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Wissenschaft
Von Deutschland aus ist die mongolische Stadt rund neun Flugstunden entfernt: Karakorum, die ehemalige Hauptstadt des sagenumwobenen Herrschers Dschingis Khan. Zeitweise reichte von dort aus die Ausdehnung seines Weltreichs bis nach Osteuropa, was heute einer Flugzeit von acht Stunden entspricht. "47 Grad 12 Minuten nördliche Breite, 102 Grad 50 Minuten östliche Länge und 1460 Meter über dem Meer" liest Susanne Kühn am Display des GPS-Empfängers die Koordinaten für diesen Ort ab. Sie und Michael Tisler sind Studierende des Fachbereichs Geoinformationswesen der Fachhochschule Karlsruhe - Hochschule für Technik. Beide sind Mitglieder einer 20-köpfigen mongolisch-deutschen Forschergruppe, die Teile der ungefähr 1,6 Quadratkilometer umfassenden Hauptstadt exakt vermessen und auch wieder entstehen lassen will - als virtuelles Computermodell.
Unter der Schirmherrschaft und im Beisein des damaligen Bundespräsidenten Roman Herzog wurde im Herbst 1998 in Karakorum ein Vertrag über dieses Forschungsprojekt zwischen der Mongolischen Akademie der Wissenschaften, der Kommission für Allgemeine und Vergleichende Archäologie in Bonn (KAVA) und der Bonner Universität geschlossen. Die erste Kampagne dauerte fünf Wochen und war den Vorarbeiten gewidmet. Von ihr kehrten die Teilnehmer gerade wieder zurück. Sie brachten eine Menge Vermessungsdaten mit, die über Diplomarbeiten in den nächsten Monaten ausgewertet werden.
Karakorum wurde im Jahr 1220 gegründet, 15 Jahre später wurde der Palast errichtet. Seine Ausgrabung wird ein Schwerpunkt der Arbeiten der nächsten Jahre sein. Was ist heute noch von ihm zu sehen? Nur die leichten Bodenerhebungen lassen Strukturen erahnen, beispielsweise Mauerverläufe scheinen erkennbar. Luftbilder des Gebiets, die nun in Karlsruhe ausgewertet werden, zeigen durch Vegetationsänderungen an bestimmten Stellen ebenso geometrische Strukturen. "Eine Beschreibung des Orts haben wir von Wilhelm von Rubruck, einem Franziskaner, der sich 1253/54 mehrere Monate am Hofe aufhielt und ein detailliertes Bild vom Leben in der mongolischen Hauptstadt hinterlassen hat" berichtet Grabungsleiter Dr. Hans-Georg Hüttel von der KAVA.
Die geophysikalischen Messungen, die hauptsächlich auf dem Areal des Palastes durchgeführt wurden, sollen Informationen über die Strukturen im Boden liefern. Nach der ersten Kampagne ist die Hauptaufgabe für alle beteiligten Wissenschaftler aus unterschiedlichen Disziplinen, die unterirdischen und oberirdischen Messdaten möglichst dreidimensional darzustellen und miteinander so zu kombinieren, dass letztendlich die interessantesten Grabungsbereiche festgelegt werden können. Eine Ausgrabung des gesamten Gebiets würde Jahrzehnte in Anspruch nehmen, denn Chinesen hatten 1380 die gesamte Stadtanlage dem Erdboden gleichgemacht. Das wenige, was stehen blieb, kam 1586 den Erbauern eines buddhistischen Klosters gerade recht: Im Süden der Stadt errichteten sie darauf die Fundamente. Das Kloster Erdene Zuu mit seiner 1600 Meter langen Umfassungsmauer ist heute eine der Hauptattraktionen der Mongolei.
Zunächst spannen die Karlsruher Studenten nach den Strapazen ein paar Tage aus. "Schatten gab es keinen in der Steppenlandschaft", so Michael Tisler aus dem Fachbereich Geoinformationswesen, "meist schien die Sonne vom blauen mongolischen Himmel". Doch danach geht es gleich wieder an die Arbeit, schließlich soll die Hauptstadt Dschingis Khans wieder entstehen, wenn auch als virtuelles Computermodell.
Susanne Kühn und Michael Tisler, Studenten des Fachbereichs Geoinformationswesen an der Hochschule f ...
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Criteria of this press release:
Geosciences
transregional, national
Research results
German
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