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Wissenschaft
Osnabrueck, 26. August 1996 / Nr. 107/96
Ein Drittel unseres Stroms kann von der Sonne kommen
Osnabruecker Systemwissenschaftlerin berechnet das Potential unserer Dachflaechen fuer Solaranlagen
Von Olaf Fritsche
Rund ein Drittel ihres Jahresbedarfs an Strom koennten Grossstaedte mit Solarstrom abdecken. Dafuer muessten nur die schon vorhandenen Dachflaechen mit Solarzellen ausgeruestet werden, die Sonnenlicht in elektrischen Strom umwandeln. An heiteren Tagen reicht die Sonneneinstrahlung sogar aus, um zur Mittagszeit fuer ein paar Stunden den gesamten Strom zu liefern. Das hat Sonja Schultz jetzt in ihrer Dipiomarbeit am Institut fuer Umweltsystemforschung der Universitaet Osnabrueck nachgewiesen. "Sogar im Norden lohnt sich Solarstrom", ist ihr Fazit.
Am Beispiel eines durchschnittlichen Osnabruecker Stadtteils ermittelte sie die Dachflaeche, die fuer eine technische Nutzung der Sonnenenergie geeignet ist. Die Wissenschaftlerin ging dabei von Liegenschaftskarten und Luftbildaufnahmen aus, deren Informationen sie kombinierte und mit einem selbst entworfenen Computerprogramm verarbeitete. Auf Rundgaengen vor Ort ergaenzte sie ihre Daten um wichtige Details wie die Dachneigung, Schattenwurf durch Baeume und benachbarte Haeuser sowie die Lage von Fenstern und Schornsteinen. Die Daecher von Kirchen und denkmalgeschuetzten Gebaeuden wurden aus den Berechnungen herausgenommen, da sie nur in Ausnahmefaellen genutzt werden duerfen oder koennen.
Ein Drittel der untersuchten Dachflaeche erwies sich als geeignet, um mit Solaranlagen bestueckt zu werden. Hochgerechnet auf ganz Osnabrueck stuenden 2.330.860 Quadratmeter fuer die Nutzung der Sonnenenergie bereit - soviel wie 320 Fussballfelder! Der groessere Teil dieser Daecher, so Sonja Schultz, zeigt in Richtung Suedwest bis Suedost, was fuer Solaranlagen optimal ist. Doch auch Flaechen, die mehr nach Osten oder Westen weisen, lassen sich nutzen, um die Sonnenenergie einzufangen.
"Wieviel Strom liesse sich gewinnen, wenn alle diese Flaechen mit Solarzellen ausgeruestet waeren?", fragte die Wissenschaftlerin in ihrer Arbeit. Sie berechnete fuer drei repraesentative Tage des Jahres die Sonneneinstrahlung und die elektrische Energie, die handelsuebliche Solarmodule unter diesen Bedingungen liefern koennten. Die Ergebnisse verglich sie mit dem Stromverbrauch von Osnabrueck und kam zu dem ueberraschenden Schluss: "An heiteren Tagen wuerden die Solaranlagen zur Mittagszeit mehr Leistung bringen als die ganze Stadt benoetigt." Selbst an trueben oder bewoelkten Tagen liessen sich mit Sonnenstrom 20 bis 30 Prozent der Nachfrage am Mittag decken. "Ueber das ganze Jahr gerechnet, koennte Osnabrueck ein Drittel seines Strombedarfs mit Solarstrom befriedigen", erklaert Sonja Schultz, "Sonnenenergie ist damit ebenso leistungsfaehig wie Kernkraft, Braun- und Steinkohle, die jeweils etwa 30 Prozent zu unserer Bruttostromerzeugung beitragen."
In ihrer Diplomarbeit hat Sonja Schultz vorgerechnet, dass die vorhandenen Dachflaechen in unseren Grossstaedten ausreichend sind, um sinnvoll die Sonnenenergie zu nutzen. Auf die Frage, ob wir den Umstieg auf regenerative Energiequellen denn bezahlen koennen, antwortet sie:"Gewiss wird Energie dann mehr kosten. Aber angesichts der drohenden Klimakatastrophe und der schwindenden Vorkommen an Kohle, Erdoel, Erdgas und Uran darf die Frage nicht lauten:,Koennen wir uns Solarstrom leisten?', sondern: ,Koennen wir es uns leisten, Solarstrom noch laenger zu vernachlaessigen?'"
Criteria of this press release:
Biology, Environment / ecology, Oceanology / climate
transregional, national
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