idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Grafik: idw-Logo

idw - Informationsdienst
Wissenschaft

Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instance:
Share on: 
05/16/2007 09:19

Theoretischer Physiker modelliert zelluläre Hochleistungsenzyme

Thilo Körkel Pressestelle
Philipps-Universität Marburg

    Enzymsystem wird bei jeder Teilung eines Bakteriums eine Milliarde Mal aktiv - Internationale Kooperation mit US-Spitzenuniversitäten - Human Frontier-Organisation fördert vier Partner mit 1,35 Millionen Dollar

    Nur selten werden theoretische Physiker beauftragt, Fragen der Zellbiologie zu lösen. In diesem Projekt hingegen lässt sich ohne Physiker kaum aufklären, wie es möglich ist, dass bei der Teilung eines Bakteriums eine bestimmte Enzymgruppe eine Milliarde Mal aktiv ist, ohne dass der Prozess außer Kontrolle gerät. Professor Dr. Peter Lenz, Theoretischer Physiker am Fachbereich Physik der Philipps-Universität Marburg, und drei weitere Partner haben jetzt 1,35 Millionen Dollar von der Human Frontier Science Program (HFSP) erhalten, um eine grundlegende Frage der Systembiologie zu lösen.

    Gemeinsam mit Professor Terence Hwa (University of California, San Diego), Professorin Sydney G. Kustu (University of California, Berkeley) und Professor Yiping Wang (Peking University) - sie werden den experimentellen Teil der Arbeit durchführen - wird sich Lenz drei Jahre lang dieser Aufgabe widmen. Insgesamt hatte die HFSP 755 Anträge erhalten, davon sind nun 24 bewilligt worden.

    Ausgangspunkt des Projekts sind die erstaunlichen Wachstumsfähigkeiten von Bakterien. Das Darmbakterium Escherichia coli beispielsweise stellt unter optimalen Bedingungen alle dreißig Minuten eine exakte Kopie von sich selbst her. Dabei spielt Stickstoff eine zentrale Rolle, denn alle Aminosäuren und Nukleotide (letztere sind Bausteine des Genoms), aus denen ein Bakterium aufgebaut ist, enthalten zumindest ein Stickstoffmolekül. An einer bestimmten Stelle des molekularen "Fließbands", an dem diese Bauteile synthetisiert werden, ist darum eine Gruppe von Enzymen (das so genannte nitrogen assimilation module) aktiv, die ihnen durch eine Reihe chemischer Reaktionen die jeweils erforderlichen Stickstoffmoleküle hinzufügt. Da ein Bakterium aus Millionen Proteinen aufgebaut ist, die ihrerseits aus durchschnittlich mehreren hundert Aminosäuren bestehen, tritt dieses Modul rund eine Milliarde Mal pro Teilung eines Bakteriums in Aktion.

    Eine so häufige Reaktion, die zudem einen beträchtlichen Anteil der für die Zellteilung notwendigen Energie verbraucht, muss natürlich "beaufsichtigt" werden. Und tatsächlich ist die Enzymgruppe hochgradig reguliert: Ihre Aktivität wird den äußeren Bedingungen sorgfältig angepasst. So produziert sie zum Beispiel lediglich jene Aminosäuren, die in ihrer Umwelt (beziehungsweise in der Nährstofflösung) nicht zur Verfügung stehen. Der Enzymgruppe kommt dabei die Rolle einer zentralen Schaltstelle des Stoffwechsels zu, die dafür sorgt, dass Bakterien unter gegebenen externen Bedingungen optimal wachsen.

    Im Rahmen des Projekts "The control circuitry of nitrogen assimilation in bacteria" haben sich Peter Lenz und seine Partner nun zum Ziel gesetzt, die Strategie und Mechanismen dieser Regulation zu entschlüsseln. Erstmals werden Methoden der theoretischen Physik in einem solchen Kontext eine zentrale Rolle spielen. "Mit ihrer Hilfe können wir einen zentralen Aspekt des bakteriellen Stoffwechsels quantitativ charakterisieren", so Lenz. Denn tatsächlich sei gerade die Entwicklung quantitativer Modelle die große Stärke theoretischer Physiker: "Indem wir die zahlreichen Daten etwa zur Reaktionskinetik, zu den Konzentrationen von Bausteinen und Nährstoffen und zu vielem mehr in einem theoretischen Modell zusammenfügen, können wir unser Verständnis der bakteriellen Physiologie erheblich erweitern." Die Modellierung der Regulation soll darüber hinaus nicht nur zur Interpretation der experimentellen Daten beitragen, sagt Lenz, sondern auch "ganz entscheidend" die Entwicklung neuer Experimente befördern.

    Das Human Frontier Science Program (HFSP) ist ein internationales Programm zur Förderung der Grundlagenforschung in den Lebenswissenschaften, vor allem der Aufklärung komplexer Mechanismen in lebenden Organismen. Es zielt vor allem darauf, Biologen mit Wissenschaftlern anderer relevanter Fachrichtungen wie Chemie, Physik oder Mathematik zusammenzubringen.

    Kontakt
    Professor Dr. Peter Lenz: Philipps-Universität Marburg, Fachbereich Physik, Renthof 5, 35032 Marburg
    Tel.: (06421) 28 24326, E-Mail: peter.lenz@physik.uni-marburg.de


    Images

    Professor Dr. Peter Lenz erhielt mit drei Partnern 1,35 Millionen Euro vom Human Frontier Science Program.
    Professor Dr. Peter Lenz erhielt mit drei Partnern 1,35 Millionen Euro vom Human Frontier Science Pr ...
    Philipps-Universität Marburg
    None


    Criteria of this press release:
    Biology, Chemistry, Information technology, Mathematics, Physics / astronomy
    transregional, national
    Research projects
    German


     

    Help

    Search / advanced search of the idw archives
    Combination of search terms

    You can combine search terms with and, or and/or not, e.g. Philo not logy.

    Brackets

    You can use brackets to separate combinations from each other, e.g. (Philo not logy) or (Psycho and logy).

    Phrases

    Coherent groups of words will be located as complete phrases if you put them into quotation marks, e.g. “Federal Republic of Germany”.

    Selection criteria

    You can also use the advanced search without entering search terms. It will then follow the criteria you have selected (e.g. country or subject area).

    If you have not selected any criteria in a given category, the entire category will be searched (e.g. all subject areas or all countries).