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Wissenschaft
Neuer "Schweikle" entstand unter Ägide von Germanisten der Jenaer Universität
Jena (02.01.08) Die "Rabenaas-Strophe" ist vom Aussterben bedroht. Der Literaturfreunden vor allem aus Thomas Manns "Buddenbrooks" bekannte selbstanklagende Liedertyp aus dem 17. Jahrhundert wird kaum noch benutzt. Zuletzt fristete die Strophe sogar als Stichwort einzig in einem theologischen Lexikon ihr Dasein, segnete inzwischen jedoch auch dort das Zeitliche. "Dieser Begriff kommt im aktiven Sprachgebrauch zwar nicht mehr vor, doch er gehört zur Literaturgeschichte", sagt PD Dr. Christoph Fasbender vom Institut für Germanistische Literaturwissenschaft der Friedrich-Schiller-Universität Jena. "Deshalb haben wir ihm 'Asyl' gegeben." Hinter "Wir" verbirgt sich das Metzler Lexikon Literatur (MLL), das nach 17 Jahren jetzt in dritter Auflage vorliegt.
Unter Philologie-Studenten und Gymnasiasten gilt es als das Nonplusultra der einbändigen Spezialnachschlagewerke. Nach seinen Begründern auch kurz "Schweikle" genannt, erblickte es 1989 das Licht der Buchwelt und musste im Jahr darauf bereits neu aufgelegt werden. Seither ging es jährlich zu tausenden Exemplaren über die Buchtheke. Die Neuauflage kommt beinahe einer Neuedition gleich - und sie entstand zudem unter der Ägide Jenaer Germanisten.
"Als wir 2001 starteten, war lediglich eine überarbeitete Ergänzung des Vorgängers geplant", berichtet Christoph Fasbender. Der Spezialist für germanistische Mediävistik zeichnet neben Prof. Dr. Dieter Burdorf, der inzwischen in Leipzig lehrt, und PD Dr. Burkhard Moennighoff von der Universität Hildesheim als Herausgeber verantwortlich. Überhaupt habe die Jenaer Universität viel für das Lexikon getan, hätten doch fast alle Institute der Philosophischen Fakultät ihr Scherflein dazu beigetragen.
Mit über 4.000 Artikeln weist der neue "Schweikle" rund ein Viertel mehr aus als sein Vorgänger. Als "eine Maximallösung, die sich dynamisch entwickelt hat", schätzt Fasbender das Ergebnis ein. "Wir haben versucht, Neues aufzuzeichnen und ganz Neues, das relevant sein könnte", veranschaulicht er die Vorgehensweise. Schließlich hoffen die Herausgeber und der in Stuttgart wie Weimar ansässige Verlag J. B. Metzler angesichts des enormen Aufwandes, dass das neue Nachschlagewerk mindestens zehn Jahre aktuell bleibt.
Rund 300 Autoren - bei der ursprünglichen Ausgabe war es gerade mal ein Zehntel - haben die Herausgeber bei ihrer Sisyphus-Arbeit unterstützt. "Es ist die gesamte Creme der jeweiligen Gebiete aus Europa", macht der Jenaer Altgermanist deutlich. Zugleich sei das Nachschlagewerk durch die Vielzahl der Handschriften bunter und vielstimmiger geworden. "Es ist nicht mehr so rund wie die erste und zweite Auflage, hat dafür aber viele interessante Ecken."
Nach wie vor liegt der Schwerpunkt auf der Wissenschaftsgeschichte. "Doch es hat sich gezeigt, dass die Literaturwissenschaft in den vergangenen 17 Jahren nicht nur inhaltlich breiter geworden ist und sich methodologisch neu orientiert. Sie hat sich auch absolut geöffnet", erläutert Fasbender. Dem trugen die Editoren ebenso Rechnung wie sie die Stichworte mit Blick auf andere Künste sowie die Medien- und Kulturwissenschaften erweiterten. "Bewegung", "Gender studies", "Homoerotische Literatur" und "Männlichkeit" beispielsweise gehören jetzt dazu. Einige seien so, wie sie jetzt nachgeschlagen werden könnten, in den ersten beiden Auflagen nicht denkbar gewesen. Etwa der Artikel "DDR-Literatur", bei dem sich angesichts der historischen Entwicklung als nun abgeschlossenes Gebiet die Perspektive verändert habe. Doch auch Übernommenes erhielt ein völlig neues Profil. Dass die meisten der Stichworte aus den ersten Auflagen nach wie vor im "Schweikle" zu finden seien, beweise dessen Klasse. "Wir haben die alten Perücken entstaubt und frisch gepudert", sagt Dr. Fasbender. Und dabei auch dem einen oder anderen Stichwort "Asyl" gewährt, wie der "Rabenaas-Strophe".
Dieter Burdorf, Christoph Fasbender, Burkhard Moennighoff (Hrsg.): Metzler Lexikon Literatur, Verlag J. B. Metzler Stuttgart Weimar; 845 Seiten, 29,95 Euro, ISBN 978-3-476-01612-6
Kontakt:
PD Dr. Christoph Fasbender
Institut für Germanistische Literaturwissenschaft der Friedrich-Schiller-Universität Jena
Fürstengraben 18, 07743 Jena
E-Mail: christoph.fasbender[at]uni-jena.de
Criteria of this press release:
Language / literature
transregional, national
Scientific Publications
German
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