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Wissenschaft
Bei Kindern mit Aufmerksamkeitsstörungen und Hyperaktivität haben skandinavi-sche Forscher entdeckt, dass die Zusammenarbeit von Neuronen in bestimmten Gehirnarealen gestört ist. Auch ist das "Arbeitsgedächtnis" dieser Kinder offen-sichtlich beeinträchtigt. Und durch eine Analyse von Spontanbewegungen im frü-hen Sägulingsalter können niederländische Wissenschaftler solche Störungen früher diagnostizieren. Gleich mehrere Arbeitsgruppen präsentieren aktuelle For-schungsergebnisse zu diesen kindlichen Entwicklungsstörungen auf dem Forum of European Neuroscience in Brighton, an dem rund 5000 Neurowissenschaftler aus ganz Europa und den USA teilnehmen.
Bis zu zehn Prozent aller Kinder leiden unter Aufmerksamkeitsstörungen und Hyperaktivität. Zu früh Geborene, die vor der 34. Schwangerschaftswoche zur Welt kommen, sind fünf mal häufiger betroffen als Kinder, die zum üblichen Termin geboren wurden. Diese Störung ist die häufigste neurologische Erkrankung des sich entwickelnden Gehirns. Die betroffenen Kinder können sich nicht konzentrieren und zeigen häufig ein hyperaktives, impulsives und oft sogar anti-soziales Verhalten. Etwa die Hälfte nimmt ihr Problem in das Erwachsenenalter mit - und hat ein erhöhtes Risiko für Arbeitslosigkeit und kriminelles Fehlverhalten.
Wissenschaftler vom John F. Kennedy Institut in Kopenhagen haben mit bildgebenden Verfahren die Gehirne betroffener Kinder untersucht. "Dabei haben wir ein Netzwerk von Nervenzellen im so genannten präfrontalen Kortex und in damit verbundenen Gehirnarealen entdeckt, in dem Sprache aufgenommen und verarbeitet wird. Dieses neuronale Netzwerk scheint bei den Kindern mit Aufmerksamkeitsstörungen nicht richtig zu funktionieren", erklärt Professor Hans Lou. Dies könne erklären, so der Experte weiter, "warum diese Kinder die Regeln unseres Sozialverhaltens nicht verstehen und etwa nicht auf eine warnende "innere Stimme" hören können."
Noch vorläufige Untersuchungsergebnisse der dänischen Forscher deuten darüber hinaus darauf hin, dass in den Gehirnen von zu früh geborenen Babies mit einem Aufmerksamkeitsdefizit ein Mangel an dem Neurotransmitter Dopamin herrscht.
Beeinträchtigtes Arbeitsgedächtnis
Schwedische Forscher vom Karolinska Institut in Stockholm berichteten in Brighton, dass Kinder mit Aufmerksamkeitsstörungen ein beeinträchtiges "Arbeitsgedächtnis" haben. Das Team um Proessor Hans Forssberg verglich in einer Studie die Gedächtnisleistung von betroffenen Kindern mit derjenigen gesunder Kinder.
Im ersten Teil der Untersuchung mussten die Kinder im Drei-Sekunden-Takt zwischen Wortpaaren unterscheiden, die entweder ähnliche oder nicht-ähnliche Wörter enthielten. Mit zunehmender Dauer der Belastung hatten die Kinder mit Aufmerksamkeitsstörungen Schwierigkeiten, zwischen diesen Wortpaaren zu unterscheiden.
In einem anderen Experiment mussten die Kinder Objekte mit jeweils unterschiedlichem Gewicht halten, während ihre Griffstärke registriert wurde. Auch bei diesem Test schnitten die kranken Kinder schlechter ab: Sie hatten Probleme, ihre Griffstärke dem Gewicht des Objektes anzupassen.
Wenn Kinder heranwachsen entwickeln sie normalerweise die Fähigkeit, sich gegenüber Ablenkungen abzuschirmen, sich an Vorhaben und Ziele zu erinnern und Schritte zu unternehmen, um diese Ziele zu erreichen. Diese mentale Fähigkeit wird als exekutive Funktion bezeichnet.
"Das so genannte Arbeitsgedächtnis ist eine derartige exekutive Funktion", erklärt Fossberg. "Es speichert Informationen, während eine Aufgabe ausgeführt wird, auch dann, wenn der ursprüngliche Stimulus, der die Information geliefert hat, nicht mehr vorhanden ist. Unsere Studie zeigt, dass Kinder mit Aufmerksamkeitsdefiziten ein gestörtes Arbeitsgedächtnis haben."
Neuer diagnostischer Test
Ein Ärzte-Team von der Universität von Groningen (Niederlande) hat eine neue diagnostische Technik entwickelt, um Aufmerksamkeitsstörungen oder andere Hirnschädigungen bereits bei Babies vor dem dritten Monat zu identifizieren.
Bei dem neuen Test werden die spontanen Bewegungen von Armen, Beinen, Kopf und Rump der Säuglinge analysiert. Diese Bewegungen beginnen bereits im Mutterleib und bleiben bis zu vier Monate nach der Geburt erhalten. Danach werden diese Spontanbewegungen durch gezielte Bewegungen - etwa das Greifen nach Gegenständen - ersetzt.
"Normalerweise sind diese Spontanbewegungen der Babies komplex, fließend und stark variabel", erklärt Dr. Mijna Hadders-Algra. "Wir konnten jedoch zwei Typen von veränderten Spontanbewegungen unterscheiden: bei der schwächeren Form sind die Bewegungen noch relativ komplex und variabel, aber nicht mehr fließend. Bei stärker gestörten Spontanbewegungen fehlen Komplexität, Variabilität und Flüssigkeit gleichermaßen."
Zeigen Kinder stark veränderte Spontanbewegungen, deutet dies auf einen frühkindlichen Hirnschaden, eine Zerebralparese, hin. Sind die Bewegungen in einem geringeren Ausmaß verändert, deuten sie auf Aufmerksamkeits- oder Koordinationsstörungen hin. Die niederländischen Forscher haben damit begonnen, ein Programm zu entwickeln, das Informationen für Eltern betroffener Kinder sowie ein spezifisches Training für die Motorik der Kinder enthalten soll.
FENS 2000
24.-28. Juni, Brighton (Groß Britannien)
Pressestelle: Elaine Snell
Tel. 0044-1273-710265/6
Fax: 0044-1273-710223
Nach dem 28.6. ist die Pressestelle erreichbar unter:
Tel. 0044--20-7937 7713
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Criteria of this press release:
Medicine, Nutrition / healthcare / nursing
transregional, national
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