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11/24/1999 09:38

IWH-Wirtschaft im Wandel 15/1999

Ingrid Dede Bereich Öffentlichkeitsarbeit
Institut für Wirtschaftsforschung Halle

    Der Volltext mit Abbildungen und Tabellen zu den einzelnen Beiträgen steht im Internet unter http://www.iwh.uni-halle.de

    Verschuldungsbereitschaft der ostdeutschen Privathaushalte
    ändert sich nur langsam
    Von 1992 bis 1999 hat sich der Anteil der ostdeutschen Haushalte, die mit Krediten belastet sind, von knapp 30 vH auf 34 vH erhöht. Gemessen an den bislang günstigen Bedingungen für die Inanspruchnahme von Krediten sowie dem noch hohen Nachholbedarf bei Wohneigentum ist dies eine eher schwache Verschuldungsdynamik. Nach wie vor sind zwei Drittel der Haushalte der Meinung, daß Anschaffungen erst dann vorgenommen werden sollten, wenn dafür genügend Geld angespart wurde. Zugleich stellen aber 82 vH der Haushalte fest, daß Wohneigentum ohne Kredite nicht zu finanzieren ist. Die Verwendungsstruktur der aufgenommenen Kredite hat sich dahingehend geändert. So wurde im Jahr 1992 rund die Hälfte der Kredite für die Anschaffung von Personenkraftwagen aufgewendet und ein Drittel für Bau- und Modernisierungsvorhaben bzw. für den Kauf von Wohnungen eingesetzt. Im Jahr 1999 hat sich dieses Verhältnis umgekehrt. Damit verbunden ist eine Erhöhung des Kreditvolumens. So hat sich lt. amtlicher Statistik die Verschuldungssumme der über Haus- und Grundbesitz verfügenden Haushalte in den neuen Bundesländern im Jahr 1998 gegenüber 1993 mehr als verdreifacht.
    Die Kreditaufnahme der Haushalte ist stark einkommens- und altersabhängig. Die Haushalte mit dem höchsten monatlichen Haushaltsnettoeinkommen nehmen am häufigsten Kredite auf, wohl auch wegen der gegebenen Sicherheiten. Bei jungen Haushalten stehen die Kredite für die PKW-Anschaffung im Vordergrund; bei Haushalten im mittleren Alter, die über höhere Einkommen und Geldvermögen verfügen, dagegen Kredite für den Kauf und die Modernisierung von Eigenheimen.
    Ruth Grunert (rgr@iwh.uni-halle.de)

    Unternehmenssteuerreform:
    eine Veranlagungssimulation für ostdeutsche Industrieunternehmen
    Zum 1. Januar 2001 ist eine Unternehmenssteuerreform geplant. Neben der mit einer Tarifsenkung verbundenen Entlastung enthält sie auch Gegenfinanzierungsmaßnahmen, die in einer Belastung resultieren. Die konkret von der Regierung diskutierten Maßnahmen werden nachstehend in einer Veranlagungssimulation für ein ostdeutsches Modellunternehmen des Verarbeitenden Gewerbes untersucht. Dabei zeigen sich folgende Auswirkungen:
    Bei isolierter Betrachtung der tariflichen Maßnahmen kommt es, wie erwartet, zumeist zu einer Entlastung des Unternehmens. Diese Entlastung ist bei Personengesellschaften für große Unternehmen relativ stärker als für kleine Unternehmen. Durch die Einführung des Halbeinkünfteverfahrens stehen Steuerpflichtige mit einem hohen persönlichen Grenzsteuersatz nach der Reform einer geringeren Steuerbelastung gegenüber, während die Belastung für Steuerpflichtige mit einem niedrigen Steuersatz steigen wird.
    Die vorgesehenen Gegenfinanzierungsmaßnahmen werden generell jene Unternehmen stärker belasten, die sich aufgrund hoher Investitionen und eines hohen Bestandes an Sachanlagen zuvor durch steuerliche Abschreibungen Liquidität zuführen konnten. Die in der Simulation unterstellte Unternehmensstruktur weist aber gerade diese beiden Merkmale - eine hohe Investitionsintensität und einen hohen Sachkapitalbestand - als charakteristisch für ostdeutsche Unternehmen des Verarbeitenden Gewerbes aus.
    Die Gegenfinanzierungsmaßnahmen treffen kleine Unternehmen, die in Ostdeutschland überproportional vertreten sind, in gleicher Weise wie große Unternehmen. Da die kleinen Unternehmen von der tariflichen Entlastung jedoch nicht so stark profitieren, stehen sie per saldo einer Mehrbelastung gegenüber. Die Vorschläge werden bei Personengesellschaften, die 80 vH der ostdeutschen Unternehmen stellen, zumindest für Steuerpflichtige mit niedrigem Einkommen mit unbilligen Härten verbunden sein.
    Die einzelnen Elemente der Unternehmenssteuerreform haben daher eine besondere Brisanz für den ostdeutschen Unternehmensbestand. Dieses Argument sollte bei den laufenden Planspielen der Bundesregierung einen gebührenden Platz einnehmen.
    Kristina van Deuverden (kdn@iwh.uni-halle.de)


    Europäische Geldpolitik: Einschwenken auf neutralen Kurs
    Mit der Überwindung der konjunkturellen Schwäche im Euroraum entfällt der Grund, der die Europäische Zentralbank (EZB) Anfang April dieses Jahres veranlaßte, den Hauptrefinanzierungssatz um einen halben Prozentpunkt zu senken. Die EZB hat daher die Zinsen wieder angehoben. Dieser Schritt war insofern gerechtfertigt, als die Gefahr einer deutlichen Unterschreitung des Inflationsziels im Zuge der konjunkturellen Abschwächung nunmehr gebannt ist. Bereits durch die zuvor merklich gestiegenen Kapitalmarktzinsen war das monetäre Umfeld weniger expansiv geworden, eine Entwicklung, die durch die zu erwartende Auf-wertung des Euro verstärkt werden dürfte.
    Weitere Zinserhöhungen sind daher vorerst nicht zu erwarten. Gesamtwirtschaftlich sind weder auf der Nachfrageseite noch auf der Angebotsseite Anzeichen für einen verstärkten Preisauftrieb zu erkennen; der Anstieg der Verbraucherpreise wird auf absehbare Zeit unterhalb der von der EZB festgelegten Obergrenze bleiben.
    Eine wichtige Rolle für die Beurteilung der monetären Lage und bei der Identifizierung eines möglichen Handlungsbedarfs der Zentralbank spielt das Produktionspotential und seine Veränderung. Gegenwärtig ist im Euroraum von einem Anstieg des Produktionspotentials in Höhe von knapp 2œ vH und einer leicht negativen Produktionslücke auszugehen. Das Einschwenken der Geldpolitik auf einen neutralen Kurs war somit vor dem Hintergrund eines zu erwartenden Anstiegs des Bruttoinlandsprodukts im Euroraum in Höhe von knapp 3 vH im Jahre 2000 angemessen. Aus heutiger Sicht erscheint zudem ein Referenzwert für das Geldmengenwachstum von 5 vH für das kommende Jahr angebracht. Angesichts der hohen Arbeitslosenquote im Euroraum liegt jedoch ein erhebliches Wachstumspotential brach, dessen Mobilisierung einen kräftigeren Zuwachs des Bruttoinlandsproduktes und des Produktionspotentials ermöglichen würde. Einem damit einhergehenden Anstieg des Geldmengenwachstums müßte die EZB nicht entgegenwirken, um ihr Ziel der Geldwertstabilisierung zu wahren, da ein erhöhter Potentialzuwachs auch eine stärkere stabilitätsgerechte Ausweitung der Geldmenge impliziert.
    Silke Tober (sit@iwh.uni-halle.de)
    Christian Schumacher (csr@iwh.uni-halle.de)


    Bildungsstruktur der Ost-West-Migration:
    Humankapitalverlust Ostdeutschlands gestoppt
    In den Jahren 1989 bis 1997 haben per saldo mehr als eine Million Menschen Ostdeutschland in Richtung alte Bundesländer verlassen. Die Migranten waren meist junge Erwachsene mit überdurchschnittlicher Bildung. Dies ist jedoch kein spezifisches Merkmal der Ost-West-Migration. Auch die von West nach Ost umziehenden Personen sind weit höher qualifiziert als der Durchschnitt.
    Die Binnenwanderung zwischen beiden Gebietsteilen läßt sich in zwei Phasen unterteilen. Die Migration von 1989 bis 1991 fand praktisch nur in einer Richtung statt und war mit einem hohen Initialverlust an Humankapital für Ostdeutschland verbunden. Seit 1992 gibt es dagegen nennenswerte Wanderungen in beide Richtungen. Der seitdem kumulierte Wanderungssaldo der neuen Bundesländer von Personen mit dem höchsten Bildungsniveau ist sogar positiv.
    Eine gewisse Rolle spielt auch gegenwärtig die ausbildungsbedingte Wanderung (Lehre). So ist bis zuletzt vor allem bei den unter 20jährigen der Wanderungssaldo der neuen Bundesländer negativ. Die Ausbildungsmigration kann jedoch, trotz teilweiser Rückkehr nach der Ausbildung, nicht eindeutig als Humankapitalverlust oder -gewinn eingestuft werden.
    Die ostdeutschen Migranten entsprechen in den sozio-demographischen Merkmalen stärker dem Querschnitt der Bevölkerung als die Westdeutschen, die typischerweise etwa 30 Jahre alt, meist ledig und ohne Kinder sind.
    Wolfram Kempe wke@iwh.uni-halle.de)

    Branchenskizze: Ostdeutsche elektrotechnische Industrie
    Die elektrotechnische Industrie hier begrenzt auf die Herstellung von Geräten der Elektrizi-tätserzeugung und -verteilung sowie spezieller elektrischer Ausrüstungen und Erzeugnisse - war, wie die meisten Industriezweige in Ostdeutschland, nach der Einführung der Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion stark geschrumpft. Seit 1994 befindet sie sich auf einem Wachstumspfad. Ihre Produktion hat sich, gemessen am Produktionsindex, von 1995 bis 1998 um reichlich ein Fünftel erhöht. Im Jahr 1998 erwirtschafteten die über 300 Betriebe von Unternehmen mit mehr als 20 Beschäftigten einen Umsatz von 7,7 Mrd. DM; das entspricht einem Anteil am Umsatz der gesamten Branche in Deutschland von 6 vH. Fünf Sechstel des Umsatzes wurden im Inland erlöst. Damit waren die Unternehmen, wie die Jahre zuvor, besonders von der Entwicklung der Binnennachfrage abhängig. Zum Vergleich: Die entsprechenden Unternehmen in Westdeutschland erzielten 1997 und 1998 Exportquoten von 35,4 bzw. 36,1 vH. Ein Drittel des 1998er Umsatzes (in Westdeutschland die Hälfte) resultierte aus dem Verkauf von Elektrizitätsverteilungs- und -schalteinrichtungen.
    Die Mehrzahl der Unternehmen der elektrotechnischen Industrie war nach der Einführung der marktwirtschaftlichen Ordnung im Jahr 1990 nicht wettbewerbsfähig. Die Folge waren, neben der frühzeitigen Stillegung einzelner Betriebe, drastische Produktionseinbrüche und steigende Verluste, die wiederum zu teils kräftigem Personalabbau zwangen. So fielen im Stammwerk des Berliner Kabelwerkes Oberspree (KWO) bis Ende 1991 rund 3.400 der ehemals 5.800 Arbeitsplätze weg. Die Privatisierung der Unternehmen, wodurch etwa ein Drittel in westdeutsches oder ausländisches Eigentum gelangte, führte dazu, daß die Maßnahmen zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit beschleunigt wurden. Z. B. investierten die Betriebe zur Erneuerung ihrer Anlagen im Zeitraum von 1991 bis 1998 insgesamt ca. 2,3 bis 2,5 Mrd. DM. Pro Beschäftigten (im Jahr 1998) war das allerdings immer noch rund ein Fünftel weniger als die Investitionen der Elektrotechnikbetriebe in Westdeutschland. Die Kapitalintensität erreichte 1998 im Schnitt erst etwa 50 bis 60 vH des westdeutschen Branchenniveaus. Die Erreichung der Wettbewerbsfähigkeit der Betriebe wurde auch durch die in einem Stufenplan vereinbarten Schritte zur Tariflohnangleichung an das Niveau der Betriebe in Westdeutschland beeinträchtigt. Weltweite Überkapazitäten auf Teilmärkten, ein zunehmender Wettbewerbsdruck ausländischer Anbieter und Rezessionsphasen in Westdeutschland - die Konjunkturabhängigkeit von der westdeutschen Wirtschaft nahm zu - dämpften überdies die Wachstumsmöglichkeiten. Zahlreiche Unternehmen gerieten deshalb in Liqiditätsprobleme und mußten zum Teil aufgeben. Allein die Zahl der Gesamtvollstreckungsverfahren belief sich von 1995 bis 1998 auf knapp 100 Fälle (410 in der gesamtdeutschen Elektrotechnik). Die ungenügende Rentabilität ist eines der Hauptprobleme der Unternehmen der ostdeutschen elektrotechnischen Industrie. Nach den letztmalig für 1996 veröffentlichten amtlichen Daten haben besonders die Elektromotoren-, Generatoren- und Transformatorenproduzenten mit Verlusten zu kämpfen.
    Am weitesten fortgeschritten in der Wettbewerbsfähigkeit sind die Unternehmen, die elektrische Ausrüstungen, u.a. für die Kraftfahrzeugindustrie, herstellen. Diese Unternehmen erwirtschafteten im Schnitt 1996 zum ersten Male einen Gewinn. 1997 und 1998 steigerten sie die Umsätze um 23 bzw. 31 vH. Die verbesserte Marktposition und die hohe Nachfrage führten dazu, daß 1998 auch zum ersten Male die Beschäftigung (um rund 7 vH) ausgeweitet wurde. Zweistellige Umsatzwachstumsraten und eine Erhöhung der Beschäftigung erzielten in den letzten beiden Jahren außerdem die Lampen- und Leuchtenhersteller. Diese Entwicklungen haben mit dazu beigetragen, daß sich der Beschäftigungsabbau in der ostdeutschen elektrotechnischen Industrie insgesamt erheblich abgeflacht hat.
    Siegfried Beer

    Ostdeutsches Baugewerbe:
    Geschäftsaussichten über den Jahreswechsel hinaus stark abwärtsgerichtet
    Nach den Ergebnissen der IWH-Umfrage unter mehr als 300 ostdeutschen Bauunternehmen hat sich das Baugeschäft im Oktober wie saisonüblich etwas abgeschwächt. Die aktuelle Geschäftslage wurde insbesondere von den befragten Tief- und Ausbaufirmen nicht mehr ganz so günstig eingeschätzt wie im Sommer. Im Hochbau verbesserte sich die Stimmung zwar leicht, der Indikator für die Geschäftslage erreicht aber nur das ohnehin niedrige Niveau vom Vorjahr. Von den insgesamt befragten Unternehmen bewerten 18 vH die aktuelle Geschäftssituation mit "gut", 40 vH mit "eher gut". Mehr als ein Drittel stuft die Lage im Oktober aber mit "eher schlecht" und 8 vH sogar mit ausgesprochen "schlecht" ein.
    Die Geschäftsaussichten signalisieren allerdings eine deutlich stärkere Abwärtstendenz, die auch von den Auftragseingängen vorgezeichnet wird. So fiel laut amtlicher Statistik der Nachfragerückgang in saisonbereinigter Zweimonatsbetrachtung zuletzt zunehmend stärker aus. Das trifft mit Ausnahme des Straßenbaus auf alle Bereiche des Hoch- und auch Tiefbaus zu. Im Wohnungsbau wirken dabei Angebotsüberhänge besonders stark, zugleich werden aufgrund der Umstellung der Förderung vom Abschreibungs- auf das Investitionszulagenmodell weniger Modernisierungs- und Sanierungsleistungen nachgefragt. Am aktuellen Rand ist lediglich der Straßenbau mit einer nahezu stagnierenden Tendenz positiv hervorzuheben.
    Alles in allem ist der Auftragsfluß stark abwärtsgerichtet. Bezogen auf den statistisch verfügbaren Achtmonatszeitraum liegen die Auftragseingänge im Bauhauptgewerbe insgesamt um real 5 vH unter dem Vorjahresniveau, im Wohnungsbau sogar um 12 vH. Auch im Ausbaubereich bleibt der Abwärtstrend bestimmend. Allein der Straßenbau verzeichnet ein einprozentiges Auftragsplus gegenüber den acht Monaten des Vorjahres.
    Angesichts dieser Gesamtkonstellation tendieren die Geschäftsaussichten laut Befragung über den Jahreswechsel hinaus stark nach unten. Die Tatsache, daß der Saldo aus den optimistischen und pessimistischen Stimmen das Vorjahresniveau unterschreitet und zugleich den niedrigsten in einem Oktober erzielten Wert erreicht, dürfte auf ein anhaltendes Übergewicht der kontraktiven Kräfte auch im kommenden Jahr hindeuten.
    Brigitte Loose (blo@iwh.uni-halle.de)


    More information:

    http://www.iwh.uni-halle.de


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    Criteria of this press release:
    Economics / business administration
    transregional, national
    Research results, Scientific Publications
    German


     

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