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07/21/2000 12:27

Offener Brief / Open Letter

Joachim Mörke Unternehmenskommunikaton des Forschungsverbundes Berlin e.V.
Forschungsverbund Berlin e.V.

Wissenschaftler wenden sich gegen Fremdenfeindlichkeit und Rechtsextremismus. Bisher Unterzeichner in mehr als 40 Forschungseinrichtungen. Initiative des Forschungsverbundes Berlin e.V.

Am 14. Juni 2000 ist in Dessau Alberto Adriano an den Folgen seiner schweren Verletzungen gestor-ben. Er war am Pfingstwochenende von drei jungen Männern angegriffen und brutal zusammenge-schlagen worden, die als Motiv ihrer Tat ganz offen "Hass gegen Fremde" angaben. Alberto Adriano stammte aus Mosambik. Er lebte seit 20 Jahren in Deutschland.
Wir empfinden Trauer, Betroffenheit, auch Wut über diese Tat.
Doch es bei Betroffenheitsbekundungen zu belassen, ist zu wenig - angesichts der Erfahrung, dass of-fensichtlich rechtsextreme Gewalt gegen Ausländer in unserem Land zunimmt. Im Zeitraum 1990-1999 gab es, statistischen Angaben der Bundesregierung zufolge, mindestens 18 vollendete und 117 ver-suchte Tötungsdelikte sowie 4.864 Gewaltdelikte aus ausländerfeindlicher Motivation. Diese Statistik erfasst nur die Fälle, die zu einer rechtskräftigen Verurteilung führten. Sie benennt die Zahl der Delikte, nicht der Opfer, die eindeutig höher liegt.
Wir, Leiter und Beschäftigte von wissenschaftlichen Einrichtungen in Deutschland, werden es nicht hin-nehmen, dass sich fremdenfeindliche Gewalt zu einem Bestandteil unserer "gesellschaftlichen Norma-lität" entwickelt.
Die enge Kooperation mit Menschen anderer Nationen ist für uns nicht nur selbstverständlich, sondern sie ist auch eine unverzichtbare Grundlage unserer Arbeit. Wissenschaft braucht Internationalität. Wir sehen mit großer Sorge, dass ausländische Wissenschaftler unsere Einladungen zu Gastaufenthalten in unseren Einrichtungen zunehmend mit Zögern oder Ablehnung beantworten - weil sie sich in unserem Land nicht sicher fühlen. Das schadet uns allen.
Wir werden in unserem Umfeld jedem Ausdruck von Fremdenfeindlichkeit, von intolerantem, diskrimi-nierendem und rechtsextremistischem Verhalten entschieden entgegentreten. Und auch nicht dulden, was Bundestagspräsident Wolfgang Thierse kürzlich "so etwas wie ein klammheimliches Einverständnis mit dem gewalttätigen Nachwuchs" nannte."
Wir alle müssen die Auseinandersetzung über die Ursachen von Fremdenfeindlichkeit und Rechtsrex-tremismus verstärken und sie, über verkürzende Erklärungsansätze hinaus, in alle Bereiche unserer Gesellschaft hineintragen. Jeder Einzelne ist aufgerufen, Stellung zu beziehen.

G. Hasinger u. P.A. Stolz, Astrophysikalisches Inst. Potsdam; D. Simon, Präsident, u. B. Fromm, Generalsekretärin, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften; B. Parthier, Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina, Halle;
C.A. Barth, Deutsches Inst. f. Ernährungsforschung, Rehbrücke; Mitarbeiter Deutsches Institut für Internationale Pädagogi-sche Forschung, Frankfurt/a.M.; G. Hunsmann u. M. Lankeit, Deutsches Primatenzentrum, Göttingen; G. Tränkle, Ferdi-nand-Braun-Institut für Höchstfrequenztechnik, Berlin; W. Rosenthal, Forschungsinst. f. Molekulare Pharmakologie, Berlin; F. Steininger, Forschungsinst. u. Naturmuseum Senckenberg, Frankfurt/M.; F. Fabich, Forschungsverbund Berlin; E.Th. Riet-schel, Forschungszentrum Borstel; K. Frohberg, Inst. f. Agrarentwicklung in Mittel- u. Osteuropa, Halle; J. Zaske u. E. Kramer, Institut f. Agrartechnik Bornim, Potsdam; R. Pfrengle, Inst. f. Angewandte Chemie Berlin; H. Eschrig u. P. Joehnk, Inst. f. Festkörper- u. Werkstofforschung Dresden; H.-J. Dürbaum, Inst. für Geowiss. Gemeinschaftsaufgaben, Hannover; Ch. Steinberg u. Mitarbeiter des Inst. f. Gewässerökologie und Binnenfischerei, Berlin; A. Ourmazd u. F. Weinl, Inst. f. Halb-leiterphysik Frankfurt/O.; W. Schröder, Inst. f. Kristallzüchtung, Berlin; R. Hilgenfeld, Inst. f. Molekulare Biotechnologie, Jena; H. Scheich, W. Zuschratter u. Mitarbeiter, Inst. f. Neurobiologie, Magdeburg; A. Ohl, Institut f. Niedertemperatur-Plasmaphysik, Greifswald; B. v.Bodungen, Institut f. Ostseeforschung Warnemünde, Rostock; D. Scheel u. Mitarbeiter, Inst. f. Pflanzenbiochemie, Halle; U. Wobus u. B. Eise, Inst. f. Pflanzengenetik u. Kulturpflanzenforschung, Gatersleben; R. Pohl u. F. Gensch, Inst. f. Wirtschaftsforschung, Halle; H. Hofer, Inst. f. Zoo- und Wildtierforschung, Berlin; P. Deuflhard, Konrad-Zuse-Zentrum f. Informationstechnik Berlin; R. Lucius, Lehrstuhl f. Molekulare Parasitologie, HU Berlin; W. Sandner, Max-Born-Inst. f. Nichtlineare Optik u. Kurzzeitspektroskopie, Berlin; Gesamtbetriebsrat der Max-Planck-Gesellschaft zur Förde-rung der Wissenschaften; P.B. Baltes, Max-Planck-Institut für Bildungsforschung, Berlin; Betriebsrat u. Mitarbeiter Paul-Drude-Inst. f. Festkörperelektronik, Berlin; F. Pobell, Präsident der Wissenschaftsgemeinschaft G.-W.-Leibniz u. Wiss. Di-rektor Forschungszentrum Rossendorf; L. Montada u. Mitarbeiter, Zentralstelle für Psychologische Information und Doku-mentation, Trier; W. Seyfarth, Zentrum f. Agrarlandschafts- u. Landnutzungsforschung, Müncheberg; C.M. Naumann u. K.-H. Lampe, Zoologisches Forschungsinst. und Museum Alexander Koenig, Bonn
V.i.S.d.P.: F. Fabich, Forschungsverbund Berlin, Rudower Chaussee 17, 12489 Berlin
(Spenden für die Familie von Alberto Adriano: Spendenkonto "Adriano", Stadtsparkasse Dessau, BLZ 80053572, Konto-Nr. 33002260)

Open Letter

On 14 June, 2000, Alberto Adriano died of the serious injuries sustained when he was at-tacked and brutally beaten by three young men in Dessau on Whit Sunday. The perpetrators were quite open in naming "hatred of foreigners" as the motive for their attack. Alberto Adri-ano came from Mozambique. He had been living in Germany for 20 years.
We are saddened, shocked, and angered by this act of violence.
Yet it is not enough to express our concern - particularly in view of the increase in rightist violence against foreigners in Germany. According to government records, at least 18 killings, 117 attempted killings, and 4,864 acts of violence with a xenophobic background were com-mitted in Germany between 1990 and 1999. These statistics only include the cases which re-sulted in convictions. Moreover, they reflect the number of crimes, rather the number of vic-tims, which is markedly higher.

We, the management and staff of German scientific institutes, will not allow xenophobic vio-lence to become part of our "social normality."
Close cooperation with people of other nationalities is not only natural for us, it is an essential element of our work. Science thrives on international collaboration. It is with great concern that we note that international scientists are increasingly hesitating to accept invitations to visit our institutes or turning these invitations down - because they do not feel safe in our country. This is to the detriment of us all.
We will resolutely oppose every expression of xenophobia, of intolerant, discriminatory or extreme right-wing behavior in our environment. And we will not tolerate what the President of the German Parliament, Wolfgang Thierse, recently referred to as "something along the lines of a tacit agreement with the violent youth."
We must all intensify the debate about the causes of xenophobia and right-wing extremism, and extend it beyond the narrow explanatory approaches of social psychology into all areas of our society. Each and every one of us is called upon to take a stand.

(signatures to follow here)

(Donations for Alberto Adriano's family can be made to the following account: "Adriano", Stadtsparkasse Dessau, Sort Code 80053572, Account No. 33002260)

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Criteria of this press release:
Law, Politics, Social studies
transregional, national
Miscellaneous scientific news/publications
German

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