ein Verfahren entwickelt, mit dem durch ultraschallunterstützte SFE innerhalb einer Stunde und unter Verwendung von nur 10-15 mL Lösungsmittel dieselben Extraktionsausbeuten erhalten werden wie mit einer 24-stündigen Heißextraktion nach Soxhlet.
    Kombiniert mit den anderen Teilschritten des Forschungsvorhabens ermöglicht diese Extraktionstechnik eine erhebliche Beschleunigung der Dioxin-Analytik, ohne Einbußen in der Effizienz zur Folge zu haben.
    Der zeitaufwendigste Arbeitsschritt einer Dioxin-Analyse ist in der Regel die Aufreinigung der Probenextrakte. Da z.B. bei Bränden neben den PCDD/-F eine Vielzahl anderer Stoffe in teilweise deutlich höheren Konzentrationen entstehen, müssen diese vor der eigentlichen Quantifizierung abgetrennt werden. Nach herkömmlicher Arbeitsweise müssen für dieses Clean Up mindestens zwei Arbeitstage eingeplant werden. Im Rahmen des Forschungsvorhaben wurde ein Aufreinigungsverfahren entwickelt, das den Zeitbedarf auf wenige Stunden reduziert. Am ICB wurde daher ein erster Reinigungsschritt direkt an die Extraktion gekoppelt.
    Die so vorgereinigten Extrakte können mit Hilfe eines vom TÜV Hannover/Sachsen-Anhalt entwickelten automatischen Clean Up-Systems innerhalb von 1-2 Stunden für die gaschromatographische Bestimmung aufbereitet werden.

    Etablierung
    Durch Ringversuche konnte die Qualität des Dioxin-Screening-Verfahrens gezeigt und die Vergleichbarkeit dieser Meßergebnisse mit denen des herkömmlichen Verfahren bewiesen werden. Dieses neue Verfahren ließe sich durch Investition in wenige neue Laborgeräte für die Extraktion sowie durch Personalschulung als neues Standardverfahren etablieren, so daß in Zukunft bereits wenige Stunden nach einem Störfall gesicherte Daten zu einer Dioxin-Emission vorlägen.


    More information:

    http://www.uni-muenster.de/ChemoBioSensorik


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    Criteria of this press release:
    Biology, Chemistry, Environment / ecology, Oceanology / climate
    transregional, national
    Research projects
    German


     

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