idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Grafik: idw-Logo

idw - Informationsdienst
Wissenschaft

Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instance:
Share on: 
02/23/2000 14:27

Mehr Transparenz für Swaps und Futures gefordert

Dr. Josef König Dezernat Hochschulkommunikation
Ruhr-Universität Bochum

    Mit sogenannten derivativen Finanzinstrumenten können deutsche Unternehmen viel zu leichtfertig umgehen und sogar ihre Kapitalgeber schädigen. Daher sollte ein neues, willkürfreies Konzept vorgegeben werden, um Derivative in Bilanzen transparenter bewerten zu können. Dieses Fazit zieht der Bochumer Wirtschaftswissenschaftler Marcus Bieker in seiner Diplomarbeit "Die Problematik der Abgrenzung der handelsrechtlichen Bewertungseinheit bei der Bilanzierung von Swaps und Fu-tures".

    Bochum, 23.02.2000
    Nr. 48

    Wider die Willkür des Managements
    Neue Ansätze zur Bilanzierung derivativer Finanzinstrumente
    RUB-Ökonom entwickelt zweckmäßiges Konzept

    Mit sogenannten derivativen Finanzinstrumenten können deutsche Unternehmen viel zu leichtfertig umgehen und sogar ihre Kapitalgeber schädigen. Daher sollte ein neues, willkürfreies Konzept vorgegeben werden, um Derivative in Bilanzen transparenter bewerten zu können. Dieses Fazit zieht Dipl.-Ök. Marcus Bieker in seiner Diplomarbeit "Die Problematik der Abgrenzung der handelsrechtlichen Bewer-tungseinheit bei der Bilanzierung von Swaps und Fu-tures". Seine Untersuchung wurde kürzlich mit einem der "Preise an Studierende '99" der RUB für die beste Arbeit aus der Fakultät für Wirtschaftswissenschaft ausgezeichnet.

    Probleme mit der Rechnungslegung ...

    Seit den 70er Jahren schwanken stärker Zinssätze, Wechselkurse und andere Marktpreise. Daher blüht der Markt für sogenannte derivative Finanzinstru-mente wie Optionen, Swaps und Futures: Sie ermöglichen Unternehmen, mit Risiken zu handeln oder sich gegen Risiken abzusichern. Wie sich diese Finanzinstrumente in der Bilanz eines Unternehmens niederschlagen, ist gesetzlich nicht geregelt und bleibt daher weitgehend dem Management selbst überlassen, das mit diesem Spielraum Gläubiger und Aktionäre schädigen kann. Wie dringlich eine Neuorientierung ist, belegen einige spektakuläre Verlustfälle, z.B. bei der britischen Barings Bank und der deutschen Metallgesellschaft AG. Mit der rasanten Entwicklung der Märkte haben die Rechnungslegungsvorschriften nicht mithalten können. Besondere Probleme bereitet die bilanzielle Behandlung derivativer Finanzinstrumente, die marktpreisabhängige Grundgeschäfte, z.B. Fremdwährungsforderungen, gegen Marktpreisschwankungen absichern sollen (Hedging).

    ...schwebender Geschäfte ....

    Grundsätzlich handelt es sich bei derivativen Finanzinstrumenten um schwebende Geschäfte, die sich erst dann als Rückstellung in der Bilanz niederschlagen, wenn sie in die Verlustzone geraten, z.B. Swaps und Futures: Ein Swap ist eine vertragliche Vereinbarung über gegenseitige Zahlungen zu bestimmten Terminen; ein Future ist ein Vertrag über die Lieferung oder Abnahme einer bestimmten Menge oder Anzahl eines Basiswertes zu einem festen Preis und einem festen Termin. Wie sollen die wirtschaftlichen Absicherungszusammenhänge in der Bilanz abgebildet werden? In Deutschland ist es üblich, sogenannte Bewertungseinheiten zu bilden: Dabei werden nicht mehr einzelne Geschäfte, sondern Kombinationen bewertet, wobei innerhalb der Bewertungseinheit unrealisierte Gewinne und Verluste gegeneinander so verrechnet werden (kompensatorische Bewertung), dass sie in der Bewertungseinheit "verschwinden". Bei dieser gegenseitiger Verrechnung hat das Management sehr große Ermessensspielräume; es kann die wahre Risikoposition eines Unternehmens beschönigen, drohende Verluste verschleiern und das Ergebnis erheblich manipulieren. Für Kapitalgeber und Wirtschaftsprüfer wird das Unternehmen in dieser Hinsicht zur "black box".

    ... handfest machen

    Als Alternativkonzept zu Bewertungseinheiten propagiert Marcus Bieker die generelle Marktbewertung von Swaps, Futures und anderen exakt bewertbaren Fi-nanzinstrumenten. Bilanziert man sie in der Höhe ihres Marktwertes, der dem Barwert der zukünftig aus dem Geschäft erwarteten Zahlungen entspricht, so müssen keine Bewertungseinheiten mehr gebildet werden; bestehende Absicherungszusammenhänge sind automatisch berücksichtigt. Der Willkür des Managements ist ein Riegel vorgeschoben. Nach geltendem Recht ist die reine Marktbewertung in Deutschland jedoch unzulässig, weil die unmittelbar erfolgswirksame Erfassung aller Wertänderungen gegen das Realisationsprinzip verstößt. Werden die rein rechnerischen Bewertungsgewinne vorzeitig ausgeschüttet und versteuert, vermindert sich die potenzielle Haftungsmasse, was bei unerwarteten Kursverlusten fatal für die Gläubiger sein kann.

    Einfach und effektiv bewerten

    Marcus Biekers Lösung dieses Problems ist so einfach wie wirkungsvoll: eine Ausschüttungssperre für unrealisierte Bewertungsgewinne. Mit ihr könnten Bewer-tungsgewinne erst dann erfolgswirksam vereinnahmt und ausgeschüttet werden, wenn sie durch eine Transaktion mit Dritten bestätigt wurden. Diese Überlegung führt zur Kernthese der Arbeit von Marcus Bieker: Die meist als Gefahr für den Gläubigerschutz interpretierte Marktbewertung von Finanzinstru-menten ist im Gegenteil - bei entsprechender Kopplung an eine Ausschüttungssperre - die einzige Möglichkeit, Absicherungszusammenhänge willkürfrei und zweckmäßig in der Bilanz abzubilden. Übrigens: Auf internationaler Ebene ist man bereits weiter als hierzulande. Sowohl die Rechnungslegungsregeln der USA als auch die International Accounting Standards sehen inzwischen eine Marktwertbilanzierung derivativer Finanzinstrumente vor.

    Weitere Informationen

    Dipl.-Ök. Marcus Bieker, Ruhr-Universität Bochum, Fakultät für Wirtschaftswissenschaft, 44780 Bochum, Tel.: 0234/32-22890; Fax: 0234/32-14142, e-mail: Marcus.Bieker@ruhr-uni-bochum.de


    Images

    Criteria of this press release:
    Economics / business administration
    transregional, national
    Research results
    German


     

    Help

    Search / advanced search of the idw archives
    Combination of search terms

    You can combine search terms with and, or and/or not, e.g. Philo not logy.

    Brackets

    You can use brackets to separate combinations from each other, e.g. (Philo not logy) or (Psycho and logy).

    Phrases

    Coherent groups of words will be located as complete phrases if you put them into quotation marks, e.g. “Federal Republic of Germany”.

    Selection criteria

    You can also use the advanced search without entering search terms. It will then follow the criteria you have selected (e.g. country or subject area).

    If you have not selected any criteria in a given category, the entire category will be searched (e.g. all subject areas or all countries).