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04/16/2007 14:40

4ING-Stellungnahme "Promotionen müssen an den Universitäten blieben"

Heike Schmitt, Tel: 016090280130; H.Schmitt@4ing.net Geschäftsstelle
4ING - Fakultätentage der Ingenieurwissenschaften und der Informatik an Universitäten e.V.

    4ING fordert, die Kernmerkmale einer Promotion in den Ingenieurwissenschaften zu erhalten, und plädiert nachdrücklich dafür, an dem Profilunterschied zwischen Universitäten und Fachhochschulen festzuhalten, da dieser einen Wettbewerbsvorteil für den Standort Deutschland darstellt. Diese Differenzierung kann und soll durch mehr Kooperation ergänzt werden, z. B. beim Zugang zur Promotion für Fachhochschul-Absolventen oder durch verstärktes Zusammenwirken innerhalb von Promotionsvorhaben zwischen Universität und Fachhochschule. Das Promotionsverfahren muss jedoch an den Universitäten verbleiben, deren wissenschaftliches Umfeld und Infrastruktur hierfür unverzichtbar sind. Wegen der Mehrfachqualifikation der Doktoranden kann die Promotion in den Ingenieurwissenschaften auch nicht durch ein Studium ersetzt werden und eine anwendungsbezogene Promotion im Sinne eines "Professional Doctorate" würde nachhaltige Schäden in der Außendarstellung anrichten.

    Im Rahmen der laufenden Reformen im Hochschulbereich fordern einige Fachhochschulen, ihnen das Promotionsrecht zu übertragen. Die folgende Stellungnahme wendet sich gegen diese Bestrebungen, nicht aus der Sicht der "Verteidigung eigener universitärer Ressourcen", sondern aus der Sorge, mit der Änderung des Promotionsrechts einem Qualitätsverlust - sowohl bei Universitäten als auch bei Fachhochschulen - Vorschub zu leisten.
    In den Ingenieurwissenschaften ist eine Promotion kein Studium. Sie ist in der Regel Berufstätigkeit, bei der eine originäre Dissertation entsteht, aber auch weitere Qualifikationen für Leitungspositionen in der Industrie erworben werden ([1]). Diese Zusatzqualifikationen kommen insbesondere daher, dass die Doktoranden maßgeblich sowohl an der Ausbildung von Studierenden als auch bei der Durchführung von wissenschaftlichen Projekten beteiligt sind.
    Kernpunkt der Promotion ist eine originäre Dissertation, die den Stand der Wissenschaft voranbringt, indem neue Erkenntnisse und Methoden für bisher ungelöste Aufgaben erarbeitet werden. In technischen Disziplinen erzielt eine Dissertation in der Regel auch Fortschritte bzgl. des Stands der Technik. Somit haben Promotionen - wegen der damit verbundenen Innovationen, wegen der Heranbildung von Führungskräften und wegen der Zusammenarbeit mit der Industrie - eine starke wirtschaftliche Bedeutung für den Industriestandort Deutschland. Der deutsche Doktorgrad in den Ingenieurwissenschaften ist im internationalen Vergleich hoch angesehen ([2]).
    Promotionen bedürfen insbesondere im technischen Bereich der ständigen Impulse durch exzellente Forscher und eines modernen Anforderungen genügenden kreativen Umfelds, das zu wissenschaftlichen Diskussionen und Publikationen herausfordert. Forschungsergebnisse müssen auf international beachteten Tagungen vorgetragen und der wissenschaftlichen Kritik ausgesetzt werden. In den Ingenieurwissenschaften erfordert ein Promotionsvorhaben aber auch eine aufwendige Infrastruktur und entsprechende Ressourcen. Die Voraussetzungen für ein solch gleichermaßen stimulierendes und infrastrukturelles Forschungsumfeld liegen derzeit nur an (Technischen) Universitäten vor. Die Einführung eines Promotionsrechts an Fachhochschulen würde somit gravierende Änderungen des Hochschulsystems nach sich ziehen. Sie würde zugleich das Profil des Doktorgrades in den Ingenieurwissenschaften im internationalen Vergleich verwischen und gefährden.
    Das oben angesprochene Forschungsklima und die umfangreiche geistig-wissenschaftliche und technische Infrastruktur müssten an Fachhochschulen erst geschaffen werden. Somit entsteht die Frage, woher die Ressourcen und die entsprechenden Finanzmittel kommen sollen. Sie an den Universitäten zu reduzieren, widerspräche der gegenwärtigen Zielsetzung der Qualitätssteigerung der Ausbildung an Universitäten und den verstärkten Bemühungen um Exzellenz am Forschungsstandort Deutschland. Die Aufwendungen wären zudem zusätzlich zu denjenigen zu erbringen, die aufgrund der zu erwartenden ansteigenden Studentenzahlen ohnehin notwendig werden (s. [3]).
    Es gibt auch keine preiswerten Lösungen für eine Promotion in den Ingenieurwissenschaften: Weder eine Promotion als Studium noch eine Promotion als Nachweis von Fertigkeiten im Sinne des Professional Doctorate [4] erfüllen die Eigenschaften der derzeitigen Promotion als Kombination aus wissenschaftlichem Fortschritt und Qualifikation für potenzielle Führungskräfte. Diese Eigenschaften sind zugleich ein wichtiges Kriterium für die Gewinnung künftiger Professoren, die in den technischen Fächern in der Regel aus der Industrie stammen!
    Die Ingenieurwissenschaften an Universitäten und Fachhochschulen sind in Deutschland durch unterschiedliche Ausbildungsprofile gekennzeichnet. Diese Differenzierung stärkt den Standort Deutschland [5]. Fachhochschulen führen eine an der Berufspraxis orientierte Ausbildung durch, die Universitäten betonen dagegen eine forschungsorientierte Ausrichtung auf der Basis breiter theoretischer Grundlagen. Bei Annäherung von Fachhochschulen an den Charakter von Universitäten besteht somit die große Gefahr, dass dieses durch Differenzierung geprägte Profil verschwindet und Fachhochschulen zu Universitäten minderen Rangs mutieren. Wir sehen darin eine große Gefahr für die Fachhochschulen selbst, da deren eigenständiges Profil und das darauf fußende Ansehen verwässert wird.
    Es ist selbstverständlich, dass besonders begabten Absolventen von Fachhochschulen der Zugang zur Promotion ermöglicht werden muss. Daher ist die Zusammenarbeit zwischen Instituten der Universitäten und der Fachhochschulen stärker zu nutzen. Die Entfaltung von Persönlichkeiten und die Förderung wissenschaftlicher Exzellenz stehen im Mittelpunkt der Promotionsphase; ihre bestmögliche Betreuung und die Einbindung in eine aktive Forschungslandschaft sind wichtige Kriterien für den Ort, an dem eine Promotion erfolgt. Die Einbeziehung hervorragender Fachhochschulprofessoren in dieses Umfeld sollte hierbei ebenfalls eine Selbstverständlichkeit sein. Diesem Grundsatz widersprechende Prozeduren für Promotionen sind daher entsprechend zu verändern (siehe auch [6]).
    [1] 4ING: Die Bedeutung der Promotionsphase in den Ingenieurwissenschaften, Positionspapier vom 14.09.06, www.4ing.net
    [2] VDMA: Wir kümmern uns um die Elite - VDMA-Positionen zur Promotion, www.vdma.org
    [3] 4ING: Studienkapazitätsdefizite an Universitäten bis ca. 2020: Maßnahmen zur Lösung, Stellungnahme vom 8.12.2006, www.4ing.net
    [4] 4ING: Promotion ist originäre Forschung, Stellungnahme zum "Professional Doctorate" vom 7.2.2007, www.4ing.net
    [5] Universität Bayern e.V.: Memorandum z. Verhältnis zwischen Universitäten und Fachhochschulen, 14.2.07
    [6] Hochschulrektorenkonferenz, "Ungewöhnliche Wege zur Promotion? Rahmenbedingungen und Praxis der Promotion von Fachhochschul- und Bachelor-Absolventen", Beiträge zur Hochschulpolitik 3/2007


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    Criteria of this press release:
    Construction / architecture, Economics / business administration, Information technology, Law, Mechanical engineering, Politics
    transregional, national
    Science policy, Studies and teaching
    German


     

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