idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Grafik: idw-Logo

idw - Informationsdienst
Wissenschaft

Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instance:
Share on: 
01/14/2000 14:16

Nanotechnologie in der Krebsbekämpfung

Dr. med. Silvia Schattenfroh GB Unternehmenskommunikation
Charité-Universitätsmedizin Berlin

    Tumorzerstörung durch Erhitzen magnetischer, nanometergroßer Teilchen (Symposium im Februar)

    AUS DER MEDIZIN FÜR DIE MEDIEN 1- 2000

    An der Charité sind die letzten Vorarbeiten im Gange, um gegen Mitte dieses Jahres die ersten Krebspatienten mit Hilfe der Nanotechnologie zu behandeln. Die Nanotechnologie, die mit Teilchen in der Größe von milliardstel Metern (bzw. millionstel Millimetern) arbeitet, wird die beherrschende Forschungsrichtung dieses Jahrhunderts werden und hält inzwischen auch Einzug in die Medizin. Die Arbeitsgruppe "Biomedizinische Nanotechnologie"(Leiter:Dr. rer. nat. Andreas Jordan) an der Charité gehört zu einem der sechs vom Bundesforschungsministerium durch Wettbewerb ausgewählten und geförderten sogenannten Kompetenzzentren für die Anwendung von Nanotechnologien.
    Die Arbeitsgruppe befaßte sich zunächst mit den physikalischen Voraussetzungen für den Einsatz nanometergroßer Teilchen in der Krebsbehandlung und stellte fest, daß und in welcher Weise sie sich für die gezielte Erwärmung von Tumoren eignen. Die Tatsache, daß Zellen und Gewebe durch Erwärmung über 40 Grad Celsius erheblich geschädigt werden, wird in der Krebsbekämpfung als Hyperthermie (Überwärmung auf 42 Grad) seit langem genutzt. Denn Überwärmung erhöht die Empfindlichkeit von Tumorgewebe gegenüber zellzerstörenden Medikamenten und Strahlen. Der Erfolg ist aber oft unvollkommen. Denn es gelingt häufig nicht, den Tumor - vor allem wenn er in der Tiefe des Körpers liegt - in allen Teilen gleichmäßig zu erwärmen. Dieser Mangel an Homogenität beruht hauptsächlich darauf, daß die Wärme bisher mit elektrischen Feldern erzeugt wird und die einzelnen Gewebe z.B. Knochen, Muskeln oder Drüsen, unterschiedliche elektrische Eigenschaften haben.
    Jordan hat demgegenüber (im Rahmen des DFG-Sonderforschungsbereichs 273) ein Konzept entwickelt, das zur Erwärmung des Tumors anstelle von Elektrizität ein magnetisches Wechselfeld benutzt. Dabei ist es gleichgültig, in welcher Tiefe ein Tumor verborgen ist. Voraussetzung ist nur, daß zuvor magnetisierbare Substanzen (Magnetite) in den Tumor eingebracht werden. Jordan fand heraus, daß sich für diesen Zweck Eisenoxyd-Teilchen in bestimmter Nanometergröße, die von Zuckermolekülen (Dextran) umhüllt sind, eignen. In Wasser gelöst werden diese Partikel als magnetisierbare Flüssigkeit in den Tumor gespritzt. Dazu ist keine Narkose nötig. Da die Nanoteilchen größer sind als Zellmoleküle, werden sie von den Tumorzellen nicht mehr ausgeschieden. Sobald der Tumor dann- kontaktlos von außen - einem magnetischen Wechselfeld ausgesetzt wird, geschieht zweierlei:
    Zum Einen heizen die magnetischen Wechselfelder gezielt die Depots der Magnetflüssigkeit auf. Bei Tier und Menschen wird das Magnetfeld so gewählt, daß Temperaturen von 45 und 47 Grad entstehen. Gesundes Gewebe um den Tumor herum erwärmt sich dabei nur unwesentlich mit
    Zum Anderen entwickelt sich der von Jordan 1997 erkannte und so bezeichnete "Thermal Bystander Effekt", eine Art Kettenreaktion: Die Eisenoxydteilchen lagern sich ohne Veränderungen im Krebsgewebe hervorzurufen in kleinste Gefäße ein. Sobald die Nanoteilchen das Gewebe auf über 45 Grad erwärmt haben sterben viele Krebszellen bereits ab. Zell- und Zellzwischenräume lösen sich auf, das Zellmaterial verflüssigt sich und die Eisenteilchen verteilen sich in dieser "Nekroseflüssigkeit" homogen. Sobald erneut ein magnetisches Wechselfeld angelegt wird, werden weitere Tumorregionen erfaßt und die Nekroseflüssigkeit breitet sich weiter in den Tumor aus. Bei Mäusen, für die Jordans Arbeitsgruppe 1998 eine Apparatur zur Applikation von Magnetfeldern entwickelt hat, kann auf diese Weise ein großer Brusttumor innerhalb von einer halben Stunde völlig eingeschmolzen werden. Um einen vollständigen Untergang zu erzielen, muß man bei großen Tumoren evtl. Magnetisierflüssigkeit nachspritzen, denn die gleichmäßige Hitzeentwicklung ist abhängig von der Konzentration der Eisenteilchen im Gewebe. Abgebaut wird die Nekroseflüssigkeit mit den Eisenteilchen allerdings nur langsam und zwar durch natürliche Immunmechanismen des Körpers (Phagozytose): Die Eisenteilchen und ihre Hülle werden in Milz und Leber transportiert, wo die Hülle abgebaut wird. Das Eisenoxyd wird in ionische Formen umgewandelt und zum Beispiel in rote Blutkörperchen eingebaut und nach Monaten ausgeschieden.
    Die erste Anwendung am Menschen wird sich auf spezielle Gehirntumore, Glioblastome, richten, für die es bisher keine Heilung gibt. Für die Patienten ist inzwischen ein eigenes "Magnetwechselfeld-Therapie-Gerät" der Firma "MFH Hyperthermiesysteme GmbH" Berlin, entwickelt worden, die mit der Charité per Kooperationsvertrag verbunden ist. Das Gerät befindet sich derzeit im Aufbau in der Strahlenklinik der Charité. Die bisher von Jordan verwendeten Nanoteilchen eignen sich am besten für Glioblastomzellen. Der Forscher konnte nachweisen, daß Krebszellen ganz bestimmte Nanoteilchen weit stärker aufnehmen als gesunde Zellen des selben Gewebetyps. Außerdem hat sich gezeigt, daß für unterschiedliche Tumorarten auch unterschiedliche Partikel nötig sind. Entscheidend ist deren Oberflächengestaltung mit Molekülen und die Größe der Teilchen, von denen abhängt, wieviele von ihnen in bestimmten Zeiteinheiten in Krebszellen eindringen. Die Herstellung geeigneter Nanopartikel ist aufwendig und teuer. Jordan arbeitet dabei unter anderem mit dem in Saarbrücken ansässigen "Institut für Neue Materialien" zusammen.
    Zunächst sollen die Nanoteilchen zwar direkt in den Tumor gespritzt werden, aber langfristig ist vorgesehen, sie so zu umhüllen, daß sie auch über den Blutstrom ihr Ziel erreichen.
    Silvia Schattenfroh

    Jordan wird über Einzelheiten seiner Forschung auf dem "38.th Tutzing-Symposium of Dechema" vom 6.-9. Februar 2000 (Chemical Nanotechnology-From Vision to Products) berichten und ist auch eingeladen, darüber auf der ACHEMA 2000 (26. Ausstellungstagung und Internationales Treffen für Chemische Technik, Umweltschutz und Biotechnologie) vom 22.-27. Mai in Frankfurt am Main, vorzutragen.
    ____________________________________________________________

    Charité
    Medizinische Fakultät der
    Humboldt Universität zu Berlin

    Dekanat
    Pressereferat-Forschung
    Dr. med. Silvia Schattenfroh
    Augustenburger Platz 1
    13353 Berlin

    FON: (030) 450-70 400
    FAX: (030) 450-70-940

    e-mail: silvia.schattenfroh@charite.de


    Images

    Criteria of this press release:
    Medicine, Nutrition / healthcare / nursing
    transregional, national
    Research projects, Research results
    German


     

    Help

    Search / advanced search of the idw archives
    Combination of search terms

    You can combine search terms with and, or and/or not, e.g. Philo not logy.

    Brackets

    You can use brackets to separate combinations from each other, e.g. (Philo not logy) or (Psycho and logy).

    Phrases

    Coherent groups of words will be located as complete phrases if you put them into quotation marks, e.g. “Federal Republic of Germany”.

    Selection criteria

    You can also use the advanced search without entering search terms. It will then follow the criteria you have selected (e.g. country or subject area).

    If you have not selected any criteria in a given category, the entire category will be searched (e.g. all subject areas or all countries).