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Wissenschaft
Neuer Band zur "Theorie und Praxis der Werbung in den Massenmedien" liegt vor
Jena (16.12.05) Im Kino läuft sie en bloc vor dem Hauptfilm, private Fernsehanstalten bauen sie gezielt in dramatische Filmszenen ein, in der Tageszeitung findet sie sich als Anzeige zwischen Börsennachrichten und Lokalspitzen - Werbung. Mit Großfotos und eingängigen Slogans auf Plakaten an Ampelkreuzungen werden die Blicke potenzieller Kunden auf Konsumgüter gelenkt und mit animierten Comics schicken Unternehmen ihre Werbebotschaften im Internet rund um den Globus. Die Produzenten von Autos, Kosmetika, Bier oder Waschmitteln geben alljährlich Milliarden für Anzeigen, Funkspots und raffinierte TV-Werbefilme aus und nehmen damit auch zunehmend Einfluss auf Medienproduktion und -inhalte. Dennoch gebe es bislang "weder eine systematische Beschreibung noch eine umfassende theoretische Erklärung des Werbeverhaltens und seiner kurz- und langfristigen Veränderungen", stellt der Medienökonom Prof. Dr. Wolfgang Seufert von der Friedrich-Schiller-Universität Jena in der gerade erschienenen Publikation "Theorie und Praxis der Werbung in den Massenmedien" fest.
Auch das knapp 290 Seiten starke Buch aus der Nomos-Verlagsgesellschaft Baden-Baden erhebt keinen Anspruch, das Problem umfassend zu beleuchten. Doch es fasst die Ergebnisse von 15 Forschungsthemen zusammen, die auf dem gleichnamigen, von Seufert veranstalteten Workshop der Fachgruppe Medienökonomie der Deutschen Gesellschaft für Publizistik und Kommunikationswissenschaft (DGPuK) im November 2004 in Jena vorgestellt wurden. Damit bietet der Sammelband eine Fülle an aktuellen Fakten, Zahlen und Zusammenhängen, mit denen die ökonomischen und gesellschaftlichen Abhängigkeiten zwischen Medien und werbender Wirtschaft beschrieben und erklärt werden können.
Die Klammer bilden die Beiträge von Wolfgang Seufert und Manfred Knoche. Der Jenaer Kommunikations-Professor Seufert beschreibt zu Beginn die Dimension des Marktes, um den es geht: Für die Werbung in Massenmedien werden in Deutschland in normalen Jahren 15 Milliarden Euro ausgegeben, im Konjunktur-Superjahr 2003 waren es fast 18 Milliarden Euro. In seiner Analyse zeigt er, welche Verschiebungen es dabei zwischen den verschiedenen Medien gegeben hat und belegt mit der Statistik, dass es offensichtlich eine "relativ stabile Affinität" zwischen bestimmten Produktgruppen und bevorzugten Werbemedien gibt. So gaben etwa Hersteller von Bier, Schokolade und Süßwaren sowie Waschmitteln zwischen 1998 und 2003 stabil 75 bis 100 Prozent ihres Werbeetats für Hörfunk- und TV-Werbung aus. Banken und Versicherungen bauten in der gleichen Zeit ihre Anteile von 42 auf 50 Prozent aus. Die Computerbranche dagegen reduzierte ihre Funkmedienpräsenz seit 2000 von 25 auf 10 Prozent. Der Blick auf aktuelle Entwicklungen in der Medienlandschaft - Stichworte sind hier: Digitalisierung oder verändertes Mediennutzungsverhalten - lässt Seufert nach qualitativen Werbeträgereigenschaften und künftigem Rezipientenverhalten fragen.
Der Salzburger Kommunikationswissenschaftler und Medienökonom Prof. Knoche erläutert am Ende des Buches anschaulich, warum Werbung nicht einfach nur "notwendiges Übel", sondern "notwendiges Lebenselixier für Medienwirtschaft, Wirtschaft und den Kapitalismus insgesamt" ist. Er spannt den Bogen von den ökonomischen Funktionen von Werbung und Massenmedien bis zu ihrer "Ideologieproduktion". Knoche beschreibt "Produkt- und Markenwerbung" als "Waffen" im Konkurrenzkampf der Warenproduzenten um die Käufer und Branchenwerbung etwa von Automobilherstellern als Mittel, um gemeinsame Interessen gegenüber anderen Anbietergruppen, etwa der Bahn, zu vertreten. Für den Medienökonomen sind auch allgemein für den Konsum werbende redaktionelle Beiträge und Programme in den Medien "kostenlose" Serviceleistungen für Produzenten und Sponsoring ein "viel benutztes Zahlungsmittel" in der Werbung.
Welche Konsequenzen diese Verbindung speziell für den Sport hat, zeigt der Beitrag von Mit-Herausgeber Jörg Müller-Lietzkow von der Friedrich-Schiller-Universität auf. Der Autor belegt die wachsende Abhängigkeit zwischen Sport und Medien, die nur dann hohe Werbeeinnahmen erzielen, wenn das Zuschauerinteresse da ist. Im Gegenzug ziehen schlechte Leistungen von Athleten oder Mannschaften sinkende Einschaltquoten und sinkende Einnahmen nach sich. Davon seien schließlich nicht nur einzelne Sportler, sondern häufig ganze Sportarten betroffen. So seien die Einnahmen des Deutschen Tennisbundes nach dem Abgang der drei Superstars Becker, Graf und Stich deutlich zurückgegangen.
Andere Beiträge in dem Buch befassen sich mit den Auswahlkriterien für bestimmte Werbeträger, Modetrends in der Werbepraxis, der Bewertung von TV-Spots sowie der veränderten Grenzziehung zwischen Werbung und Public Relations. Außerdem beleuchten vier Beiträge die Folgen des veränderten Werbeverhaltens für die Medien selbst.
Die Lektüre des Bandes 13 der bei NOMOS herausgegebenen "Schriften zur Medienwirtschaft und zum Medienmanagement" gibt Publizisten und Kommunikationswissenschaftlern sicherlich viele Anregungen für die eigene Tätigkeit. Der Laie kann danach mit erheblich größerer Medienkompetenz entscheiden, wie er mit "seiner" Werbung umgeht.
Bibliografische Angaben:
"Theorie und Praxis der Werbung in den Massenmedien", Schriften zur Medienwirtschaft und zum Medienmanagement, Band 13, herausgegeben von Prof. Dr. Mike Friedrichsen und Prof. Dr. Martin Gläser, Nomos Verlagsgesellschaft, Baden-Baden 2005, ISBN 3-8329-1549-4, Preis: 39,00 Euro.
Kontakt:
Prof. Dr. Wolfgang Seufert
Bereich Medienwissenschaft der Universität Jena
Ernst-Abbe-Platz 8, 07743 Jena
Tel.: 03641 / 944951
Fax: 03641 / 944952
E-Mail: w.seufert[at]uni-jena.de
Cover der neuen Publikation.
None
Criteria of this press release:
Media and communication sciences
transregional, national
Scientific Publications
German
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