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02/14/1997 00:00

Klassifikationssysteme für automatisches Erkennen

Dr. Elisabeth Zuber-Knost Presse und Kommunikation
Universität Karlsruhe (TH) - Forschungsuniversität.gegründet 1825

    Nr. 015 / 07. Februar 1997 / sho

    Klassifikationssysteme fuer automatisches Erkennen

    Institut fuer Nachrichtentechnik testet flexible Verfahren

    Automatische Klassifikationssysteme sind unbemerkt in viele Lebensbereiche vorgedrungen - neben den klassischen Anwendungsfeldern in der industriellen Produktion sind die rechenintensiven Systeme immer mehr auch in Privathaushalten gefragt. Bekannte Beispiele sind Spracheingabe und Schrifterkennung durch den Computer. Die zunehmende Verbreitung macht erforderlich, dass die Systeme sich selbststaendig, das heisst ohne Experten an ihre Aufgabe anpassen koennen. Mit diesem Problem beschaeftigt sich der Lehrstuhl fuer Nachrichtensysteme (Prof. Dr. rer. nat. Friedrich Jondral) am Institut fuer Nachrichtentechnik der Universitaet Karlsruhe: Er entwickelt flexible Klassifikationsverfahren und testet sie in Simulationen. Zur Zeit wird mit Unterstuetzung des Karlsruher Musikhauses Schlaile untersucht, ob die entwickelten Systeme einen Fluegel oder ein Klavier am Tastenanschlag erkennen koennen.

    Gefragt: Automatische Klassifikationsverfahren

    Ist die Marmelade noch essbar oder ist sie vom Schimmel befallen? Ist die Ampel gruen oder rot? Fragen wie diese sind Klassifikationsaufgaben, wie sie der Mensch taeglich bewaeltigen muss. Dabei kann der Mensch diese Aufgabe loesen, weil er gelernt hat zu abstrahieren, das heisst seine Entscheidung auf der Grundlage weniger, aber wichtiger Merkmale zu faellen.

    In der Praxis tauchen aber auch Klassifikationsaufgaben auf, die der Mensch nur mit Hilfsmitteln oder grossem Aufwand loesen kann: Dazu gehoeren die Werkstueck- erkennung und Qualitaetskontrolle in der Fertigung, akustische Steuerungen fuer Behinderte und die Funksignalanalyse fuer polizeiliche Zwecke. Durch eine geeignete Sensorik und einen Rechner fuer die Signalverarbeitung koennen solche Aufgaben auch automatisch geloest werden. Neue Anwendungsfelder fuer die automatische Klassifikation wachsen aber auch dort, wo sich der Mensch durch die zunehmende verfuegbare Rechenleistung Komfort verspricht, zum Beispiel in der Sprach-erkennung. Schliesslich werden Klassifikationssysteme auch in anderen Forschungs-feldern wie der Analyse von Walgesaengen und Delphinlauten verwendet.

    Wenn der Computer eine Klassifikationsaufgabe loesen soll, muss das Abstraktionsvermoegen des Menschen auf Algorithmen abgebildet werden. Dafuer gibt es zwei Ansaetze:

    o Der Rechner erhaelt fertige Merkmale, zum Beispiel als Ergebnis einer Modellbildung oder durch Expertenwissen. Diese Loesung setzt voraus, dass der Mensch die Merkmale selbst ermitteln kann.

    o Der Rechner muss wie der Mensch am Beispiel lernen, Wichtiges von Unwichtigem zu unterscheiden. Dieser Weg verlagert den Aufwand in den Rechner. Die Anpassung an die Klassifikationsaufgabe erfolgt durch spezielle Trainingsalgorithmen, die sich hinsichtlich ihrer Flexibilitaet und ihres Bedarfs an Trainingsbeispielen unterscheiden. Die Trainingsalgorithmen bestehen aus einer Phase der Merkmalsfindung und der Merkmalsauswahl (Abstraktion) auf einem Satz von Beispielsignalen.

    Am Institut fuer Nachrichtentechnik wird der zweite Weg beschritten. Fuer die Merkmalsfindung werden spezielle Transformationen verwendet, das heisst Ver-fahren der Zeit-Frequenz-Analyse.

    Gesucht: Passepartout der Merkmalsfindung

    Die Zeit-Frequenz-Analyse versucht zu erfassen, wie sich der spektrale Gehalt eines Signals mit der Zeit aendert. Da sich jedes physikalische Signal mit der Zeit aendert, sind Zeit-Frequenz-Beschreibungen universell einsetzbare Verfahren. Dem Wunsch nach einer genauen Zeit-Frequenz-Beschreibung eines Signals steht entgegen, dass Aussagen ueber die Zeit-Frequenz-Belegung prinzipiell nicht beliebig genau sein koennen.

    Weil damit auch keine ,wahre"' Beschreibung des Signals moeglich ist, gibt es verschiedene Zeit-Frequenz-Verfahren und damit transformationsspezifische Darstellungen eines Signals. Jedes Verfahren ermittelt Merkmale, die fuer unterschiedliche Klassifikationsaufgaben unterschiedlich gut geeignet sind.

    Grundlage der Forschungsarbeiten ist daher die Ueberzeugung, dass das geeignete Verfahren zur Merkmalsfindung fuer eine bestimmte Aufgabenstellung nur durch einen umfassenden Vergleich von Verfahren zu finden ist.

    Im Rahmen einer so breiten Untersuchung sind natuerlich solche Verfahren interessant, die mit nur wenigen Lernbeispielen weitgehend unabhaengig von der Signalquelle geeignete Merkmale liefern koennen. Gesucht wird ein Passepartout der Merkmalsfindung, das heisst ein Verfahren, das sich dem Problem so gut anpasst, dass es die Leistungsfaehigkeit anderer geeigneter Verfahren erreicht oder uebertrifft.

    Gefunden: Wavelet-Transformation

    Der Schwerpunkt der zugehoerigen Arbeiten am Institut fuer Nachrichtentechnik liegt darauf, die Anpassungsfaehigkeiten orthogonaler Zeit-Frequenz-Transformationen (Stichwort: Wavelet-Transformation) zu optimieren und zu anderen Zeit-Frequenz- Verfahren in Relation zu stellen. Ziel ist, ein flexibles Transformationsverfahren zu entwickeln, das bei minimalem Rechenaufwand mit den besten anderen Verfahren mithaelt oder sie uebertrifft.

    Im Rahmen mehrerer Diplomarbeiten ist dazu am Institut ein Simulationstool entstanden, in dem in einer Hochsprache vollstaendige Klassifikationssysteme fuer beliebige eindimensionale Signale formuliert, variiert und getestet werden koennen. Ueber die Simulation lassen sich Eigenschaften, Rechenaufwand und Klassifikationserfolg verschiedener Verfahren direkt vergleichen. Durch Visualisierung kann man zusaetzlich das Ergebnis der Zeit-Frequenz-Analyse eines Signals mit dem Auge kontrollieren und auch feststellen, welche Merkmale der Analyse fuer die Klassifikation verwendet werden, das heisst wo die markanten Eigenschaften eines Signals bezueglich der Zeit und der Frequenz liegen.

    Als Signale dienen Klavierakkorde von 34 Fluegeln und Klavieren. Die Klassifikationsaufgabe besteht darin, das Klavier oder den Fluegel durch einen angeschlagenen Akkord zu erkennen. Das Musikhaus Schlaile, Karlsruhe, hat den eigenen Pool an Instrumenten fuer die Aufnahmen zur Verfuegung gestellt. Als weitere Signalquelle werden Vogelstimmen getestet.


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    Criteria of this press release:
    Information technology
    transregional, national
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    German


     

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