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Wissenschaft
Straßenverkehr und Schüttgüter - naturwissenschaftliche Herausforderung
Morgens auf dem Kölner Ring: rush hour, aber kein Stau - Ist das eine Utopie?
Wie wäre es, wenn ein Zentralcomputer Ihnen per Funk individuelle Routenempfehlungen in Ihr Auto sendete? Mit sekundenschneller Berücksichtigung aktueller Verkehrsdaten?
Sommersmog in der City von Düsseldorf: Welche Maßnahmen könnten zu einer besseren Durchlüftung beitragen oder die gefahrenen Kilometer und damit die Abgasbelastung im Ballungsgebiet reduzieren oder besser verteilen?
Diese Beispiele zeigen, daß Straßenverkehr eines der dringendsten Probleme unserer mobilen Gesellschaft ist. Verkehrsprognosen, -planung und -kontrolle zählen zu den großen wissenschaftlichen und technologischen Herausforderungen. Sie erfordern ein detailliertes Verständnis der grundlegenden dynamischen Phänomene, ein engmaschiges System von Meßpunkten, leistungsfähige Computer und clevere Algorithmen zur Verarbeitung der Daten. Die enormen Fortschritte bei der Wettervorhersage, einer anderen "grand challenge", während der letzten 20 Jahre könnten sich dann in diesem Bereich wiederholen.
In jüngster Zeit sind diesbezüglich wesentliche Fortschritte erzielt worden; zum Beispiel versteht man heute den "Stau aus dem Nichts" recht gut, indem man einerseits nichtlineare hydrodynamische Gleichungen benutzt, andererseits neue diskrete Zugänge entwickelt hat, in denen man die Verkehrsteilnehmer individuell beschreibt. Allerdings sind viele relevante Fragen ungeklärt und Gegenstand intensiver Forschung, zum Beispiel Mehrspurverkehr, Straßennetzwerke, Einfluß von Hindernissen und von regulierenden Maßnahmen wie Geschwindigkeitsbeschränkungen. Konzeptionell zeigen sich Parallelen zwischen dem Strom von Fahrzeugen auf einer mehrspurigen Straße einerseits und dem Fluß von granularer Materie (Sand, Tabletten, Getreide, etc.) durch ein Rohr andererseits. Dabei hat der Stau seine Entsprechung in den Dichtewellen ("Verstopfung"), die man in den Schüttgütern beobachtet. Auch andere Parallelen zwischen dem Fließverhalten granularer Materie und dem Verkehr werden vermutet. Von großer Bedeutung für die Verfahrenstechnik sind zum Beispiel die elektrostatische Aufladung granularer Materie und Transportvorgänge in einer Suspension. In beiden Fällen spielen langreichweitige Wechselwirkungen zwischen den Teilchen eine Rolle, deren Gegenstück im Straßenverkehr eine Kommunikation und Kopplung zwischen weiter entfernten Fahrzeugen wäre. Die Erforschung von Verkehr und von granularer Materie ist auch vom Gesichtspunkt der Grundlagenforschung her hochaktuell: Strukturbildung, Skaleninvarianz, Dynamik fern vom Gleichgewicht und Ungeordnete Systeme sind nur einige der Schlüsselworte. Nur selten ergibt sich die Chance, Konzepte aus der Grundlagenforschung so unmittelbar anwendungsnah umzusetzen.
Das Höchstleistungsrechenzentrum (HLRZ) im Forschungszentrum Jülich wird vom 9. bis 11. Oktober 1995 in einer Konferenz "Traffic and Granular Flow" erstmals weltweit diese beiden Forschungsrichtungen und die beteiligten Disziplinen zusammenführen (Informatik, Physik, Ingenieur- und Verkehrswissenschaften, Mathematik). Davon erhoffen sich die Organisatoren Prof. D. Wolf (HLRZ), Prof. M. Schreckenberg (Universität Duisburg) und Prof. A. Bachem (Universität Köln) neue Impulse für beide Gebiete.
Literaturhinweise:
1) Schüttgüter: SCIENCE, März 1992, S. 1523 ff (H.M.Jaeger & Sidney R. Nagel: Physics of the Granular State)
2) Verkehr: SCIENCE, Juni 1994, S. 36 ff. (Bob Holmes: When shock waves lait traffic) Peter Schaefer
Criteria of this press release:
Information technology
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German
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