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Wissenschaft
Depressionen: unerkannt, unterschätzt, falsch behandelt ...
In Deutschland einmalig: Einer der Schwerpunkteist ist die gezielte Ansprache und die Verbesserung der Versorgung von Migranten
Depressionen werden in der Öffentlichkeit unterschätzt und fehlinterpretiert; zum Beispiel denken Viele, eine Depression sei kaum behandelbar. Leider werden Menschen mit Depression auch im Medizinbetrieb oft nicht richtig wahrgenommen und unzureichend behandelt. Dies ist nicht nur im Sinne der Kranken und ihrer Angehörigen nicht hinnehmbar, sondern bedeutet auch einen enormen volkswirtschaftlichen Schaden. 15 bis 20 Prozent der Bevölkerung leiden im Laufe ihres Lebens an einer behandlungsbedürftigen Depression. Und etwa 15 Prozent der Menschen mit schweren Depressionen nehmen sich das Leben, meist, weil ihnen nicht ausreichend und rechtzeitig geholfen wurde. Viele erkennen selbst nicht, dass sie unter einer Depression leiden, sondern glauben, dass sie körperlich erkrankt seien. Andere trauen sich aus Scham oder Angst vor Ausgrenzung (Stigmatisierung) nicht, Hilfsangebote wahrzunehmen. Die Erkrankung kann Jeden treffen, unabhängig von Alter, Beruf, sozialem Status sowie ethnischer Zugehörigkeit.
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat von den Regierungen der Industrieländer schon mehrfach verlangt, etwas gegen die hohen Zahlen an Selbsttötungen (Suiziden) zu unternehmen.
Für Deutschland wurde 2001 das "Bündnis gegen Depression e. V" in Nürnberg zunächst als Forschungsprojekt gegründet; gefördert vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF). Dabei zeigte sich, dass sowohl Suizidversuche als auch tatsächliche Selbsttötungen erheblich verringert werden können. Die Ergebnisse der Pilotphase in Nürnberg führten dazu, dass das "Bündnis gegen Depression" seit 2003 in zahlreichen weiteren Regionen in Deutschland und Europa ausgeweitet wurde.
Beim "Berliner Bündnis gegen Depression" stehen unter anderem Bezirke mit sehr vielen Migranten im Mittelpunkt. Dort, wo sehr viele aus der Türkei stammende Menschen (die größte nichtdeutsche Gruppe in Berlin) leben, stehen muttersprachliche Aufklärungs- und Informationsmaßnahmen bereit. Ein erheblicher Teil der türkischen Bevölkerung in Berlin zählt zu den sozial Benachteiligten und lebt von der übrigen Gesellschaft isoliert. Ganz grundsätzlich gehört es zu den wichtigsten Aufgaben von Gesundheitsförderung und Krankheitsvorbeugung, Gruppen zu erreichen, für die normalerweise die Hürden zum medizinischen Versorgungssystem besonders hoch sind. Dies gilt für nennenswerte Teile der deutschen Bevölkerung. Bei Migranten geht es nicht nur um sprachliche Verständigung, sondern auch um die unterschiedlichen kulturellen Vorstellungen und Ausdrucksformen von Gesundheit und Krankheit.
Das "Berliner Bündnis gegen Depression" wurde am 19. August der Öffentlichkeit vrogestellt. Prof. Rita Süssmuth und der Türkischen Generalkonsul, Aydin Durusoy, haben die Schirmherrschaft für dieses Projekt übernommen.
Das Berliner Bündnis hat bereits Mitarbeiter von verschiedenen Bündnispartnern fortgebildet und so Referenten für künftige Veranstaltungen qualifiziert. Dazu gehörte zum Beispiel auch ein Seminar für türkische Hausärzte. Am 25. September wird das Bündnis z.B. gemeinsam mit der Türkischen Gemeinde zu Berlin einen Vortrag für das allgemeine Publikum mit anschließender Möglichkeit der Diskussion in den Räumen "Werkstatt der Kulturen" veranstalten. Viele weitere Maßnahmen sind geplant.
Das "Berliner Bündnis gegen Depression" verfolgt unter anderem die folgenden Ziele:
* Erweiterung des Wissens über die Krankheit in der Bevölkerung / Aufklärung
* Beitrag zur Früh-Erkennung, Gesundheitsförderung und Suizidprävention
* Steigerung der Zahl von Betroffenen, die richtig und ausreichend behandelt werden
* Durch gezieltes Aufsuchen der Einrichtungen in der Türkischen Gemeinde bessere Erreichbarkeit der Menschen mit türkischem Migrationshintergrund
* Verbesserung der gesundheitlichen Situation depressiver Menschen
* Verringerung der Zahl von Patienten mit Chronifizierungen und Langzeitverläufen sowie Hoffnungslosigkeit
* Abbau von Vorurteilen
* Aufbau eines Netzwerkes
Hauptanliegen des Projektes ist die Aufklärung über die Krankheit Depression und ihre Enttabuisierung in der Öffentlichkeit im Sinne eines Anti-Stigma-Programms. Hierzu werden verschiedene deutsche Informationsmaterialien ins Türkische übersetzt, wobei soziokulturelle Unterschiede berücksichtigt werden müssen. Ein solcher Schwerpunkt für Menschen mit Migrationshintergrund ist bisher bundesweit einmalig.
Das Aktionsprogramm versucht, durch Intervention auf mehreren Ebenen die Versorgung depressiv erkrankter Menschen zu verbessern und auf diese Weise auch Suizide zu verhindern. Geplant sind unter anderem Fortbildungsveranstaltungen, die schnellere Erfassung depressiv Erkrankter mittels Erhebungsbögen in deutscher und türkischer Sprache.
Im Rahmen öffentlicher Veranstaltungen sowie durch Pressearbeit wird in der kommenden Zeit verstärkt auf die Thematik aufmerksam gemacht. Darüber hinaus stehen Informationsmaterialien zur Verfügung, die über Symptome der Krankheit sowie Diagnose- und Behandlungsmöglichkeiten informieren. Flyer, Ratgeberbroschüren und Plakate sowie Konzepte können in deutscher Sprache vom Verein "Bündnis gegen Depression e. V." bezogen werden.
Die Psychiatrische Institutsambulanz (Tel.: 030 / 2311 2120) der Psychiatrischen Universitätsklinik der Charité im St. Hedwig-Krankenhaus stellt eine Beratung zum Thema Depression sowie eine Depressionssprechstunde bereit.
Bisherige Bündnispartner unter anderem:
° Angehörige Psychisch Kranker, Landesverband Berlin e. V.
° Arbeitskreis Türkischsprachiger Psychotherapeuten/innen in Berlin
° Berliner Gesellschaft Türkischer Mediziner e. V.
° Berliner Krisendienst
° BIG-Hotline
° Bündnis gegen häusliche Gewalt
° Jüdisches Krankenhaus
° Katholische Hochschule für Sozialwesen
° Niedergelassene Ärzte/innen, Niedergelassene Psychotherapeuten/innen
° Notfallseelsorge
° Paritätischer Wohlfahrtsverband
° Polizei
° Sozialpsychiatrischer Dienst
° Türkische Gemeinde zu Berlin
° Türkischer Bund in Berlin-Brandenburg
° Verein für Psychiatrie und seelische Gesundheit in Berlin e. V.
Das Aktionsprogramm ist zunächst einmal für zwei Jahre geplant.
Das Modellprojekt wird wissenschaftlich begleitet.
Die BKK unterstützt das "Berliner Bündnis gegen Depression" im Rahmen ihrer Initiative "Mehr Gesundheit für alle".
Projektleiterin:
Dr. med. Meryam Schouler-Ocak
Fachärztin für Psychiatrie, Psychotherapie und Neurologie
Oberärztin an der Psychiatrischen Universitätsklinik der Charité im St. Hedwig-Krankenhaus
Große Hamburger Straße 5 -11, 10115 Berlin
Tel: (030) 2311-2786, Fax: -2787
E-Mail: meryam.schouler-ocak@charite.de
PRESSE-Kontakt:
MWM-Vermittlung
Kirchweg 3 B
14129 Berlin
Tel.: (030) 803 96-86; Fax: -87
Mail: mwm@mwm-vermittlung.de
http://www.mwm-vermittlung.de/aktuBBD8_05.html
http://www.kompetenznetz-depression.de
http://www.alexius.de/Psychiatrie___Ps.2023.0.html
Criteria of this press release:
Medicine, Nutrition / healthcare / nursing, Psychology, Social studies
transregional, national
Research results, Transfer of Science or Research
German
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