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11/13/2007 23:00

Keine menschliche Bittergeschmackszelle gleicht der anderen

Dr. Gisela Olias Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Deutsches Institut für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke

    Sperrfrist endet am 13. November 2007, 23.00 Uhr CET (Central European Time)
    Forscher liefern erstmals molekularbiologische Belege für ein umstrittenes Erklärungsmodell der Geschmackswahrnehmung

    Potsdam-Rehbrücke - Ein Forscherteam um Wolfgang Meyerhof vom Deutschen Institut für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke (DIfE) zeigt erstmals, dass keine menschliche Bittergeschmackszelle der anderen gleicht. Jede ist mit einem anderen Satz von vier bis elf Bitterrezeptoren ausgestattet. Das heißt, jede Geschmackszelle kann nur einige Bitterstoffgruppen erkennen und nicht - wie lange angenommen - alle. Damit liefern die Wissenschaftler zum ersten Mal auf molekularer Ebene Belege für ein umstrittenes Erklärungsmodell der Geschmackswahrnehmung. Die Forscher veröffentlichten heute ihre Ergebnisse in der Online-Ausgabe der angesehenen Fachzeitschrift The Journal of Neuroscience (Behrens, M. et al. 2007).

    Seit längerem diskutieren Wissenschaftler darüber, wie der Bittergeschmack wahrgenommen wird und ob der Mensch zwischen verschiedenen Bitterstoffen unterscheiden kann. Die bislang an Nagern gewonnenen Daten sind widersprüchlich und führten zu zwei Erklärungsmodellen:

    Das erste Modell geht davon aus, dass keine Unterschiede beim Bittergeschmack wahrgenommen werden können. Denn molekularbiologische Untersuchungen an Tieren führten zu der Annahme, dass sich Bittergeschmackszellen hinsichtlich ihrer Rezeptorausstattung nicht oder nur wenig unterscheiden. Das würde bedeuten, dass jeder Bitterstoff jede Bittergeschmackszelle gleichermaßen stimulieren kann.

    Das zweite Modell geht davon aus, dass verschiedene Bitterstoffe unterschiedlich wahrgenommen werden können. Es basiert auf den Ergebnissen physiologischer Untersuchungen. Diese zeigten, dass Bittergeschmackszellen unterschiedlich auf den Kontakt mit Bitterstoffen reagieren und dass diese Aktivitätsunterschiede ins Gehirn übertragen werden.

    Die nun erstmals an menschlichen Zellen durchgeführten Experimente der DIfE-Forscher untermauern das zweite Erklärungsmodell. "Unsere Daten haben zwar derzeit keinen praktischen Nutzen, sie tragen aber wesentlich zum Verständnis der Mechanismen bei, die der Geschmackswahrnehmung zu Grunde liegen. Nur wenn wir diese Mechanismen kennen, lassen sich die Zusammenhänge zwischen Geschmacksempfinden, Ernährung und Gesundheit aufklären", erklärt Maik Behrens, Erstautor der Studie. In der Welt der Geschmacksforschung sind noch viele Fragen unbeantwortet. Bis heute weiß man beispielsweise nicht, warum einige Menschen den bitteren Geschmack von Chicoree oder Pampelmusen mögen, während andere ihn ablehnen.

    Hintergrundinformation:

    Von allen fünf Grundgeschmacksqualitäten süß, umami, sauer, salzig und bitter ist der Bittergeschmack der vielschichtigste. Tausende von verschiedenen Bitterstoffen werden von einer hierzu vergleichsweise geringen Anzahl von 25 Bitterrezeptorproteinen wahrgenommen, die an den Spitzen der Bittergeschmackszellen sitzen. Allgemein gilt, dass die Bitterrezeptoren vor dem Verzehr giftiger Stoffe warnen. Man findet sie auf der Zunge, aber auch im Bereich des Gaumens, des Rachens und des Kehlkopfs. Bereits 2005 und 2006 hatten Ergebnisse der Arbeitsgruppe um Meyerhof gezeigt, dass die Wahrnehmung des Bittergeschmacks eine wichtige Rolle während der menschlichen Evolution spielte.
    Unabhängig vom Geschmackssystem finden sich einige Bitterrezeptoren auch im Atmungs- und Verdauungssystem. Welche Funktion sie hier erfüllen, ist nicht geklärt.

    In großen Teilen der Gesellschaft ist bekannt, wie eine gesunde Ernährung aussehen sollte. Paradoxerweise hat dieses Wissen in der täglichen Praxis die tatsächliche Ernährungsweise aber kaum beeinflusst: Bevorzugt wird eine wenig sättigende, kalorienreiche Kost, die das Entstehen von Übergewicht begünstigt. Die Forschung des DIfE konzentriert sich deshalb auch auf die biologischen Mechanismen, die eine Vorliebe für bestimmte Lebensmittel bewirken.

    Das Deutsche Institut für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke (DIfE) ist Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft. Zur Leibniz-Gemeinschaft gehören 83 außeruniversitäre Forschungsinstitute und forschungsnahe Serviceeinrichtungen. Diese beschäftigen etwa 13.700 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (Stand 12/2006). Davon sind ca. 5.400 Wissenschaftler (inkl. 2.000 Nachwuchswissenschaftler). Leibniz-Institute arbeiten interdisziplinär und verbinden Grundlagenforschung mit Anwendungsnähe. Sie sind von überregionaler Bedeutung und werden von Bund und Ländern gemeinsam gefördert. Der Gesamtetat der Institute liegt bei mehr als 1,1 Mrd. Euro pro Jahr. Die Drittmittel betragen etwa 225 Mio. Euro pro Jahr. Näheres unter http://www.leibniz-gemeinschaft.de.

    Fotomaterial zum Text finden Sie unter dem Link: http://www.dife.de/de/presse/jpg/Pampelmuse3.jpg
    Bildunterschrift: Lebensmittel wie Grapefruit, Chicoree oder Rosenkohl enthalten Bitterstoffe, deren Geschmack von einigen Menschen abgelehnt wird.

    Kontakt:

    Professor Dr. Wolfgang Meyerhof
    Deutsches Institut für Ernährungsforschung
    Potsdam-Rehbrücke (DIfE)
    Abteilung Molekulare Genetik
    Arthur-Scheunert-Allee 114-116
    14558 Nuthetal
    E-Mail: meyerhof@dife.de
    Tel: +49(0)33200 88 282/556

    Dr. Maik Behrens
    DIfE
    Abteilung Molekulare Genetik
    Arthur-Scheunert-Allee 114-116
    14558 Nuthetal
    E-Mail: behrens@dife.de
    Tel: +49(0)33200 88 374/545

    Dr. Gisela Olias
    Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
    Deutsches Institut für Ernährungsforschung
    Potsdam-Rehbrücke
    Arthur-Scheunert-Allee 114-116
    14558 NuthetalTel.: +49(0)33 200-88 278/335
    Fax: +49(0)33 200-88 503
    E-Mail: olias@dife.de


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    Criteria of this press release:
    Biology, Chemistry, Information technology, Medicine, Nutrition / healthcare / nursing
    transregional, national
    Research results, Transfer of Science or Research
    German


     

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