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05/10/1999 15:45

Institut für Wohnen und Entwerfen: Perspektiven des Wohnungsbaus und die soziale Stadt

Ursula Zitzler Stabsstelle Hochschulkommunikation
Universität Stuttgart

    Das Institut für Wohnen und Entwerfen an der Fakultät für Architektur und Stadtplanung der Universität Stuttgart wurde im Jahr 1997 neu gegründet. Mit der Neugründung und der damit verbundenen Erweiterung des bis dahin bestehenden Fachgebiets "Gebäudekunde und Entwerfen" sollte den komplexen ökonomischen, sozialen, städtebaulichen und ökologischen Fragen im Wohnungsbau durch eine angemessene Intensivierung in Lehre und Forschung begegnet werden. Möglich wurde die Institutsgründung durch die zusätzliche Einrichtung einer Stiftungsprofessur (einschließlich weiterer Stellen für wissenschaftliche Mitarbeiter) durch die Wüstenrot Stiftung. So konnten 1997 zugleich eine C4-Professur "Wohnbau, Wohnkonzepte und Grundlagen der Gebäudelehre" (Thomas Jocher) und eine sozialwissenschaftlich ausgerichtete C3-Professur "Sozialwissenschaftliche Grundlagen" (Tilman Harlander) neu besetzt werden. Das besondere Profil des Instituts ist gekennzeichnet durch die interdisziplinäre Kooperation eines Architekten (Thomas Jocher), eines Sozialwissenschaftlers (Tilman Harlander) und mittlerweile auch eines Planungswissenschaftlers (Wolf Reuter). Neben der gebäudekundlichen und sozialwissenschaftlichen Grundlagenvermittlung liegen die Schwerpunkte in Lehre und Forschung vor allem auf fachübergreifenden Fragestellungen wie den Möglichkeiten ressourcenschonenden Bauens, der Nutzungsmischung und einer sinnvollen räumlichen und sozialen Verdichtung. Im Fachgebiet "Sozialwissenschaftliche Grundlagen" werden darüber hinaus Forschungsfragen aus der Geschichte des Wohnungs- und Siedlungswesens im 19. und 20. Jahrhundert sowie der Wohnungspolitik bearbeitet.

    Am Mittwoch, den 19. Mai geben die Professoren Harlander und Jocher bei ihren öffentlichen Antrittsvorlesungen nach Grußworten von Uni-Rektor Prof. Günter Pritschow, Wissenschaftsminister Klaus von Trotha und dem stellvertretenden Vorstandsvorsitzenden der Wüstenrot Stiftung, Prof. Hans K. Schneider, Einblick in ihre Arbeit. Thomas Jochen wird über das Thema "Kontinuität und Erneuerung - Tendenzen im Wohnungsbau" sprechen und Tilmann Harlander über "Die soziale Stadt". - Vertreter der Medien und die interessierte Öffentlichkeit sind dazu herzlich willkommen.

    Zeit: 19.5., 14.00 Uhr
    Ort: Stadtmitte, Keplerstr. 17, Hörsaal 17.01

    Im folgenden sind Kurzfassungen der Vorträge abgedruckt.
    Kontinuität und Erneuerung - Perspektiven des Wohnungsbaus (Jocher)
    Die gestalterische Vielfalt und Nutzungsdurchmischung läßt sich in den alten Städten und Dörfern gut ablesen. Die alten Siedlungsstellen gelten als Vorbild heutiger Planung. Jedoch der heute mustergültig erscheinenden Baustruktur liegt eine weniger mustergültige Sozialstruktur zugrunde. In Augsburg wurden beispielsweise im ausgehenden Mittelalter zwei Drittel der Bevölkerung als Habenichtse, also Besitzlose gezählt, die bettelnd in der Stadt Unterkunft suchten. Jakob Fugger begann hier erstmals eine reine Wohnsiedlung zu errichten, die auf seriellen Elementen und einer systematischen Gebäudeplanung aufbaut. Die Anlage ist noch heute nach 500 Jahren gut erhalten und ein begehrter Wohnort. Heute stößt die endlose Produktion serieller Elemente in industrieller Produktion in vielen Fällen auf große Ablehnung breiter Bevölkerungsschichten und führt im schlimmsten Fall zum großflächigen Abbruch nur weniger Jahre alter Gebäude. Die bedeutet das größte Versagen der Architektur und ist im Hinblick auf die Endlichkeit der Ressourcen unverantwortlich. Wir müssen versuchen, die wirtschaftlichen Notwendigkeiten serieller Produktion mit gestalterischer Vielfalt und Nutzungsreichtum zu verbinden. Die Fokussierung allein auf die Wirtschaftlichkeit führt zu keinem befriedigendem Ergebnis. Wichtige Impulse sind im Wohnungsbau immer von technischen Neuerungen ausgegangen. So können heute die meisten Teile in der Fabrik mit größter Präzision, mit geringstem Abfall und besten Arbeitsbedingungen produziert werden. In einem geschlossenen System können so im Idealfall eines Produktionskreislaufs nicht nur Behausungen mit geringem Energieaufwand, sondern auch geringem Unterhalt und bestmöglicher Rückführung in den Naturkreislauf hergestellt werden. Siedlungen haben sich über lange Zeit darauf verlassen, die von ihnen verursachten Veränderungen durch sogenannte ökologische Ausgleichsleistungen zu kompensieren. Davon können wir heute aber nur noch bedingt ausgehen. Wir haben es aufgrund des wachsenden Energiehungers der Städte mit einer ökologischen Destabilisierung zu tun. Um das ökologische Abhängigkeitsverhältnis wieder zu stabilisieren, müssen Quartiere geschaffen werden, die eine hohe räumliche Konzentration von Aktivitäten zulassen, die Siedlungsfläche begrenzen und damit den Verkehr als zentrales Problem deutlich einschränken. Mit der gegenwärtigen Situation stehen wir an der Schwelle der größten Herausforderung des Wohnungsbaus. Die Erneuerung des Wohnungsbaus besteht darin, das globale ökologische Defizit zu verringern und die Frage einer verträglichen Nutzungsmischung und sozialen Dichte neu zu beantworten.

    Die soziale Stadt (Harlander)
    Nach der "nachhaltigen Stadt" ist seit kurzem die "soziale Stadt" zum erklärten und mit einer Vielzahl unterschiedlicher Programme geförderten Planungsziel des Bundes und zahlreicher Städte geworden. Hintergrund ist ein beschleunigtes "Auseinanderdriften" der Stadtgesellschaften, das angesichts des bedrohlichen Wachstums nur sehr schwer sanierbarer "Problemquartiere" und "sozialer Brennpunkte" dringlichen Handlungsbedarf ausgelöst hat. Vor der Analyse gegenwärtiger Entwicklungen in Deutschland erfolgt zunächst der Blick auf die USA, in denen den Ghettos der Armen eine wachsende Zahl sogenannten "gated communities" der Mittel- und Oberschichten gegenüberstehen. Wortführer der Sehnsucht nach einer sichereren, heileren Welt ist dort der "new urbanism", der auch in Europa etwa mit Planungen von Leon und Rob Krier (Poundbury in England oder Kirchsteigfeld bei Potsdam) umstrittene Siedlungen hervorgebracht hat. Eines der zentralen Kennzeichen der europäischen Stadt war ihre soziale Mischung. Mit den seit einiger Zeit zu beobachtenden Prozessen dauerhafter Ausgrenzung etwa in den französischen Vorstädten, aber auch hierzulande droht sie dieses Merkmal definitiv zu verlieren. Der Vortrag diskutiert aktuelle Ansatzpunkte und Strategien für ein engagiertes Quartiersmanagement und "empowerment" der Bewohner, die dieser "exclusion" entgegenwirken können.

    Weitere Informationen am Institut für Wohnen und Entwerfen (Direktor: Prof. Dr. Thomas Jocher, Prof. Dr. Tilman Harlander, Prof. Dr. Wolf Reuter), Keplerstraße 11, 70174 Stuttgart, Tel. 0711/121-4200, Fax 0711/121-4211;
    e-mail: iwe@iwe.uni-stuttgart.de


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    Criteria of this press release:
    Construction / architecture
    regional
    Miscellaneous scientific news/publications
    German


     

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