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08/13/1999 10:30

AGENDA 2000 - Eine Reform mit Widersprüchen

Joachim Schmidt Kommunikation
Rheinisch-Westfälisches Institut für Wirtschaftsforschung e.V.

    Mit den Beschlüssen des Berliner Gipfels vom 24./25. März 1999 sind die Reformvorstellungen der EU-Kommission in Hinblick auf ihre Strukturpolitik und die Osterweiterung umgesetzt wor-den. Damit findet ein jahrelanger Diskussionsprozeß ein Ende. Das Ergebnis ist allerdings in ei-nigen Punkten kritisch zu werten, wie der jüngst vorgelegte Bericht des RWI

    Die strukturpolitischen Reformen der Europäischen Union

    darlegt. So wird in den nächsten sechs Jahren der Umfang der geförderten Gebiete durch Über-gangsregelungen stark ausgeweitet. Die Kriterien für ihre Auswahl werden nicht - wie angekün-digt - verringert, sondern lediglich unter drei Überschriften zusammengefaßt. Mit der Förderung von Stadtteilen, die eine besondere soziale Problematik aufweisen, wird zudem massiv gegen das Subsidiaritätsprinzip verstoßen. Auch wird die Absicht der Kommission deutlich, die Regional-politik der Mitgliedstaaten über die Wettbewerbskontrolle möglichst auf eine Kofinanzierung der Strukturfonds zu beschränken. Die bekannten Schwächen der Strukturfonds wie
    - die Bindung der Förderung an die politischen Prioritäten der Kommission und nicht an die re-gionalen Erfordernisse;
    - ein Regionsraster, das Stadt-Umland-Beziehungen zerschneidet;
    - Indikatoren, die insbesondere ländliche Räume benachteiligen, sowie
    - extrem aufwendige Antrags- und Überwachungsverfahren
    werden nicht beseitigt, sondern noch verschärft.
    Wenig beachtet wurde in der Vergangenheit, daß sich die Kommission mit der Beschäftigungs-politik ein weiteres regionales Betätigungsfeld eröffnet hat; abgestellt wird vornehmlich auf die Instrumente einer aktiven Arbeitsmarktpolitik. Allerdings ist die Notwendigkeit einer derartigen Politik auf Gemeinschaftsebene theoretisch nicht hinreichend nachgewiesen. Aufgrund der sehr unterschiedlichen Formen und Ursachen der Arbeitslosigkeit in den Mitgliedsländern, der starken Ausweitung des Partnerschaftsprinzips (Enbeziehung der karitativen Verbände, Sozialpartner und Gebietskörperschaften in die Begleitausschüsse) und der erheblichen Kontrollkosten sind Zweifel an der Effizienz dieser Politik angebracht. Da zudem ausschließlich in Regionen interveniert wer-den soll, die nicht unter die Regelförderung der Strukturfonds fallen, kommt es letztlich insge-samt zu einer flächendeckenden Förderung der Regionen und damit zu einer weiteren Effizienz-minderung der Interventionen der Strukturfonds.
    Auch die Förderung der Beitrittskandidaten (Erhöhung der Sicherheit nuklearer Energiererzeu-gungsanlagen, Know how-Transfer, Ausbau von Infrastrukturen, die den Anschluß an das EU-Gebiet sicherstellen, Beeinflussung der Agrarstruktur) spiegelt eher die Präferenzen der EU-Kommission wider, die nicht immer den Bedürfnissen dieser Länder entsprechen.
    Trotz der sehr optimistischen Wachstumsannahmen der Kommission für den Zeitraum von 2000 bis 2005 (2,5 vH in der EU, 4 vH in den Beitrittsländern) wird es zu einer erheblichen Mehrbela-stung der nationalen Haushalte durch die Finanzierung der EU-Strukturfonds kommen. Sollte die Wachstumsrate unter 1,7 vH sinken, wäre die Strukturpolitik ohne eine Anhebung der derzeitigen Eigenmittelobergrenze von 1,27 vH des BSP nicht mehr finanzierbar.
    Aus alledem ergibt sich die Notwendigkeit einer Rückübertragung der regionalpolitischen Kom-petenzen auf die Mitgliedstaaten und einer Beschränkung der Strukturfonds auf die Zahlung eines zweckgebundenen Finanzausgleichs. Dazu sollten die vier existierenden Fonds zusammengelegt und durch Kredite der Europäischen Investitionsbank ergänzt werden. Der Finanzausgleich sollte über die nationalen Regierungen an die förderungswürdigen Regionen weitergeleitet werden; die Auswahl sollte sich an einem kombinierten Arbeitsmarkt- und Einkommens-indikator orientieren. Zur Begrenzung der Förderung sollte insgesamt ein Bevölkerungsanteil von 35 vH nicht über-schritten werden, und die einem Mitgliedsstaat zufließenden Mittel sollten 3 vH des nationalen BSP nicht übertreffen, um dessen Absorptionsfähigkeit nicht zu überfordern.
    Folgt man diesem Vorschlag, würde nicht nur das Antrags- und Überwachungsverfahren erheb-lich vereinfacht, sondern auch die politische Verantwortung für den Mitteleinsatz in die Regionen verlagert. Bei einem so initiierten "Wettbewerb der Regionen" besteht eine größere Chance, en-dogene Entwicklungsprozesse einzuleiten.
    Freigabe: 17. August 1999


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    Criteria of this press release:
    Economics / business administration, Law, Politics
    transregional, national
    Research results
    German


     

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