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Wissenschaft
Mäuseaugen reagieren bei dämmrigem Licht ähnlich wie manche Digitalkameras: Sie reduzieren ihre Auflösung und steigern im Gegenzug ihre Empfindlichkeit. Spezialisten in der Netzhaut bündeln dazu bei Dämmerung die Information mehrerer Lichtsinneszellen. Wie das ganze funktioniert, haben nun Wissenschaftler der Universität Bonn mit Kollegen aus Oldenburg, Bochum und dem japanischen Kobe festgestellt. Die Studie erscheint am 3. November im renommierten "Journal of Biological Chemistry".
Davon können Kamerabesitzer nur träumen: Bei schlechten Lichtverhältnissen wird das Auge binnen einer halben Stunde mehrere Millionen mal empfindlicher. Eine wichtige Rolle bei der Dunkeladaption spielen die so genannten Amacrin II-Zellen in der Netzhaut: Sie schalten von den vergleichsweise unempfindlichen Zapfen um auf die weit sensitiveren Stäbchen. Da diese nur Helligkeitsunterschiede registrieren und keine Farben, sind nachts alle Katzen grau.
Grau und unscharf: Bei Dämmerung "bündeln" die Amacrin II-Zellen nämlich zusätzlich die Signale von mehreren Stäbchen. Dieser Trick steigert die Empfindlichkeit noch einmal erheblich - ein Grund, warum auch die Entwickler von Digitalkameras ihn gerne anwenden. Sie schalten bei schlechtem Licht häufig mehrere Pixel zu einem zusammen und erhöhen so die Sensitivität des Aufnahmechips.
Trichter im Auge
Wie diese "Pixelzusammenschaltung" im Auge genau funktioniert, war bislang nur ungenau bekannt. Eine Studie unter Bonner Federführung bringt nun im wahrsten Sinne des Wortes mehr Licht ins Dunkel. Demnach scheinen sich bei Dämmerung in den Amacrin II-Zellen der Maus mehr interzelluläre Kanäle zu öffnen. Dadurch schließen sie sich temporär zu einem ausgedehnten Netzwerk zusammen. Dieses Netzwerk bündelt die Informationen mehrerer lichtempfindlicher Stäbchen. Letztlich wirkt das Ganze wie ein Trichter, der die einzelnen elektrischen Impulse benachbarter Stäbchen zu einem Gesamtsignal zusammenfasst.
Bei genügend Licht wird die Signalbündelung abgeschaltet. Den Startschuss dazu gibt das so genannte Dopamin. "Die Netzhaut bildet es bei Lichteinfall", erklärt der Bonner Genetik Professor Klaus Willecke. "Dopamin setzt eine Signalkaskade im Gang, die schließlich dazu führt, dass sich ein ganz bestimmter Kanal in den Amacrin II-Zellen schließt - das so genannte Connexin 36." Auch den passenden Korken für "Cx36" -so die Abkürzung - scheint das Forscherteam schon gefunden zu haben. "Unter Dopamin-Einfluss sorgt augenscheinlich ein bestimmtes Enzym dafür, dass sich eine Phosphat-Gruppe an Cx36 bindet und den Kanal inhibiert", sagt Willecke. Es ist das erste Mal, dass dieser Mechanismus in der Netzhaut direkt nachgewiesen wurde.
Wie wichtig die Signalbündelung ist, zeigen Mäuse, die kein Cx36 herstellen können. Bei ihnen können sich die Amacrin II-Zellen nicht bei Bedarf zusammenschließen. Die Folgen sind für die nachtaktiven Nager gravierend. Willecke: "Bei diesen Tieren ist das Stäbchensehen extrem beeinträchtigt, so dass ihre visuelle Wahrnehmung in der Dämmerung stark eingeschränkt ist."
Protein kinase A mediated phosphorylation of connexin36 in mouse retina results in decreased gap junctional communication between AII amacrine cells. Stephanie Urschel, Thorsten Höher, Timm Schubert, Cantas Alev, Goran Söhl, Philipp Wörsdörfer, Takayuki Asahara, Rolf Dermietzel, Reto Weiler, Klaus Willecke. The Journal of Biological Chemistry, Vol. 281, Issue 44, 3. November 2006
Kontakt:
Professor Dr. Klaus Willecke
Institut für Genetik der Universität Bonn
Abteilung Molekulargenetik
Telefon: 0228/73-4210
E-Mail: genetik@uni-bonn.de
Criteria of this press release:
Biology, Information technology, Medicine, Nutrition / healthcare / nursing
transregional, national
Research results, Scientific Publications
German
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