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Jenaer Kunsthistoriker analysierte "Schlagbilder": Wie die Politik sich selbst in Bildern inszeniert
Jena (25.02.) Shake-hands zwischen Yassir Arafat und Jitzhak Rabin in Washington und Willy Brandts Kniefall am Warschauer Ghetto-Mahnmal: Wer haette diese Bilder nicht sofort abrufbereit vor seinem geistigen Auge praesent? Sie sind zu Signaturen politischer Prozesse geworden - des israelisch-palaestinensischen Friedens und der sozialliberalen Ostpolitik - und sie besitzen, ohne in Marmor oder Granit gemeisselt zu sein, monumentalen, denkmalhaften Charakter. Solche "oeffentlichen Bilder" hat der Jenaer Kunsthistoriker Dr. Michael Diers in seinem neuen, vielbeachteten Buch "Schlagbilder. Zur politischen Ikonographie der Gegenwart" analysiert.
Im Medienzeitalter verankern sie sich tief im allgemeinen Bewusstsein. Sie sind wirkungsmaechtiger als verbale AEusserungen, sie vermitteln gestische Botschaften, und sie konzentrieren unterschwellig emotionale Werte. Indem solche (Presse-)Fotos millionenfach um die Welt eilen, dokumentieren sie einerseits politisches Handeln und werden andererseits selbst zum Instrument der Politik. Politiker wissen sehr genau um ihre Wirkungsmacht und versuchen immer subtiler, Schlagbilder als fokussierte Dokumente ihres erfolgreichen Tuns zu inszenieren. Dass sie dabei der Bildaesthetik und den Sehgewohnheiten der Betrachter/Waehler unterworfen sind, ruft den Kunsthistoriker auf den Plan.
So erkennt Michael Diers zum Beispiel das Washingtoner Rabin-Arafat- Foto als eine arrangierte Polit-Ikone: Der Handschlag als traditionelle Geste der Friedlichkeit, aber auch der Vertragsverbindlichkeit besiegelt die unwiderrufliche Versoehnung der beiden Kontrahenten, und Bill Clintons ausladende Geste mit weit geoeffneten, die beiden umschliessenden Armen ist aus der religioesen Malerei hinlaenglich bekannt. Der amerikanische Praesident als UEbervater der Weltpolitik spendet seinen Segen fuer den Frieden in Nahost? - Fraglos ist diese Aussage kodiert im Bild versteckt.
Gruendlich geht Diers auch auf die Geschichte der politischen Ikonographie mit fruehen Plakaten und Flugblaettern, die vorgeblich gesellschaftspolitische Intention der Benetton-Werbung und politisch instrumentalisierte (Denk-mal-)Kunst im oeffentlichen Raum ein. Farbenlehre, Kompositionsstruktur und Bildrhetorik sind dabei sein Handwerkszeug. Ob nun aber Politiker, die - bewusst oder intuitiv - die im Zeitalter visueller Reizueberflutung einpraegsame Schlagbilder kreieren, Taeter oder Opfer der medialen Mechanismen sind, laesst Diers offen: "Die Fotografie als den Gesetzen der AEsthetik verpflichtetes Bild arrangiert somit auch Politik nach aesthetischen Kriterien. (...) Politik (geht) auf deren Bedingungen ein und entwirft sich in vielen Teilen bildmaessig und bildgemaess."
Michael Diers: Schlagbilder. Zur politischen Ikonographie der Gegenwart. 224 Seiten, zahlr. Abb. Fischer Taschenbuch 13218. DM 24,90.
Criteria of this press release:
Social studies
transregional, national
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German
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