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Wissenschaft
(Regensburg) Ob das Bakteriengift Botulinum-Toxin chronische Spannungskopfschmerzen lindern kann, überprüfen Experten der Deutschen Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft (DMKG) im Rahmen klinischer Studien, die jetzt in Essen, Kiel und München angelaufen sind.
Der Schmerz drückt dumpf im ganzen Schädel oder legt sich wie eine stählernes Band um die Stirn: In Deutschland leiden zwei bis drei Prozent der erwachsenen Bevölkerung, also zwischen 1,3 bis zwei Millionen Menschen, unter chronischem Spannungskopfschmerz - die Betroffenen haben ihre Beschwerden täglich oder fast täglich.
"Diese Kopfschmerzform", erklärt Professor Andreas Straube, Neurologe am Münchener Universitätsklinikum Großhadern, "ist auch heute noch ein therapeutisches Problem". Der Grund: Wodurch diese Kopfschmerzform verursacht wird, ist noch nicht endgültig geklärt. Experten vermuten, dass mehrere Faktoren zusammenkommen müssen. Muskelverspannungen im Kopf- und Gesichtsbereich spielen eine Rolle sowie eine erniedrigte Schmerzschwelle im Zentralnervensystem. Diese führt dazu, dass selbst leichte Reize bereits als schmerzhaft empfunden werden. Auch Erbfaktoren scheinen beteiligt zu sein.
"Ein chronischer Spannungskopfschmerz darf jedoch nicht mit Schmerzmitteln behandelt werden", warnt Dr. Volker Pfaffenrath, Vizepräsident der DMKG. "Denn wenn Kopfschmerzpatienten an mehr als zehn Tagen pro Monat Schmerzmittel einnehmen, droht die Gefahr eines sogenannten Medikamenten-induzierten Kopf-schmerzes", betont Professor Hartmut Göbel von der Schmerzklinik Kiel. Darum empfiehlt die DMKG nicht-medikamentöse Maßnahmen, etwa die progressive Muskelentspannung nach Jacobson, Streßbewältigungstraining oder Biofeed-back sowie eine vorbeugende Behandlung mit bestimmten Antidepressiva, die die Schmerzverarbeitung im Gehirn beeinflussen.
Inzwischen gibt es Hinweise, dass eine Injektion des Bakteriengiftes Botulinum-Toxin A in die betroffene Muskulatur die Beschwerden für cirka drei Monate lindern kann. In geringen Dosierungen setzen Ärzte schon seit Jahren den Wirkstoff ein, um bestimmte Erkrankungen wie etwa einen Schiefhals zu bekämpfen. Die Substanz führt zu einer Hemmung übermäßiger Muskelanspannung und hat einen direkten Effekt auf schmerzleitende Nervenfasern.
Auf die Idee, diesen Wirkstoff bei Spannungskopfschmerzen einzusetzen, kamen die Experten aufgrund von Zufallsbeobachtungen. So registrierten beispielsweise Schönheitschirurgen, die das Mittel gegen tiefe Mimikfalten einsetzten, dass bei Patienten mit Spannungskopfschmerzen die Beschwerden binnen weniger Tage bis Wochen besser wurden.
Dieser Effekt steht nun in Deutschland sowie international auf dem Prüfstand der klinischen Forschung: "Zur Zeit läuft eine große wissenschaftliche Studie in Essen, Kiel und München, bei der die Wirkung des Bakteriengiftes mit einer Scheinbehandlung verglichen wird", erklärt Professor Hans-Christoph Diener von der Universität Essen. Eine weitere bundesweite Studie startet Ende des Jahres. Geprüft wird die Wirkung einer einmaligen Injektion in die Stirnmuskulatur. "Bei diesen Erprobungungen geht es unter anderem darum, Injektionsorte und Dosierungen zu etablieren", erklärt Andreas Straube, der Leiter einer weiteren Studie, die Ende diesen Jahres starten wird. Denn ein etabliertes Therapieverfahren ist diese Behandlung noch nicht.
Wenn Patienten an einer Teilnahme interessiert sind, erhalten sie weitere Informationen bei:
Prof. Dr. H.C. Diener
Universitätsklinikum Essen, Neurologische Klinik und Poliklinik
(An dieser Klinik ist die Patientenrekrutierung jedoch bereits abgeschlossen)
Hufelandstraße 55, 45122 Essen
Tel.: 0201-723-2460/61, Fax: 0201-723-5901
Prof. Dr. Hartmut Göbel
Schmerzklinik Kiel
Heikendorfer Weg 9 - 27, 24149 Kiel
Tel.: 0431- 2009-90; Fax: 0431-20099-99
Dr. Volker Pfaffenrath
Arzt für Neurologie
Leopoldstr. 59, 80802 München
Tel.: 089-389977-0, Fax: 089-389977-22
Prof. Dr. Andreas Straube (Leiter der Studie, die Ende des Jahres startet)
Neurologische Klinik, Klinikum Großhadern
Marchioninistraße 15, 81377 München
Tel.: 089-7095-3901, Fax: 089-7095-3677
Diese Meldung ist mit Quellenangabe "Deutsche Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft" frei.
Pressestelle:
Barbara Ritzert, ProScientia GmbH, Andechser Weg 17,
82343 Pöcking, Tel.: (08157) 93 97-0, Fax: (08157) 93 97-97
e-mail: proscientia@t-online.de
Criteria of this press release:
Medicine, Nutrition / healthcare / nursing
transregional, national
Research projects
German
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