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05/12/1998 00:00

Sexuelle Gewalt im II. Weltkrieg

Dr. Wolfgang Hirsch Abteilung Hochschulkommunikation/Bereich Presse und Information
Friedrich-Schiller-Universität Jena

    FSU-Mediendienst

    Gespraechsparternerinnen fuer wissenschaftliches Projekt gesucht

    Psychologen erforschen Langzeitfolgen sexueller Gewalt

    Jena. (12.05.98) Eine Studie zu "Langzeitfolgen sexueller Gewalt" planen die Psychologen der Friedrich-Schiller-Universitaet Jena. Dr. Regina Steil und die Diplomandin Silke Soemmer suchen fuer ihr wissenschaftliches Projekt betroffene Frauen, die bereit sind, ueber laenger zurueckliegende Erlebnisse sexueller Gewalt zu berichten. "Ich weiss, wie schwer es ist, noch nach Jahren ueber solche traumatische Ereignisse zu sprechen", sagt Regina Steil, "aber wir wollen unseren Gespraechspartnerinnen auch fachliche psychologische Hilfen anbieten, um ihre belastenden Erinnerungen zu bewaeltigen."

    Selbstverstaendlich unterliegen diese Gespraeche einem strengen Datenschutz und koennen auch anonym am Telefon gefuehrt werden. Vor allem Frauen mittleren und hoeheren Alters, die Opfer sexueller Gewalttaten im Zweiten Weltkrieg geworden sind, werden gebeten, sich unter der Rufnummer 03641/945183 zu melden.

    "In der unmittelbaren Nachkriegszeit wurde das Thema nicht nur von den Opfern, sondern auch in der Gesellschaft lieber totgeschwiegen", weiss Regina Steil. "Erst heute, im Zusammenhang mit den Massenvergewaltigungen im jugoslawischen Buergerkrieg, ist eine hoehere Sensibilitaet gewachsen." Verstaerkt wird nun diese Problematik, die nicht nur ein persoenliches, sondern auch Familienschicksale praegen kann, wissenschaftlich untersucht; mit den Langzeitfolgen sexueller Gewalt im Zweiten Weltkrieg hat sich jedoch bislang kaum jemand befasst. Aus dem Trauma des unmittelbaren Erlebnisses, mit dem Tode bedroht und sexuell gedemuetigt zu werden, entstehen nicht selten allgemeine AEngste und Depressionen.

    Unter "posttraumatischen Belastungsstoerungen" verstehen die Psychologen als Symptome "staendig wiederkehrende Erinnerungen und Gedanken an das sexuelle Gewalterlebnis, Schlafstoerungen und Alptraeume, uebertriebene Schreckreaktionen und ein Interessenverlust an Dingen, die frueher Freude bereiteten", definiert Regina Steil. Diese posttraumatische Belastungsstoerung kann in jedem Alter auftreten und zu leichten bis schweren Beeintraechtigungen des persoenlichen, familiaeren, sozialen und beruflichen Lebens fuehren. Durch klinische Forschungsergebnisse weiss man heute, dass ca. sechs bis 15 Prozent der Gesamtbevoelkerung einmal im Leben unter einigen der Symptome leiden, so Steil.

    Ein relativ junger Forschungszweig der Klinischen Psychologie beschaeftigt sich seit den 80er Jahren mit der Frage, warum nicht alle Frauen nach einer Vergewaltigung Symptome der posttraumatischen Belastungsstoerung entwickeln und wie man betroffenen Frauen helfen kann, mit ihren schlimmen Erfahrungen umzugehen. Frauen, die im Zweiten Weltkrieges vergewaltigt wurden, konnte bisher kaum gezielte professionelle Hilfe angeboten werden.

    Ansprechpartnerin: Dr. Regina Steil, Institut fuer Psychologie der Uni Jena, Tel. 03641/945183


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    Psychology
    transregional, national
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