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Wissenschaft
Siebter Workshop der Pidgin- und Kreolsprachen vom 6. bis 8. April 2006 im Institut für Anglistik der Universität Gießen (Philosophikum I, Otto-Behaghel-Str. 10, Haus B, 4. Stock)
Der siebte Workshop der Pidgin- und Kreolsprachen (Seventh Creolistic Workshop) findet vom 6. bis 8. April 2006 unter dem Titel "Simplicity and complexity in pidgins and creoles" am Institut für Anglistik der Justus-Liebig-Universität Gießen statt und wird in diesem Jahr organisiert von Prof. Dr. Magnus Huber, Professur für Englische Sprachwissenschaft und Geschichte der englischen Sprache.
Die "Creolistics Workshops" wurden 1994 von dem bekannten Kreolisten Dr. Philip Baker an der University of Westminster, London, ins Leben gerufenen und finden seither im Ein- bis Dreijahresrhythmus statt. In dieser Zeit haben die Workshops ein hohes Ansehen innerhalb und außerhalb Europas gewonnen, wie sich auch an der Internationalität und an der wissenschaftlichen Reputation zahlreicher Teilnehmerinnen und Teilnehmer ablesen lässt: Zum siebten Workshop werden über 60 Teilnehmer aus Australien, Dänemark, Deutschland, Frankreich, Ghana, Großbritannien, Indien, Italien, Jamaika, Japan, Kamerun, Kanada, den Niederlanden, Norwegen, Österreich, Portugal, Puerto Rico, Russland, Schweden, der Schweiz, Trinidad und den USA in Gießen erwartet.
Gegenstand der "Creolistics Workshops" ist die Beschäftigung mit linguistischen Kontaktphänomenen, wie sie sich vor allem in Pidgin- und Kreolsprachen manifestieren. Pidgins sind Behelfssprachen, die beim Kontakt zweier Sprechergruppen entstehen können, die keine gemeinsame Sprache sprechen. Typische Beispiele sind die so genannten Handelspidgins, die im Zeitalter der europäischen Überseeexpansion durch den Kontakt von Seeleuten, Händlern, Forschern, Missionaren und Kolonisatoren - vor allem Portugiesen, Holländern, Franzosen und Briten - mit Sprechern von afrikanischen, asiatischen oder ozeanischen Sprachen entstanden sind. Natürlich gibt es auch Pidgins, an deren Entstehung nur außereuropäische Sprachen beteiligt waren. Wenn Kinder ein Pidgin als Muttersprache lernten, z.B. auf den Plantagen in europäischen Kolonien, die besonders in der Anfangsphase wegen der heterogenen Herkunft der Sklaven oft von Vielsprachigkeit gekennzeichnet waren, entstand daraus eine Kreolsprache. Solche "Creoles" werden noch heute in vielen Teilen der Welt gesprochen, so etwa auch auf karibischen Inseln oder in Papua-Neuguinea. Da diese Sprachen in Extremsituationen entstanden, in denen aus rudimentärem sprachlichem Material im Stehgreif ein Kommunikationsmittel geschaffen werden musste, griffen Sprecher auf grundlegende und universelle linguistische Strategien und Kategorien zurück. Eine wichtige übergeordnete Frage bei der Beschäftigung mit Pidgin- und Kreolsprachen ist daher die Frage, welchen Aufschluss uns diese in sprachlichen Extremsituationen entstandenen Kommunikationssysteme über das grundlegende Wesen und die Funktion menschlicher Sprache geben können.
Jeder "Creolistic Workshop" beleuchtet in diesem Rahmen einen inhaltlich abgegrenzten Bereich. Interdisziplinärere Fragestellungen und die Kooperation zwischen verschiedenen Fachrichtungen liegen in der Natur der Kreolistik und haben die "Creolistics Workshops" von Beginn an geprägt: Pidgins und Kreolsprachen sind weltweit verbreitet und sind aus dem Kontakt genetisch und typologisch unterschiedlichster Sprachen hervorgegangen. Neben Anglisten befassen sich daher Sprachwissenschaftler aller Fachrichtungen (Allgemeine Sprachwissenschaft, Romanistik/Hispanistik/Lusitanistik, Afrikanistik, Germanistik, Slawistik, usw.) mit diesen Sprachen. Da die Entstehung und Ausbildung von Kontaktsprachen nur in ihrem sozialen und geschichtlichen Kontext verstanden werden kann, haben historische und soziologische Fragestellungen in der Kreolistik einen hohen Stellenwert. Aus diesen Gründen spielt die fächerübergreifende Relevanz bei der Themenfindung für die Creolistics Workshops eine wichtige Rolle.
Beim Gießener Workshop im April 2006 ist in diesem Sinne mit "Simplicity and complexity in pidgins and creoles" ein interdisziplinäres und fächerübergreifendes Thema von hoher Aktualität gewählt worden: Die sprachtypologische Ausrichtung soll Linguisten aus unterschiedlichen einzelsprachlichen Disziplinen die Möglichkeit zum internationalen Austausch und zur Kooperation geben. Neben der allgemeinen Beschäftigung mit Einzelaspekten des Themas in Vorträgen und Diskussionen wird im Rahmen der Tagung auch konkret eine umfassende Datensammlung zu strukturellen Merkmalen möglichst vieler Kontaktsprachen erfolgen. Diese durch einen standardisierten Fragebogen erhobenen Daten zur Phonologie, Morphologie und Syntax sollen in Form eines typologischen Sprachatlanten publiziert werden. Daneben ist ein Band mit vergleichbaren Beschreibungen einzelner Pidgins und Kreolsprachen geplant (Geschichte, Soziolinguistik, strukturelle Beschreibung, Beipieltexte und -aufnahmen). Die Aktualität des Themas ergibt sich aus der in den letzten Jahren intensiv und kontrovers diskutierten Frage, ob Kontaktsprachen einen Sonderfall unter den Sprachen der Welt darstellen, der - neben der besonderen soziohistorischen Herkunft dieser Sprachen - seinen Ausdruck auch in einer mehr oder minder einzigartigen Konstellation struktureller Merkmale findet. Die Frage nach der Simplizität bzw. Komplexität dieser Sprachsysteme soll neue Perspektiven und Wege in der Beantwortung dieser Frage aufzeigen.
Die "Creolistics Workshops" waren von Beginn an ein Forum der Begegnung und des fachlichen Austausches zwischen etablierten Spezialisten und dem wissenschaftlichen Nachwuchs. Diese Tradition der Nachwuchs-Förderung soll auch in Gießen fortgeführt werden.
Kontakt:
Prof. Dr. Magnus Huber
Institut für Anglistik
Otto-Behaghel-Str. 10 B
35394 Gießen
Tel.: 0641/99-30060
Fax: 0641/99-30069
Email: Magnus.Huber@
http://www.uni-giessen.de/anglistik/LING/Staff/huber/
Criteria of this press release:
History / archaeology, Language / literature, Social studies
transregional, national
Miscellaneous scientific news/publications, Scientific conferences
German
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