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Die Ausweitung des Entsendegesetzes wird nach Einschätzung des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts in der Hans-Böckler-Stiftung (WSI) in der Praxis nur schwer umzusetzen sein. "Der Ansatz geht in die richtige Richtung, um Mindestlöhne abzusichern", sagte der WSI-Tarifexperte, Dr. Reinhard Bispinck, anlässlich der Verabschiedung des Gesetzesentwurfs im Bundeskabinett. "Doch damit er wirklich greifen kann, müssten große Lücken in der Tariflandschaft geschlossen werden."
Wie groß sie sind, zeigt eine Untersuchung des WSI: Die tariflichen Mindestlöhne können nur in Branchen für allgemeinverbindlich erklärt werden, die über bundesweit geltende Flächentarifverträge verfügen. Die gibt es in vielen Branchen jedoch nicht. Nach Angaben von Bispinck bestehen lediglich in sechs von 40 untersuchten Wirtschaftszweigen praktisch bundesweit geltende Tarifverträge: Bei Banken, im Bauhauptgewerbe, Dachdeckerhandwerk, Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau, Maler- und Lackiererhandwerk, sowie bei Versicherungen.
In 34 Branchen, in denen ein Großteil der in Deutschland Beschäftigten arbeitet, gibt es dagegen eine Vielzahl regionaler Lohn- und Gehaltstarifverträge. Diese Vielfalt macht die bundesweite Vereinbarung von Mindestlöhnen sehr aufwendig. In einigen Branchen decken die Verträge nicht einmal das gesamte Bundesgebiet ab. Dazu zählen unter anderem die Bekleidungsindustrie, das Bewachungsgewerbe, das Fleischerhandwerk, das Hotel- und Gaststättengewerbe, verschiedene Metallhandwerke und die Obst- und Gemüseindustrie. "Es muss ernsthaft bezweifelt werden, ob die Arbeitgeberverbände in allen Wirtschaftszweigen ohne weiteres bereit sind, ergänzend Tarifverträge für branchenbezogene Mindestlöhne abzuschließen", sagte Bispinck.
Zusätzlichen Bedarf für Korrekturen sieht der Experte in jenen Wirtschaftszweigen, in denen die unteren tariflichen Lohngruppen mit Beträgen zwischen vier und sieben Euro pro Stunde deutlich unterhalb der Armutsschwelle liegen. "Da müssen die Tariflöhne angehoben werden", so Bispinck. Das mache eine Kooperation der Arbeitgeber noch unwahrscheinlicher. Angesichts der absehbaren Schwierigkeiten plädiert das WSI dafür, die Erweiterung des Entsendegesetzes durch einen gesetzlichen Mindestlohn zu flankieren. "Nur durch ein solches 'Zwei-Säulen-Konzept' können Armutslöhne wirkungsvoll bekämpft werden", so Tarifexperte Bispinck. Damit würde Deutschland dem Beispiel vieler europäischer Nachbarländer folgen. Gesetzliche Mindestlöhne gibt es etwa in Großbritannien (7,09 Euro), Frankreich (7,61 Euro), den Niederlanden (7,90 Euro) und Luxemburg (8,48 Euro).
http://www.boeckler.de/cps/rde/xchg/hbs/hs.xsl/275_29278.html
Criteria of this press release:
Economics / business administration, Law, Politics
transregional, national
Research results
German
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