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Max-Planck-Forschungspreis an Tuebinger Historiker
Der Tuebinger Historiker Professor Frank Kolb erhielt kuerzlich den mit 250.000 DM dotierten Max-Planck-Forschungspreis fuer internationale Kooperation. Kolb ist seit 1986 als Professor fuer alte Geschichte an der Universitaet Tuebingen taetig. Er untersucht zusammen mit seinen Kooperationspartnern Professor Haluk Abbasoglu von der Universitaet Istanbul, Professor Fahri Isik von der Universitaet Antalya und Metin Pehlivaner vom Museum Antalya die Formen der Akkulturation im Suedwesten des antiken Kleinasien. Insbesondere interessiert sich das Team fuer das Verhaeltnis zwischen Karern und Lykern, zwei Voelker im antiken Anatolien. Ihre Forschungen zeigen, wie sich beide Voelker gegenseitig anpassten beziehungsweise voneinander abgrenzten und welchen Einfluss die griechische Zivilisation auf diese Voelker hatte. Landeskundliche Untersuchungen und Ausgrabungen in einer lykischen Siedlung in der Naehe von Kas erlauben differenzierte Analysen ueber die wechselseitigen Beeinflussungen der unterschiedlichen ethnischen Gruppen.
Professor Frank Kolb ist einer der insgesamt 12 Preistraeger, die die Alexander von Humboldt-Stiftung und die Max-Planck-Gesellschaft aus den insgesamt 88 Nominierungsvorschlaegen auswaehlten. Mit dem Forschungspreis honorieren die beiden Gesellschaften besonders herausragende, international anerkannte wissenschaftliche Leistungen von auslaendischen und deutschen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern. Fuer deutsche Preistraeger schafft der Preis einen flexibleren Rahmen zur Aufnahme, Vertiefung oder Erweiterung von Forschungskooperationen mit Partnern ausserhalb Deutschlands. Den Max-Planck-Forschungspreis erhielten bisher schon die Tuebinger Wissenschaftler Rudolf Huebener (Experimentalphysik), Manfred Fahle (Augenheilkunde) und Manfred Korfmann (Vor- und Fruehgeschichte). UEber das Forschungsprojekt von Professor Kolb informiert die beiliegende Pressemitteilung vom 21.7.1997.
Tuebinger Grabungen im Suedwesten der Tuerkei enthuellen antike Siedlungsgeschichte
Erst 1992 wurde auf dem Avsar Tepesi im Suedwesten der Tuerkei von Tuebinger Wissenschaftlern eine Siedlung entdeckt, die ihre Bluetezeit offenbar im fuenften Jahrhundert vor Christus hatte. Seit 1995 haben Archaeologen im Rahmen des Tuebinger Lykien-Projektes mit Grabungen auf dem etwa zwoelf Hektar grossen Gelaende begonnen. Die Grabungen sollen in diesem Jahr an ausgewaehlten Punkten fortgesetzt werden. Die Siedlung war im vierten Jahrhundert, moeglicherweise nach einer Eroberung, von ihren Bewohnern verlassen worden. Sie bietet daher die einmalige Gelegenheit, eine anatolische Stadt zu studieren, die noch kaum von der griechischen Zivilisation beeinflusst war. Die Siedlung auf dem Avsar Tepesi befindet sich auf dem 120 Quadratkilometer grossen Gebiet der Polis Kyaneai, dessen Erforschung die Deutsche Forschungsgemeinschaftt seit 1989 finanziert. Nach einem Vorschlag des Projektleiters Prof. Frank Kolb koennte das Forschungsgebiet zu einem archaeologischen Nationalpark werden.
Von der Siedlung auf dem Avsar Tepesi stehen auch heute noch zum Teil mehrere Meter hohe Ruinen einer Burganlage und zahlreicher Haeuser und Graeber. Sie sind so gut erhalten, dass sich der komplette Plan der Siedlung ohne einen Spatenstich rekonstruieren liess. Die diesjaehrigen punktuellen Grabungen sollen jedoch noch offene Fragen klaeren helfen. Bisher wurde vor allem das sogenannte "Dynastengrab" untersucht, ein Terassengrab aus prachtvollem Mauerwerk, das im fruehen fuenften Jahrhundert vor Christus entstanden ist. In der schon in der Antike ausgeraubten Anlage fanden sich unter anderem noch silberne Ohrringe, eine Silbermuenze und eine Keramikscherbe mit einem Graffito in lykischer Schrift. Eine grosse UEberraschung fuer die Archaeologen war ausserdem der Fund einiger gut viertausend Jahre alter Scherben. Der Avsar Tepesi kann daher moeglicherweise auch neue Erkenntnisse zur fruehen Bronzezeit in Lykien liefern, ueber die bisher kaum etwas bekannt ist. Bei den diesjaehrigen Untersuchungen soll ein weiteres repraesentatives Grab und eines der Wohnhaeuser ausgegraben werden. Die Archaeologen hoffen, dabei mehr ueber die Geschichte der Siedlung und die Alltagskultur ihrer Bewohner zu erfahren.
Das Tuebinger Lykien-Projekt steht unter der Leitung des Althistorikers Prof. Frank Kolb. Die internationale Gruppe besteht aus rund 25 Wissenschaftlern verschiedener Fachgruppen und Hochschulen, darunter insbesondere der Fachhochschule Karlsruhe. Das 1989 begonnene Projekt ist auf zehn Jahre angelegt. Im Rahmen des Projektes wollen die Forscher das Territorium der Polis Kyaneai vollstaendig absuchen, um erstmals alle antiken Siedlungsreste eines groesseren Gebietes vollstaendig zu kartieren. Die Verteilung von Doerfern, Weilern und Gehoeften wie auch die Entwicklung des Siedlungsnetzes von den Anfaengen bis in die Neuzeit sollen rekonstruiert werden. Die Landschaft Lykien im Suedwesten der Tuerkei eignet sich fuer diese Forschungen besonders gut, weil das Bergland unzugaenglich ist und in der Neuzeit nur duenn besiedelt war. In der verwilderten, von dichter Macchie ueberzogenen Landschaft haben sich die antiken Siedlungsreste hervorragend erhalten. Diese koennen daher mit geringem Aufwand an der Oberflaeche untersucht werden. Die Mitglieder des Lykien-Projektteams haben auf diese Weise bisher gut 70 Quadratkilometer durchkaemmt und sich dabei in gluehender Hitze tagelang durch fast undurchdringliches Gebuesch gekaempft. Die Qualitaet und die Anzahl der Funde hat die Erwartungen bereits jetzt weit uebertroffen. Das Unternehmen ist zur international bedeutendsten Fallstudie im Bereich der antiken Siedlungsgeschichte geworden.
Der Einsatz der Tuebinger Historiker und Archaeologen hat auch die Anerkennung der tuerkischen Behoerden gefunden. Projektleiter Frank Kolb aeussert sich sehr positiv ueber die Zusammenarbeit mit der tuerkischen Antikenverwaltung. Er schlaegt vor, das Forschungsgebiet zum archaeologischen Nationalpark zu erklaeren, um so ein einmaliges Ensemble antiker Monumente dauerhaft unter Schutz zu stellen. Professor Kolb weiter: "Wir wuenschen uns, dass die Ergebnisse unserer Arbeit nicht nur den Fachkollegen, sondern auch vor Ort den Einheimischen und den Touristen, die hierher kommen, zugaenglich werden. Wir haben hier die einmalige Chance, das Aussehen einer antiken Kulturlandschaft erlebbar zu machen." Ein Anfang ist gemacht: Die Fachhochschule Karlsruhe, die im Projekt fuer die umfangreichen Kartographie- und Vermessungsarbeiten zustaendig ist, hat einen ersten Entwurf einer Wanderkarte vorgelegt. Zu den Anziehungspunkten in einem kuenftigen archaeologischen Park koennte neben dem Avsar Tepesi und den Ruinen der Stadt Kyaneai auch die malerisch gelegene Burg von Trysa mit ihrem beruehmten Heroon gehoeren. Dieses monumentale Grab eines lykischen Fuersten wurde um 370 vor Christus von griechischen Kuenstlern mit Reliefs von insgesamt 211 Metern Laenge ausgestattet. Die Skulpturen befinden sich heute im Kunsthistorischen Museum Wien. Es gibt Plaene, in Zusammenarbeit mit der UNESCO Abguesse der Reliefs herzustellen und das Heroon wiederaufzubauen. Die bisher kaum beachtete Siedlung von Trysa haben die Tuebinger Wissenschaftler bereits vollstaendig erforscht; in diesem Jahr soll nun auch die weitere Umgebung untersucht werden.
Naehere Informationen: Prof. Frank Kolb, Historisches Seminar, Abteilung fuer Alte Geschichte, Tel. 0 70 71/2 97 60 78, Fax 0 70 71/29 57 93 Bei Prof. Kolb ist auch Bildmaterial erhaeltlich.
Criteria of this press release:
History / archaeology
transregional, national
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German
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