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Wissenschaft
Symposium zur Erinnerung an Hermann Gunkel am 6. Juli 2007 in der Alten UB
Das Symposium "Die Bibel im Horizont der Kulturwissenschaften - zur Erinnerung an Hermann Gunkel", das am Freitag, den 6. Juli 2007, (von 10 bis 19 Uhr im Georg-Büchner-Saal in der Alten UB der Universität Gießen) stattfindet, hat eine doppelte Zielsetzung: Zum einen dient es dem Gedenken an einen großen Gelehrten der Universität Gießen, der hier von 1907 bis 1920 wirkte. Hermann Gunkel gab entscheidende Impulse für die Modernisierung der Bibelwissenschaft zu Beginn des 20. Jahrhunderts, und seine Impulse wirken bis heute fort. Zum anderen hat die Tagung zum Ziel, gegenwärtige Herausforderungen der aktuellen Bibelwissenschaft aufzuzeigen. Organisiert wird das Symposium von Prof. Dr. Ute Eisen, Professur für Bibelwissenschaften an der Universität Gießen, und dem Alttestamentler Prof. Dr. Erhard Gerstenberger, Universität Marburg.
Hermann Gunkel (1862-1932) wirkte von 1907 bis 1920 als Professor für Altes Testament an der Universität Gießen. Er schuf in innovativer Weise Grundlagen der exegetischen Wissenschaft und Methodik. Insbesondere im Bereich der Traditions- und Religionsgeschichte sowie der Erforschung der literarischen Gattungen der Bibel und ihres "Sitzes im Leben" gab er Impulse, die sich bis heute großer Aktualität erfreuen. Seine Forschungen und ihre Fortführungen im 20. Jahrhundert erweisen sich als besonders geeignet für die Anschlussfähigkeit der Bibelwissenschaften an die Kulturwissenschaften.
Zum anderen hat die Tagung zum Ziel, gegenwärtige Herausforderungen der aktuellen Bibelwissenschaft aufzuzeigen. Dies geschieht in sieben Vorträgen. In einem Eröffnungsvortrag wird das Konzept einer Bibelwissenschaft als Kulturwissenschaft formuliert. Die Bibelwissenschaft des 20. Jahrhunderts, die sich im Gefolge von Hermann Gunkel versteht, war geprägt durch vielfältige interdisziplinäre Grenzüberschreitungen, und auch die Zukunft der Bibelwissenschaft steht unter diesem Zeichen. Bibelwissenschaft kann adäquat nur betrieben werden, wenn die Methodologien der Textwissenschaften, der Geschichts- und der Sozialwissenschaften herangezogen werden.
Im ersten Teil der Tagung stehen zwei Vorträge von Alttestamentlern auf dem Programm: Zum einen referiert die katholische Alttestamentlerin der Universität Graz, Prof. Dr. Irmtraut Fischer, über "Gender-faire Genesis-Forschung". Sie ist eine renommierte feministische Exegetin, die bereits drei Monographien zu Frauen im Alten Testament vorgelegt hat. In ihrem Vortrag knüpft sie an eines der Hauptwerke Gunkels an, seinen Kommentar zum 1. Buch Mose, und beleuchtet die Auslegungsgeschichte seitdem unter dem Aspekt der Gender-Fairness. Zum anderen greift der ehemalige Professor für Altes Testament in Gießen, Prof. Dr. Erhard Gerstenberger, einen anderen Faden der Gunkelschen Forschung auf: Hermann Gunkel hatte den Begriff des 'Sitzes im Leben' von Gattungen geprägt, um deutlich zu machen, dass Gattungen sich zunächst mündlich an bestimmten soziologischen Orten, wie etwa im Kultus oder im Rahmen der Gerichtsbarkeit entwickelten. An diese wirkungsmächtige Grundidee knüpft Prof. Gerstenberger an und beschreibt, wie es zur sozialgeschichtlichen Auslegung der Bibel gekommen ist und worin ihre gegenwärtigen Herausforderungen bestehen, nachdem sie sich gegen gehörigen Widerstand aus dem eigenen Lager nun etabliert hat.
Der zweite Teil des Tages (ab 14.15 Uhr) ist den Außenperspektiven gewidmet: Zunächst wird der Philosoph Dr. Daniel Weidner vom Zentrum für Literatur- und Kulturforschung Berlin einen Vortrag über die Rezeption der Bibel in den neueren Philologien halten und aufzeigen, wie sich im Wandel von der Literaturgeschichte hin zur Literaturwissenschaft neue Möglichkeiten der Bibelrezeption auftaten. Dann erfolgt der Vortrag der Professorin für Bibel und Jüdische Bibelauslegung von der Hochschule für jüdische Studien in Heidelberg, Prof. Dr. Hanna Liss. Sie beleuchtet, wie die in ihrer Fragestellung radikale und vor keiner kirchlich-dogmatischen Grenze haltmachende religionsgeschichtliche Schule der Jahrhundertwende, der auch Hermann Gunkel angehörte, auf die deutsch-jüdische Bibelwissenschaft bis heute wirkte.
Im dritten Teil (ab 16.30 Uhr) folgen zwei Vorträge von aufstrebenden Neutestamentlerinnen. Die Hamburger Privatdozentin Silke Petersen knüpft an eines der Hauptwerke Gunkels an, das den Titel trägt "Schöpfung und Chaos in Urzeit und Endzeit" und zwei Bibeltexte ins Zentrum setzt: den Anfangstext der Bibel, 1. Mose 1-3, und den Abschlusstext der Bibel, das Buch der Offenbarung. Dr. Petersen setzt sich intensiv und kritisch mit der religionsgeschichtlichen Methode Gunkels auseinander und konzentriert sich dabei auf den Text des Buches der Offenbarung zur Himmelskönigin, die vielfach auf Maria gedeutet wurde. Der letzte Vortrag greift dann eine ikonographische Thematik auf: Die junge Heidelberger Neutestamentlerin Dr. Annette Weissenrieder kann als Pionierin auf dem Gebiet der Ikonographie des Neuen Testaments betrachtet werden. Sie spricht über einen Paulus-Text, in dem Paulus die Christusgläubigen als "Tempel Gottes" deutet. Diese Betrachtung des Paulus beleuchtet die Referentin im Kontext antiker Architekturtheorie und Numismatik (Münzkunde).
Abgeschlossen wird die Tagung durch ein Podium, auf dem sich alle Vortragenden versammeln und mit dem Publikum ein gemeinsames Resümee ziehen. Der Studientag kann ausführlich für Diskussionen genutzt werden. Die Besucherinnen und Besucher sind herzlich eingeladen, sich daran zu beteiligen.
Kontakt:
Prof. Dr. Ute Eisen
Institut für Evangelische Theologie
Karl-Glöckner-Straße 21, Haus H
35394 Gießen
Telefon: 0641 99-27130
E-Mail: Ute.E.Eisen@theologie.uni-giessen.de
Criteria of this press release:
Philosophy / ethics, Religion
transregional, national
Miscellaneous scientific news/publications, Scientific conferences
German
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