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07/04/2006 11:37

Neue Studie beleuchtet den Schulalltag von Christen in der DDR

Dipl.-Ing. Mario Steinebach Pressestelle und Crossmedia-Redaktion
Technische Universität Chemnitz

    Zwischen Repression und Mitmenschlichkeit
    Neue Studie beleuchtet den Schulalltag von Christen in der DDR

    Kirstin Wappler hat vor wenigen Tagen an der TU Chemnitz ihre Dissertation zum Thema "SED-Staat und Kirche - Grenzen der Politisierung am Beispiel von Schulen im katholischen Eichsfeld und protestantischen Erzgebirge" verteidigt. Die vom Politikwissenschaftler Prof. Dr. Eckhard Jesse betreute Arbeit geht der Frage nach, wie Christen im Schulalltag der DDR agierten und wie es ihnen gelang, den umfassenden Politisierungsanspruch der SED zu begrenzen. Für die Studie hat Kirstin Wappler 56 erzählende Interviews mit christlichen Lehrern und Schülern beider Regionen geführt.

    Die Arbeit richtet den Fokus auf die Perspektive der Betroffenen. "Das DDR-Erziehungswesen wird heute oft recht unkritisch reflektiert", schätzt Wappler ein. Deshalb sei es wichtig, daran zu erinnern, dass die SED-Machthaber Schüler systematisch in ihrem Bildungsweg behinderten, die nicht an der Jugendweihe teilnahmen oder sich für die Bausoldaten entschieden. "Christliche Lehrer wurden wegen ihres Bekenntnisses unter Druck gesetzt und in vielen Fällen aus dem Schuldienst entlassen. Trotz anhaltender Repression konnten Christen sowohl im Erzgebirge als auch im Eichsfeld Einfluss geltend machen. Dies gelang in den gemäßigteren 80er Jahren naturgemäß leichter als in den 50er oder 60er Jahren", so Wappler. Neben dem Mut vieler Christen hat die Promoventin beeindruckt, dass es immer - auch kirchenferne - Lehrer gab, die sich engagiert für benachteiligte christliche Schüler eingesetzt haben. "Mitmenschlichkeit erhält sich eben auch unter den Bedingungen einer Diktatur", meint Wappler.

    Doch inwiefern unterschieden sich die Verhältnisse im Eichsfeld und im Erzgebirge? Insgesamt konnte sich die Kirche im Eichsfeld stärker behaupten, da es sich um ein geschlossenes soziales Milieu handelte und die SED diese Region für die Machtetablierung als nachrangig betrachtete. So gelang es der Kirche hier, Schlüsselpositionen mit Katholiken zu besetzen und eine Neulehrerausbildung - wenn auch zeitlich befristet - durchzuführen. Im Erzgebirge, das im Zentrum der Diktaturdurchsetzung lag, musste die evangelische Kirche, die als Volkskirche zudem zentral bekämpft wurde, in den ersten Jahrzehnten herbe Rückschläge verkraften. Unter den erleichterten politischen Bedingungen der achtziger Jahre erlebte die Kirche aber einen Aufschwung, der Zeichen setzte. So gründeten Christen beispielsweise in Drebach ohne staatliche Genehmigung einen christlichen Kindergarten.

    Die Dissertation von Kirstin Wappler wird voraussichtlich im Herbst dieses Jahres als Buch erscheinen. Kirstin Wappler, in Gera geboren und im Olbernhau im Erzgebirge aufgewachsen, arbeitet als Pressereferentin in der Pressestelle der Sächsischen Staatskanzlei in Dresden.

    Weitere Informationen: Kirstin Wappler, Telefon (03 51) 160 65 52, kirstinwappler@web.de


    Images

    Kirstin Wappler
    Kirstin Wappler
    Foto: Johannes Rauhut
    None


    Criteria of this press release:
    History / archaeology, Law, Philosophy / ethics, Politics, Religion, Social studies, Teaching / education
    transregional, national
    Research results, Scientific Publications
    German


     

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