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Wissenschaft
Drei von vier tarifgebundenen Betrieben in Deutschland nutzen inzwischen die Möglichkeiten der Flächentarifverträge, von Standards abzuweichen und bei Arbeitszeit und Einkommen betriebsspezifische Lösungen auszuhandeln. Das zeigen die Ergebnisse der neuen Betriebsräteumfrage 2004/2005 des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) in der Hans-Böckler-Stiftung.
Die Flächentarifverträge erweisen sich damit als sehr flexibel: Gegenüber der letzten Befragung von 2002 hat sich der Anteil der Betriebe etwa verdoppelt, die eine oder mehrere "Differenzierungs-" oder "Öffnungsklauseln" anwenden und so auf besondere Situationen reagieren.
Der Löwenanteil der betrieblichen Sonderregelungen betrifft die Arbeitszeit. So sind derzeit in 51 Prozent aller tarifgebundenen Betriebe variable Arbeitszeiten vereinbart, die von den Standardregelungen im Tarifvertrag abweichen. Bei 26 Prozent gelten Arbeitszeitverlängerungen und bei 15 Prozent befristete Arbeitszeitverkürzungen.
Auch Abweichungen beim Entgelt sind keine Seltenheit mehr: 19 Prozent der Betriebe zahlen beispielsweise an neu Eingestellte befristet niedrigere Einstiegstarife. 17 Prozent haben die Jahressonderzahlung gekürzt oder ausgesetzt, sechs Prozent das Urlaubgeld. In 12 Prozent der Betriebe wurden Tariferhöhungen befristet ausgesetzt.
Die zunehmende Erfahrung mit betrieblichen Regelungen überzeugt die Betriebsrätinnen und Betriebsräte allerdings nicht von diesem Konzept. Eher im Gegenteil: Viele Belegschaftsvertreter sehen die zunehmende "Verbetrieblichung" der Tarifpolitik skeptisch. 53 Prozent finden sie "generell problematisch", weitere 30 Prozent sehen sie "zwiespältig". Lediglich 12 Prozent nennen die Entwicklung "begrüßenswert". Im Vergleich zu 2002 ist der Anteil der positiven Bewertungen leicht gesunken.
Auch die Antworten auf vertiefte Nachfragen im WSI-Frageleitfaden zeigen, dass viele Betriebsräte wenig von Ideen halten dürften, Verhandlungen über wichtige Regelungen bei den Arbeitsbedingungen noch stärker von den Tarifparteien weg in die einzelnen Betriebe zu verlagern. So stimmt eine große Mehrheit von 81 Prozent der Auffassung zu, dass die Dezentralisierung den Arbeitgebern eher die Möglichkeit gibt, ihre Interessen durchzusetzen. Lediglich 48 Prozent meinen hingegen, dass sie den unterschiedlichen Gegebenheiten in den Betrieben besser gerecht würde - 49 Prozent bestreiten das. Ebenfalls 48 Prozent der Betriebsräte geben sogar an, sie fühlten sich durch die Dezentralisierung überfordert.
Ausführliche Analyse: Reinhard Bispinck, Betriebsräte, Arbeitsbedingungen und Tarifpolitik; in: WSI-Mitteilungen 6/2005 (http://www.boeckler.de/cps/rde/xchg/hbs/hs.xsl/119_36225.html)
http://www.boeckler.de/cps/rde/xchg/hbs/hs.xsl/32014_36267.html
Criteria of this press release:
Economics / business administration, Law, Politics
transregional, national
Research results
German
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