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01/18/2000 11:40

Generalisierte Angststörungen - eine unerkannte Volkskrankheit

Dipl.Pol. Justin Westhoff UKBF-Pressestelle / MWM-Vermittlung
Universitätsklinikum Benjamin Franklin

    Bis zu fünf Prozent der Menschen in Deutschland leiden an "generalisierten Angststörungen". Die Betroffenen richten Ihre Aufmerksamkeit fast ausschließlich auf tatsächliche oder vermeintliche Gefahrenquellen und leben somit in einem permanenten Stresszustand. Solchen Patienten kann geholfen werden. Vorrangiges Ziel der Therapie ist es, den Aufmerksamkeits- und Denkstil zu ändern. Dazu eignet sich zum Beispiel die kognitive Verhaltenstherapie.
    Am Universitätsklinikum Benjamin Franklin (UKBF) der Freien Universität Berlin / Forschungsgruppe Ambulante Therapie läuft derzeit eine wissenschaftliche Untersuchung zur kognitiven Therapie bei Generalisierten Angsterkrankungen. Die entsprechenden Behandlungen werden von erfahrenen Vehaltenstherapeuten durchgeführt. Die Wissenschaftler stehen potentiellen neuen Patienten (aber auch Ärzten) vom 24.1.2000 für auskünfte und Beratung zur Verfügung, und zwar an unter der Rufnummer 8445-8442, jeweils montags und dienstags von 9.00 bis 14.00 Uhr und mittwochs und donnerstags von 14.00- 19.00 Uhr. (Ansprechpartner: siehe unten)

    Generalisierte Angststörungen sind häufige Erkrankungen, an denen bis zu fünf Prozent der Bevölkerung mindestens einmal in ihrem Leben leiden. Die Störung ist dadurch gekennzeichnet, daß betroffene Personen ihre Aufmerksamkeit bevorzugt auf Gefahrenquellen ausrichten und daß sie vor allem versuchen, eventuelle negative Folgen potentieller Gefahren zu vermeiden. Es kann sich dann ein negativer Gedanke an den anderen reihen, bis regelrechte "Sorgenketten" entstehen. So kann ein Kinderspielplatz, der eigentlich ein Ort der Freude für Kinder und Eltern sein sollte, und an dem man sich entspannen kann, zu einem Ort voller Gefahren werden, wenn man erst einmal anfängt darüber nachzudenken, daß im Sand Hundekot oder Spritzen versteckt sein könnten, oder daß Kinder von Klettergerüsten stürzen und sich schwerste Verletzungen zuziehen könnten. Wenn dieses ständige Besorgtsein einen deutlichen Teil des Alltags bestimmt und mittelbar auch zu erheblichem Leidensdruck führt, dann spricht man von einer generalisierten Angsterkrankung. Folgen sind das Gefühl ständiger psychischer und körperlicher Überlastung, ein Gefühl der verminderten Leistungsfähigkeit, gegebenenfalls Auseinandersetzungen mit Familienangehörigen oder auch "Selbstheilungsversuche", beispielsweise mit Alkohol.
    Das folgende Fallbeispiel soll die Störung etwas erläutern:Seit einigen Jahren leidet Michaela B. (30) unter einem Gefühl ständiger Anspannung. Sie macht sich ständig Sorgen über die Gesundheit der Familie, die Zukunft der Kinder oder den geplanten Urlaub. Kommt das Kind zu spät aus der Schule gerät sie sofort in große Unruhe, weil sie in Gedanken sofort anfängt durchzuspielen, was Schlimmes passiert sein könnte. Geschehen unvorhergesehen alltägliche Dinge, gerät sie leicht aus der Ruhe und denkt immer als erstes an das Schlimmste. Ihr Mann hat sie schon häufiger darauf hingewiesen, sich nicht über alles stets gleich aufzuregen. Die Patientin selbst meint, es wäre schön, wenn sie die Dinge etwas entspannter angehen könnte, was ihr aber nicht möglich ist. Sie klagt über allgemeine körperliche Anspannung, über Schlafprobleme und Konzentrationsschwierigkeiten. Sie hat sich auch schon wiederholt untersuchen lassen, weil sie dachte, eine körperliche Erkrankung zu haben.
    Wie das Fallbeispiel zeigt, leben Patienten mit generalisierten Angststörungen in einem permanenten Streßzustand. Sie fühlen sich schnell überfordert. Da die Tendenz über drohende Gefahren und Katastrophen nachzudenken sie auch im Bett nicht verläßt, kommen sie häufig nicht zur Ruhe und klagen über Schlafstörungen. Diese Störungen werden in vielen Fällen weder von den Betroffenen noch von Ärzten erkannt. Die Patienten erleben sich nicht als psychisch gestört, da die "Sorgen" um die Verspätung des Kindes, die Gesundheit des Mannes oder die Gefahren auf dem Kinderspielplatz von ihnen als "real" erlebt werden. Die Patienten erleben sich als "zu Recht" überfordert, da es so viele Dinge gibt, über die sie sich Sorgen machen müssen. Sie stellen sich von daher bei Ärzten auch am ehesten wegen allgemeiner Streßsymptome, Schlafschwierigkeiten, Verspannungsproblemen oder sonstigen unspezifischen körperlichen Symptomen vor.
    Die richtige Therapie ist nicht, derartige Sekundärsymptome zu behandeln, sondern den Aufmerksamkeits- und Denkstil dieser Patienten zu verändern. Dies geschieht beispielsweise im Rahmen einer kognitiven Verhaltenstherapie. Hierbei lernen die Patienten, daß es nicht die Gefahren der Umwelt sind, die zu dieser ständigen Belastung führen, sondern die ausschließliche Ausrichtung der Aufmerksamkeit auf mögliche Gefahrenquellen und das sich sorgen über die Gefahren. Die Patienten lernen dann am Beispiel des Kinderspielplatzes statt sich ständig über potentielle Gefahren sich Sorgen zu machen, sich an den realen Spiel- und Erholungsmöglichkeiten zu erfreuen.

    Interessierte Ärzte oder Patienten können nähere Informationen einholen über dieForschungsgruppe Ambulante Therapie / UKBF
    Telefon (030) 8445-8442(ab 24.1.00 montags und dienstags von 9.00 bis 14.00 Uhr sowie mittwochs und donnerstags von 14.00- 19.00).
    Ansprechpartner:
    Prof. Dr. M. Linden (Leiter der Forschungsgruppe)Tel. 8445-8439 oder 03328-345-465
    Dipl. Psych. D. Zubrägel (Wiss. Mitarbeiterin), Tel. 8445-8656
    Dipl. Psych. T. Bär (Wiss. Mitarbeiter) Tel. 8445-8655
    Korrespondenzadresse:
    Forschungsgruppe Ambulante Therapie (FAT)
    Psychiatrische Klinik und Poliklinik der FU BerlinEschenallee 3, 14050 Berlin
    Tel. (Sekretariat) (030) 8445-8439, Fax: 8445-8447
    E-Mail: tbaer@zedat.fu-berlin.de


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    Criteria of this press release:
    Medicine, Nutrition / healthcare / nursing, Psychology
    regional
    Research projects, Research results
    German


     

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