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Wissenschaft
Wenn im 18. Jahrhundert eine Oper auf die Bühne kam, wurde sie den Bedingungen des Aufführungsorts angepasst. So handelte auch Joseph Haydn in seiner Zeit als Kapellmeister am Theater des Fürsten Nikolaus Esterházy. Haydns Bearbeitungen zu dokumentieren und systematisch zu untersuchen, ist das Ziel eines gemeinsamen Projekts der Uni Würzburg und des Joseph-Haydn-Instituts (Köln).
Italienische Opern wurden im 18. Jahrhundert nicht als Werke mit einem unantastbaren Notentext betrachtet, sondern waren zahlreichen Veränderungen unterworfen. Diese Erkenntnis hat sich in der Musikwissenschaft in den vergangenen Jahren durchgesetzt. Dennoch liegen die Einzelheiten der früheren Bearbeitungspraxis nach wie vor weitgehend im Dunkeln.
In einem von der Deutschen Forschungsgemeinschaft finanzierten Projekt analysieren darum Musikwissenschaftler aus Köln und Würzburg, wie Haydn die Arien anderer Komponisten bearbeitete. Als Leiter des fürstlich Esterházyschen Opernbetriebs im heute ungarischen Fertöd führte er zwischen 1773 und 1790 etwa 140 Opern auf. Nur sechs davon stammten von ihm selbst, bei den anderen handelte es sich meist um italienische Werke, die er den lokalen Bedingungen und seinen eigenen ästhetischen Vorstellungen anpasste. Haydns Eingriffe waren dabei mal klein, mal gewaltig: Sie reichen von der Modifizierung von Tempovorschriften und Kürzungen über Änderungen der Instrumentation bis hin zur Neukomposition von Arienabschnitten oder sogar zur Umarbeitung ganzer Nummern.
Die Quellen, aus denen die Wissenschaftler das herauslesen können, bestehen aus Partituren und Stimmen der Esterházyschen Opernsammlung und weisen zahlreiche Einträge von Haydn auf. Das Material ist fast vollständig in der Széchényi-Nationalbibliothek Budapest erhalten. Vor über 40 Jahren wurde es zum ersten Mal von Dénes Bartha und László Somfai für ihre Standard-Monographie "Haydn als Opernkapellmeister" (1960) gesichtet. Seitdem fand es aber kaum mehr Beachtung - bis sich Professor Ulrich Konrad vom Würzburger Institut für Musikwissenschaft und der Wissenschaftliche Leiter des Joseph-Haydn-Instituts, Armin Raab, der Sache annahmen.
Trotz der früheren Forschungsarbeiten stellt sich bei Haydn noch immer die Frage der Autorschaft. "Es ist uns bereits gelungen, Fehlzuschreibungen und Fehldatierungen zu korrigieren und eine Reihe von Arien zu identifizieren", erläutert Projektmitarbeiterin Christine Siegert. Ohne die musikalische Handschriftendatenbank RISM und den Vergleich des Esterházyschen Materials mit anderen Quellen wäre dies nicht möglich gewesen. Ohnehin falle Haydns Anteil an einer Bearbeitung beim genaueren Hinsehen oft geringer aus als ursprünglich erwartet - er ging normalerweise nicht über das unbedingt Notwendige hinaus.
Um diesen bislang kaum beachteten Kontext näher zu beleuchten, richteten die Uni Würzburg und das Haydn-Institut vom 18. bis 20. Februar 2005 eine internationale Tagung zur "Bearbeitungspraxis in der Oper des späten 18. Jahrhunderts" aus. Dabei widmeten sich Opernexperten aus dem In- und Ausland der Praxis der Opernbearbeitung im Werk einzelner Komponisten. Einen weiteren Themenschwerpunkt bildeten die Theater ausgewählter Opernzentren wie Dresden, Wien und Turin sowie das Fürstliche Opernhaus in Eszterháza.
Weitere Informationen: Prof. Dr. Ulrich Konrad, T (0931) 31-2828, Dr. Christine Siegert, T (0221) 733796, E-Mail:
ulrich.konrad@mail.uni-wuerzburg.de
siegert@haydn-institut.de
Ausschnitt aus der Arbeitspartitur zu Haydns Bearbeitung von Pasquale Anfossis Arie "Si promette fac ...
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Ausschnitt aus der Arbeitspartitur zu Haydns Bearbeitung von Pasquale Anfossis Arie "Vorrei punirti, ...
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Criteria of this press release:
Art / design, History / archaeology, Music / theatre
transregional, national
Research projects
German
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