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11/30/1999 00:00

Der große Umbruch - eine Herausforderung für die Wissenschaft

Dr. Werner Boder Stabsreferat Kommunikation
VolkswagenStiftung

    Neue Förderinitiativen der Volkswagen-Stiftung

    190 Millionen Mark für Wissenschaft und Technik im Jahr 1999

    Hannover (vws) Das Kuratorium der Volkswagen-Stiftung hat auf seiner letzten Sitzung in diesem Jahr drei neue Förderinitiativen beschlossen. Mit dem Schwerpunkt "Einheit in der Vielfalt? Grundlagen und Voraussetzungen eines erweiterten Europas" will sie vor allem Forschung zur Geschichte und Kultur des östlichen Europas anstoßen. Das Programm "Zwischen Europa und Orient - Mittelasien/Kaukasus im Fokus der Wissenschaft" soll das wissenschaftliche Interesse auf die "neuen" Staaten lenken, die nach dem Untergang der Sowjetunion an der Südgrenze der russischen Föderation entstanden sind. Daneben will die Stiftung mit einem Wettbewerb "Perspektiven der Mathematik an der Schnittstelle von Schule und Universität" neue Impulse für das Studium der Mathematik geben. Ferner hat das Kuratorium in zahlreichen Einzelbewilligungen mit seiner Herbstsitzung rund 76 Millionen Mark für Wissenschaft und Technik in Forschung und Lehre bereitgestellt, davon 54,7 Millionen Mark im Rahmen des Niedersächsischen Vorab. Insgesamt rechnet die Stiftung bis zum Ende des Jahres mit einem Fördervolumen von rund 190 Millionen Mark.

    Als vor einem Jahrzehnt der große politische Umbruch den Eisernen Vorhang verschwinden ließ, als die Wege zwischen West und Ost wieder passierbar wurden, erwarteten alle, dass sich vieles ändern würde, vor allem in Europa und in Asien. Aber nur wenige ahnten, wie tiefgreifend und langwierig die Wandlungsprozesse sein würden. Heute machen es schwerwiegende Probleme in weiten Teilen Eurasiens unübersehbar, dass noch enorme Aufgaben zu bewältigen sind, von der Politik, der Wirtschaft, der Kultur - aber auch von den Wissenschaften. Um die ver-schiedenen Disziplinen dazu anzuregen, hat die Volkswagen-Stiftung zwei neue Förderinitiativen ergriffen.

    Grundlagen eines erweiterten Europas

    Mit dem Namen "Europa" gehen wir täglich wie selbstverständlich um. Als ob nicht schon die schlichte territoriale Definition äußerst schwierig wäre, zumal - nach der Beendigung des schlichten Gegensatzes West- und Osteuropa - Begriffe wie Mitteleuropa oder Mittel-Ost-Europa neu besetzt werden. Mit ihrem Schwerpunkt "Einheit in der Vielfalt? Grundlagen und Voraussetzungen eines erweiterten Europas" will die Stiftung insbesondere Forschungen zur Geschichte und Kultur des östlichen Europas anstoßen. Ziel ist, die Vielfalt und Heterogenität dieses Kulturraumes mit seinen Bezügen und Verbindungen zum übrigen Europa zu beleuchten, um damit die historischen und kulturellen Voraussetzungen für das aktuelle Bemühen um ein erweitertes Europa offen zu legen. Dazu sollen verschiedene Disziplinen der Geistes- und Gesellschaftswissenschaften und vor allem west- und osteuropäische Wissenschaftler zusammenarbeiten. Nur so wird man Verständnis (im doppelten Sinne des Wortes) für die unterschiedlichen politischen, ökonomischen, sozialen und mentalen Erfahrungen, Traditionen und Entwicklungslinien gewinnen, die in ihrer Gesamtheit die Entwicklung Europas prägten. Die Volkswagen-Stiftung will dazu beitragen durch die Förderung von Forschungsprojekten, wissenschaftlichen Tagungen, Weiterbildung von Nachwuchswissenschaftlern und Sommerschulen.

    Mittelasien/Kaukasus im Fokus der Wissenschaft

    Mit dem Untergang der Sowjetunion wurde die geopolitische Landkarte nicht nur in Mitteleuropa neu gezeichnet, auch an der Südgrenze der russischen Föderation in Mittelasien und im Kaukasus wurden 70 Millionen Menschen aus rund 100 Ethnien und Sprachen in die Unabhängigkeit entlassen. Mit Armenien, Aserbeidschan, Georgien, Kasachstan, Kirgisistan, Tadschikistan, Turkmenistan und Usbekistan entstanden neue Staaten oder alte Staaten neu, Länder, die sich in ihrer "Mittellage" zwischen Europa und dem Orient befinden.

    Die vielfältigen Aufgaben, vor denen die genannten Länder heute stehen (Bildung neuer politischer Strukturen, Aufbau eines Staatswesens und einer eigenständigen Wirtschaft), sind ebenso vergleichbar, wie die Probleme, mit denen sie bei ihrer Lösung konfrontiert sind (Auseinandersetzung zwischen Ethnien und innerhalb von Ethnien, Auswirkungen des religiösen Fundamentalismus, ökologische Gefahren und anderes mehr).

    Auch hier bietet die Volkswagen-Stiftung in einem "Zwei-Säulen-Programm" eine Reihe von Fördermaßnahmen an. Die erste Säule dient der Stärkung des Forschungsinteresses und der Forschungskapazität zu dieser Region in Deutschland, die zweite soll die Forschung in der Region stärken. Weitere Maßnahmen wie Symposien, Sommerschulen und Sprachkurse sollen eine kommunikative Brücke bilden, die dem Kontakt und der Vernetzung der Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen dient. Das Programm soll sowohl Natur- und Ingenieurwissenschaften als auch Geistes- und Gesellschaftswissenschaften ansprechen.

    Wettbewerb "Perspektiven der Mathematik"

    Mit der digitalen Revolution, die sich inzwischen an der Allgegenwärtigkeit des Computers ablesen lässt, ist die Mathematik zu einer Schlüsseltechnologie geworden. Umso mehr muss der Stand der Mathematik in Deutschland Besorgnis erregen. Im internationalen Vergleich mathematischer Spitzenleistungen sind deutsche Schülerinnen und Schüler in bedenklicher Weise unterrepräsentiert, aber auch ganz allgemein sind die Leistungen des Großteils der deutschen Schüler bestenfalls noch durchschnittlich. Die Volkswagen-Stiftung hat daher ein Programm "Perspektiven der Mathematik an der Schnittstelle von Schule und Universität" in ihre Förderinitiativen aufgenommen. Dazu wird im Frühjahr 2000 ein Wettbewerb ausgeschrieben. Denkbar wäre die Unterstützung von Sommerschulen, Seminarreihen, Samstagsvorlesungen oder von sonstigen Veranstaltungen, die einen neuen, zeitgemäßen Blick auf die Mathematik eröffnen können und deren Zielgruppe Schülerinnen und Schüler der letzten und vorletzten Jahrgangsstufe, Abiturientinnen und Abiturienten, aber auch Fachbetreuer und, wo Interesse besteht, auch Journalisten sind.

    Beispiele von Einzelbewilligungen

    Für eine Untersuchung "Das Interaktionsgeflecht lokaler Akteure und die Normalisierung rechtsextremistischer Gewalt in ostdeutschen Städten" erhält das Institut für interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung der Universität Bielefeld (Prof. Dr. Wilhelm Heitmeyer, Prof. Dr. Otto Backes) im Schwerpunkt "Recht und Verhalten: Entstehung, Wirkung und Fortentwicklung von Recht im Kontext menschlichen Verhaltens" 609 000 Mark. Am Beispiel der Städte Saalfeld und Fürstenwalde soll untersucht werden, welche lokalen Akteure, vor allem Kontrollinstanzen wie Polizei und Gericht, Parteien und Medien, in der lokalen politischen Interaktion für die Verbindlichkeit der demokratischen Grundwerte und der sie schützenden Rechtsnormen eintreten, wie sie zusammenwirken oder auch sich aneinander reiben. Besondere Aufmerksamkeit gilt dabei dem Phänomen der alltäglichen rechtsextremen Gewalt, die das Recht als Medium sozialer Kontrolle in Frage stellt.

    Innerhalb weniger Jahrzehnte hat sich der Rap zu einem weltweit verbreiteten interaktiven Artikulationsmedium entwickelt, das vielfältige Möglichkeiten einer differenzierten Auseinandersetzung mit unterschiedlichen Entwürfen ethnischer und kultureller Identität eröffnet. Der französische Rap, der Elemente des engagierten politischen Chansons aufgegriffen hat, wurde zum Lied der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Randexistenzen des späten 20. Jahrhunderts. Um eine interdisziplinäre Analyse der aktuellen französischen Rap-Szene als Beispiel multikultureller Koexistenz geht es in einem Forschungsvorhaben, für das die Volkswagen-Stiftung auf Antrag von Professor Dr. Eva Kimminich, Freiburg, und Priv.-Doz. Dr. Claudia Krülls-Hepermann, Siegen, im Schwerpunkt "Das Fremde und das Eigene - Probleme und Möglichkeiten interkulturellen Verstehens" rund 580 000 Mark an das Institut für Kommunikationswissenschaft der Universität Münster (Prof. Dr. Siegfried J. Schmidt) bewilligt hat.

    Um die Entwicklung eines Verfahrens, biologische Einzelmoleküle auf mikrostrukturierten Substraten zu positionieren und technisch zu nutzen, geht es in einem Projekt, für das dem Institut für Physikalische Hochtechnologie e.V., Jena (Dr. Michael Köhler) rund 532 000 Mark im Schwerpunkt "Physik, Chemie und Biologie mit Einzelmolekülen" bewilligt wurden. Zentrales Ziel ist die Realisierung und Charakterisierung eines auf einem Einzelmolekül aufgebauten elektronischen Schalters. Bisherige Konzepte zur Realisierung derartiger Bauelemente in Halbleitermaterialien haben den Nachteil, dass sie nur bei kryogenen Temperaturen funktionsfähig sind; mit dem nun geplanten Einsatz eines Biomoleküls soll ein Betrieb bei Zimmertemperatur möglich gemacht werden.

    Bereits in naher Zukunft wird bis zu einem Viertel aller grenzüberschreitenden wirtschaftlichen Transaktionen elektronisch abgewickelt werden. Daraus können, da die Anbieter unterschiedlichen gesetzlichen Regelungen unterliegen, Barrieren für den elektronischen Handel resultieren oder es können Zielkonflikte ausgelöst werden, für die es noch keinen Regelungsmechanismus gibt. Die Volkswagen-Stiftung hat in ihrem Schwerpunkt "Globale Strukturen und deren Steuerung" dem Institut für Wirtschaftspolitik an der Universität zu Köln (Prof. Dr. Juergen B. Donges) 365 000 Mark bewilligt für ein Vorhaben, mit dem die wirtschaftspolitischen Voraussetzungen dafür erarbeitet werden sollen, dass elektronischer Handel die in ihn gesetzten gesamtwirtschaftlichen Erwartungen tatsächlich erfüllen kann.


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    Criteria of this press release:
    History / archaeology, Mathematics, Physics / astronomy, Social studies
    transregional, national
    Research results, Science policy
    German


     

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