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Bochumer Juristen betreten unerforschtes Terrain: In einem neuen Forschungsprojekt, das vor kurzem gestartet ist, geht es um die Praxis staatlicher Auftragsvergabe und den - weitgehend - unklaren Rechtsrahmen, in dem sich der Staat dabei bewegt. Im Fokus stehen Aufträge für Berater, zum Beispiel Unternehmensberatungen. Die rechtlichen Rahmenbedingungen klopfen nun Wissenschaftler der Forschungsstelle für Verwaltungsrechtsmodernisierung und Vergaberecht (FVV) der RUB ab.
Bochum, 05.12.2005
Nr. 390
Die Beraterrepublik
Bochumer Juristen betreten unerforschtes Terrain
RUB-Forschungsprojekt zur staatlichen Auftragsvergabe
Bochumer Juristen betreten unerforschtes Terrain: In einem neuen Forschungsprojekt, das vor kurzem gestartet ist, geht es um die Praxis staatlicher Auftragsvergabe und den - weitgehend - unklaren Rechtsrahmen, in dem sich der Staat dabei bewegt. Im Fokus stehen Aufträge für Berater, zum Beispiel Unternehmensberatungen. Die rechtlichen Rahmenbedingungen klopfen Wissenschaftler der Forschungsstelle für Verwaltungsrechtsmodernisierung und Vergaberecht (FVV) der RUB unter Leitung von Prof. Dr. Martin Burgi ab. Die Fritz-Thyssen-Stiftung finanziert das Projekt.
Beratung: Ein weites Feld
Es gibt so gut wie keinen Bereich mehr, in dem der Staat nicht externen Sachverstand hinzuzieht. Dieses "Beratungsfeld" entdecken verstärkt Unternehmensberater für sich, wobei immer wieder spektakuläre Fälle von sich reden machen. So hatte die Bundesagentur für Arbeit Dienstleistungen im Wert von 12,4 Mio. Euro größtenteils ohne eine Ausschreibung vergeben, obwohl seit 1999 bei bestimmten Auftragswerten grundsätzlich europaweite Ausschreibungen vorgeschrieben sind. Beispiel Niedersachsen: Hier wurden von 1994 bis 2002 Beratungsverträge für insgesamt 28,3 Mio. Euro vergeben, davon rund 85 Prozent ebenfalls ohne vorherige Ausschreibung.
Vergaberecht von A bis Z
"Die Aktualität des Themas ist ungebrochen", sagt Prof. Dr. Martin Burgi, "vor allem nach den Regierungswechseln in Berlin und Düsseldorf und den damit verbundenen Umstrukturierungen, die von Unternehmensberatern begleitet werden dürften." Die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Beauftragung von Unternehmensberatern untersucht nun die Forschungsstelle für Verwaltungsrechtsmodernisierung und Vergaberecht der RUB. Ziel der Bochumer Juristen ist, den weitgehend ungeklärten Rechtsrahmen für die Beauftragung von Unternehmensberatern durch den Staat zu systematisieren und weiterzuentwickeln. Dabei decken sie das Thema von A bis Z ab: von den materiellrechtlichen Fragen auf den verschiedenen Verwaltungsebenen, über verfassungs- und europarechtliche Aspekte bis hin zum Rechtsvergleich mit dem Mutterland der Unternehmensberatung, den USA.
Der Staat in der Klemme
Nach dem Grundgesetz geht die Staatsgewalt vom Volke aus und wird durch die Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Judikative ausgeübt. Doch ist dies noch gewährleistet, wenn sich die staatlichen Organe bei der Erfüllung ihrer Aufgaben von Unternehmensberatern unterstützen lassen? Formal bleiben die staatlichen Funktionsträger in der Entscheidungsverantwortung, aber ist diese tatsächlich vorhanden, wenn der gegebene Rat "blind" übernommen wird und wenn immer mehr Wissen verloren geht? Diese zentralen Fragen werden die Bochumer Forscher in den kommenden zwei Jahren beantworten. "Andererseits soll der Staat wirtschaftlich handeln und keine kostspieligen Expertenstäbe bereithalten oder ausbauen", sagt Markus Segeth, der das Projekt an der FVV koordiniert. "Will man, dass er sich auf Kernaufgaben beschränkt, wird der Beratungsbedarf weiter steigen - teilweise durch die auf Personalkürzungen und Ausgliederung zielenden Vorschläge der Berater selbst."
Neue Herausforderungen im Vergaberecht
Bei der Auswahl des richtigen Beraters setzt das Vergaberecht einen Rahmen, innerhalb dessen sich der Staat bewegen muss, um Wettbewerb, Transparenz und eine diskriminierungsfreie Auftragsvergabe zu gewährleisten. Problematisch ist allerdings, dass das Vergaberecht auf standardisierte Leistungen (vor allem Bauleistungen) zugeschnitten ist, wohingegen die Dienstleistungen von Unternehmensberatern durch kreative und zukunftsoffene Elemente gekennzeichnet sind. Das Forschungsprojekt soll daher vor allem klären, ob das Vergaberecht dieser neuen Herausforderung gerecht werden kann.
Weitere Informationen
Markus Segeth, Forschungsstelle für Verwaltungsrechtsmodernisierung und Vergaberecht (FVV), Juristische Fakultät der RUB, Tel. 0234/32-22282, E-Mail: Markus.Segeth@rub.de, Internet: http://www.rub.de/fvv
Criteria of this press release:
Economics / business administration, Law, Politics
transregional, national
Research projects
German
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