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Wissenschaft
Auch extrem rechte politische Einstellungen lassen sich mit Persönlichkeitseigenschaften erklären
(Mainz, 12. Juli 2005, lei) Die Persönlichkeit eines Menschen hat einen wesentlichen Einfluss auf seine politische Grundhaltung und sein Wahlverhalten. Extrem rechte politische Einstellungen sind etwa weitaus besser mit der Ausprägung bestimmter Persönlichkeitseigenschaften zu erklären als mit politischem Protest oder der Unzufriedenheit über eine wahrgenommene gesellschaftliche Benachteiligung. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie über den Zusammenhang von Persönlichkeitseigenschaften und Wahlverhalten, die am Institut für Politikwissenschaft der Johannes Gutenberg-Universität Mainz unter der Leitung von Privatdozent Dr. Siegfried Schumann erstellt wurde. "Unsere Ergebnisse zeigen, dass Theorien, die zur Erklärung des Rechtsextremismus gesellschaftliche Veränderungen und deren Folgen heranziehen, allenfalls geringe Erklärungskraft aufweisen", erläutert Schumann.
Das Forschungsvorhaben wurde vor zwei Jahren mit einem interdisziplinären Team von Wissenschaftlern aus verschiedenen deutschen Universitäten gestartet. Die Fritz Thyssen Stiftung unterstützte das Projekt mit rund € 89.000. "In den Theorien der modernen Wahlforschung werden Persönlichkeitseigenschaften zur Erklärung des Wählerverhaltens ausdrücklich nicht berücksichtigt", erklärt der Politikwissenschaftler zum Ansatz der Studie. Dies widerspreche der Alltagserfahrung: Ein Wähler der Grünen sehe beispielsweise anders aus als einer der CSU. Schumanns Vermutung, dass es durchaus einen Zusammenhang zwischen Persönlichkeitseigenschaften und der politischen Einstellung bzw. dem Wahlverhalten gibt, hat sich bestätigt. Dabei spielen nicht nur speziellere persönliche Eigenschaften wie etwa ein autoritärer Charakter eine Rolle, sondern auch allgemeine, breite Persönlichkeitseigenschaften wie die "Big Five", das sind "Offenheit für Erfahrung", "Gewissenhaftigkeit", (soziale) "Verträglichkeit", "Extraversion" und "Neurotizismus" (im Sinne von Ängstlichkeit und Unsicherheit).
Für das Wählerverhalten sind Persönlichkeitseigenschaften in doppelter Hinsicht von Bedeutung. Erstens haben sie eine starke Wirkung darauf, ob jemand überhaupt zur Wahl geht. Zweitens geht von ihnen in einigen Fällen eine Wirkung auf die Richtung der Wahlentscheidung aus. Beispielsweise begünstigt "Offenheit für Erfahrung" eine Wahlentscheidung zugunsten der Grünen. Persönlichkeitseigenschaften beeinflussen auch die Meinung zu tagesaktuellen politischen Streitfragen. So sind Wirkungen auf die Einstellung zur Europäischen Union, zur Einführung des Euro und zum Einmarsch der USA in den Irak im Jahre 2003 nachweisbar.
Persönlichkeitseigenschaften sind nach gängiger Lehrmeinung über die Zeit stabiler als Wertorientierungen, politische Grundhaltungen, Einstellungen zu politischen Sachfragen, Wahlbeteiligung und die Richtung der Wahlentscheidung. "Dadurch wird das Wahlverhalten stabiler und in der Folge der Wettbewerbsdruck auf die Parteien vermindert", führt Schumann aus. Er vermutet außerdem, dass der oft zitierte "Wertewandel" tatsächlich eine Folge bislang unbemerkter Veränderungen der Persönlichkeitseigenschaften sein könnte.
Die Untersuchungen erfolgten durch ein interdisziplinäres Forscherteam. Es arbeiten neben anderen mit: Prof. Lang (Halle-Wittenberg; Persönlichkeitspsychologie), für die Politikwissenschaft im engeren Sinne Prof. Gabriel (Stuttgart; Parteiidentifikation), Prof. Kunz (Mainz; Rational-Choice Ansätze) und Prof. Rattinger (Bamberg; Nichtwählerforschung), für die Soziologie Prof. Jagodzinski (Köln; Religiosität), für die Autoritarismusforschung PD Dr. Oesterreich (Berlin), für die Werteforschung Prof. Schmidt (Gießen) sowie Prof. Klages (Speyer) und für die Kommunikationswissenschaft Prof. Kepplinger (Mainz; Wahrnehmung von Kandidaten).
Als nächstes ist vorgesehen, die Vermutung, es habe sich im Laufe der letzten Jahrzehnte ein Wandel hinsichtlich der Ausprägung bestimmter Persönlichkeitseigenschaften vollzogen, näher zu untersuchen.
Kontakt und Informationen:
PD Dr. Siegfried Schumann
Institut für Politikwissenschaft
Johannes Gutenberg-Universität Mainz
Tel. 06131/39-25478
Fax 06131/39-22996
E-Mail: Schumann@politik.uni-mainz.de
http://www.uni-mainz.de/FB/Sozialwissenschaften/Politik/
Criteria of this press release:
Law, Politics, Psychology, Social studies
transregional, national
Research projects, Research results
German
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