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12/12/2005 10:03

RUB-Publikation zeigt, wer Herodes wirklich war

Dr. Josef König Dezernat Hochschulkommunikation
Ruhr-Universität Bochum

    Den Kindermord von Bethlehem soll er in Auftrag gegeben haben, aus Angst, das Jesuskind könne ihm seine Stellung als König der Juden streitig machen. Die Tötung Johannes des Täufers soll er angezettelt haben. Und am Tod Jesu soll er auch beteiligt gewesen sein. Die Bibel lässt kein ein gutes Haar an Herodes dem Großen. Doch wie kann er zum Beispiel den Kindermord von Bethlehem angezettelt haben, wenn er zu dem Zeitpunkt schon tot war? Eine genaue Betrachtung der historischen Daten zeigt, dass der judäische König keineswegs der blutrünstige Tyrann war, als den ihn das Neue Testament darstellt. In ihrem Buch "Herodes der Große", räumt Professor Dr. Linda-Marie Günther (Fakultät für Geschichtswissenschaft der RUB) mit den Märchen auf, die sich um Herodes den Großen ranken.

    Bochum, 12.12.2005
    Nr. 398

    Grausamer Kindermörder oder kluger Politiker
    RUB-Publikation zeigt, wer Herodes wirklich war
    Um Herodes den Großen ranken sich viele Ammenmärchen

    Den Kindermord von Bethlehem soll er in Auftrag gegeben haben, aus Angst, das Jesuskind könne ihm seine Stellung als König der Juden streitig machen. Die Tötung Johannes des Täufers soll er angezettelt haben. Und am Tod Jesu soll er auch beteiligt gewesen sein. Die Bibel lässt kein ein gutes Haar an Herodes dem Großen. Doch wie kann er zum Beispiel den Kindermord von Bethlehem angezettelt haben, wenn er zu dem Zeitpunkt schon tot war? Eine genaue Betrachtung der historischen Daten zeigt, dass der judäische König keineswegs der blutrünstige Tyrann war, als den ihn das Neue Testament darstellt. In ihrem Buch "Herodes der Große", räumt Professor Dr. Linda-Marie Günther (Fakultät für Geschichtswissenschaft der RUB) mit den Märchen auf, die sich um Herodes den Großen ranken.

    Eine bedeutende Gestalt der Antike

    Herodes I. gehört für Linda-Marie Günther unweigerlich in die Reihe der Monographien über bedeutende Gestalten der Antike. Erstens, weil er ein Großer in der Geschichte seines Volkes und Landes war. Zweitens, weil literarische Überlieferungen ein deutliches Bild von seinen Taten, Motiven und Wesenszügen vermitteln. Und drittens, weil er einen festen Platz in der historischen Erinnerung der Europäer hat. Diese Erinnerung verdankt Herodes jedoch einer Verleumdung. Nach Studie von Linda-Marie Günther ist er nicht der Kindermörder von Bethlehem. Außerdem hat nicht er, sondern sein Sohn Herodes Antipas, den Tod von Johannes dem Täufer auf dem Gewissen.

    Quellenautor Flavius Josephus

    In ihrem Buch setzt sich Günther vor allem mit den Überlieferungen des jüdischen Geschichtsschreibers Flavius Josephus auseinander. Seine beiden Werke "Jüdische Altertümer" und "Jüdischer Krieg" sind die Grundlage für alle weiteren literarischen Interpretationen über Herodes. Das Bild, das Josephus vermittelt, ist jedoch alles andere als zuverlässig und schon gar nicht objektiv. Das liegt zum einen daran, dass seine Werke drei Generationen nach Herodes Tod entstanden sind. Zum anderen spielt auch die Nichtakzeptanz der Juden gegenüber Herodes eine Rolle. Da seine Familie nicht aus Judäa, sondern aus Idumäa stammte und zwangsweise zum Judentum bekehrt wurde, galt er als Halbjude. Noch dazu hatte er ein für sein Volk unverständliches politisches Ziel: Die Vermischung der hellenistischen und römischen Kultur mit der Kultur der Juden.

    Hellenistischer Herrscher

    In den acht Kapiteln ihres Buches dokumentiert Günther das Leben von Herodes anhand verschiedener Berichte. Sie beschreibt seinen Aufstieg, seine Machtübernahme als König, und wie er als solcher einer der erfolgreichsten Herrscher über das jüdische Volk wurde. Detailliert schildert sie, wie der junge König durch strategische Schachzüge versucht, seine Machtstellung zu sichern. Dabei sieht sie ihn als typisch hellenistischen Herrscher und klugen Politiker, nicht als einen schlichten Gefolgsmann Roms oder als einen dummen Gewaltherrscher in Judäa.

    Ein Klassiker

    Linda-Marie Günther beschreibt Herodes den Großen als historische Persönlichkeit jenseits aller ideologischen Verzerrungen. Er war kein blutrünstiger Kindermörder, sondern ein strategischer Politiker, dem es gelang, sich in den turbulenten Jahren des römischen Bürgerkriegs an der Macht zu halten. Als Herrscher in der Tradition hellenistischer Monarchen brachte er seinem Land wirtschaftlichen Aufschwung.

    Titelaufnahme

    Günther, Linda-Marie: Herodes der Große, erschienen in der Reihe Gestalten der Antike. Darmstadt, Wissenschaftliche Buchgesellschaft 2005, ISBN 3-534-15420-7, 34,90 Euro.

    Weitere Informationen

    Prof. Dr. Linda-Marie Günther, Fakultät für Geschichtswissenschaft der Ruhr-Universität Bochum, 44780 Bochum, Tel: 0234-32-28689, E-Mail: Linda-Marie.Guenther@ruhr-uni-bochum.de


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    Buchcover
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    Criteria of this press release:
    History / archaeology
    transregional, national
    Research results, Scientific Publications
    German


     

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