idw - Informationsdienst
Wissenschaft
Bochum, 29.09.1995 Nr. 150
Mit Computern aus der Krise
Ideen zur Fabrik der Zukunft
Abschlussbericht ueber Bochumer Sonderforschungsbereich
Die Maschine ist defekt - der Bediener muss umstaendlich in einem Handbuch nachschlagen, um die Fehlerquelle zu finden. Schliesslich muss er dennoch die Instandhaltung benachrichtigen: Zeit und Geld gehen dem Betrieb verloren. Ein neues Stoerfalldiagnosesystem, das auch dem unerfahrenen Bediener durch multimediale Informationen die Fehlerbehebung ermoeglicht, kann solche Reibeverluste verhindern. Das ist ein Beispiel aus den zahlreichen Ergebnissen des von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) mit rund 15 Mio DM gefoerderten Sonderforschungsbereichs ,Neue Informationstechnologien und flexible Arbeitssysteme" (SFB 187, Sprecher: Prof. Dr. Bernhard Zimolong, Arbeits- und Organisationspsychologie, Fakultaet fuer Psychologie der Ruhr-Universitaet Bochum).
Nach siebenjaehriger Forschungstaetigkeit laeuft der SFB zum 31.12.1995 aus. Ganzheitliche CIM-Systeme entstanden in der einzigartigen Zusammenarbeit von Wissenschaftlern aus den Ingenieur-, Sozial-, Wirtschafts-, und Arbeitswissenschaften sowie der Paedagogik, Psychologie und Mathematik. In einer Pilotanlage auf dem Universitaetscampus wurden die theoretischen Ergebnisse der Projekte mit Erfolg in die Praxis uebertragen. Die entwickelten Modelle und Prototypen warten nun noch auf ihre Nutzung und Weiterentwicklung durch die Wirtschaft.
Die Ergebnisse bieten die Wissenschaftler Betrieben als Service an: Aus dem SFB gingen u.a. 8 Habilitationen, 20 Dissertationen, 61 Diplom- und Examensarbeiten hervor, zahlreiche Arbeitspapiere, Monographien und Aufsaetze wurden veroeffentlicht. Aktualitaet gewann der SFB 187 nicht zuletzt, weil sich der deutsche Maschinenbau seit 1992 in einer tiefen Krise befindet. So wurden neue rechnergestuetzte Produktionsnetze (CIM: Computer Integrated Manufacturing) auf der Basis teilautonomer flexibler Fertigungsstrukturen erforscht und erprobt, bei denen die Arbeiter nicht mehr z.B. nur am Fliessband stehen, sondern sich zu einzelnen Arbeitsgruppen finden, die nicht mehr zentral gesteuert werden, sondern weitgehend selbstverantwortlich arbeiten. Konstruktions-, Planungs- und Fertigungsbereich verknuepfende Informationsnetze unterstuetzen sie dabei. Das CIM-Modell ermoeglicht eine schnelle Anpassung an den neuesten technischen Stand, es erlaubt, sich auf immer weiter verringernde Auftragsdurchlaufzeiten und Stueckzahlen einzustellen, sowie auf die zunehmend geforderte Produktvielfalt zu reagieren. Das Modell verbindet Wirtschaftlichkeit, Wettbewerbsfaehigkeit und eine hohe Sozialvertraeglichkeit. Das von Prof. Zimolong entwickelte Stoerfalldiagnosesystem z.B. ermoeglicht Arbeitsgruppen bzw. einzelnen Maschinenbedienern Wartungs- und Instandhaltungsaufgaben zu uebernehmen. Dieses computergestuetzte System gibt in multimedialer Form Informationen ueber die Struktur der Anlage, ueber Stoerungssymptome und beispielhafte Vorgehensweisen anhand von Fehlerfaellen. Es stellt unterschiedliche Informationsquellen bereit und ist sowohl fuer unerfahrene als auch fuer erfahrene Nutzer geeignet. Es vermindert Ausfallzeiten von Maschinen, muehsames und aufwendiges Suchen in den meist umfangreichen Handbuechern wird ueberfluessig, und durch die Verkuerzung der Instandhaltungszeiten kann das Personal flexibler eingesetzt werden.
Um einen Betrieb mit herkoemmlicher Arbeitsstruktur in einen mit flexiblen und teilautonomen ,Fertigungsinseln" umzuwandeln, wurde ein Prototyp eines ,wissensbasierten Planungssystems" (WBPS) entworfen, das Planungsablaeufe systematisiert und den Planungsingenieur weitgehend von zeit- und rechenaufwendigen Routinearbeiten entlastet . In Interaktion mit dem Planer schlaegt das System weitere Vorgehensweisen vor und zeigt eventuell vorhandene Alternativen auf. Ausserdem kann WBPS durch Simulation Schwachstellen und Engpaesse aufdecken und Planungsalternativen ueberpruefen. Insbesondere bei Umstrukturierungen im Betrieb kann es so helfen, wirtschaftliche Risiken zu minimieren. Um die immer umfangreicher werdenden Computerprogramme effektiver zu strukturieren und die entstehenden Daten verwalten zu koennen, entwickelten die Bochumer Wissenschaftler einen neuen ,Objektprozessor", der die vorhandenen Programme in eine unternehmensweite Datenverwaltung integriert. Er speichert alle produktrelevanten Daten zentral, unabhaengig von den Benutzern oder Programmen. Der Objektprozessor bietet dabei allen Arbeitern und Ingenieuren die Moeglichkeit, mit einer betriebszentralen Datenbank zu kommunizieren und so ihre Arbeit aufeinander abzustimmen. Durch eine Erweiterung und Vereinheitlichung der Benutzungsoberflaechen und durch den Aufbau des Regelwerks, bekommt der Anwender den Eindruck, dass er mit nur einem Programm arbeitet. Die Anwendungsprogramme selbst bleiben unveraendert und 'merken' von den Aktivitaeten des Prozessors nichts. Umfangreiche Daten und Analysen ueber die Folgen der Einfuehrung neuer Fertigungstechnologien im Maschinenbau stellte und stellt der SFB 187 Wissenschaftlern, Politikern, Behoerden und anderen Institutionen zur Verfuegung. Diese Daten werden durch repraesentative Erhebungen in den Betrieben des deutschen Maschinenbaus gewonnen, die seit 1991 jaehrlich durchgefuehrt werden.
Neben den SFB-Projekten nutzen inzwischen auch eine Reihe von externen Wissenschaftlern diese Daten. Darueber hinaus werden die Betriebe und Verbaende des Maschinenbaus regelmaessig ueber die ,Mitteilungen fuer den Maschinenbau" ueber die Ergebnisse der Untersuchung informiert.
Weitere Informationen ueber diese und andere Projekte des SFB 187, kostenlose Arbeitspapiere und Literaturlisten sind erhaeltlich beim SFB 187, Geschaeftsstelle, GC 04/42, Ruhr-Universitaet Bochum, Tel.: 0234-700-2984, Fax: 0234-7094-112.
Criteria of this press release:
Mechanical engineering
transregional, national
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German
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