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Wissenschaft
Blutkoerper im Wuergegriff eines Siliziumchips
Deutsch-Britische Wissenschaftskooperation entwickelt Blutanalysesystem
CHEMNITZ. Neue Impulse bei der Anwendung der Mikrosystemtechnik in der Medizin erhoffen sich Wissenschaftler der TU Chemnitz-Zwickau von der Zusammenarbeit mit englischen Kollegen, denen es kuerzlich gelungen ist, einzelne rote Blutkoerperchen auf ihre Verformbarkeit hin zu untersuchen. Zu diesem Zweck wurden winzige Kanaele in Silizium geaetzt, deren Durchmesser einem Zehntel des menschlichen Haares entspricht. Die Kanaele besitzen die gleiche Groesse wie die Kapillaren, die feinsten Blutgefaesse im menschlichen Koerper. Diese fuenf Mikrometer schmalen Kanaele werden in einen 5x5 Millimeter grossen Siliziumchip mit Hilfe solcher Technologien, wie sie auch zur Herstellung von integrierten Schaltkreisen genutzt werden, hineingeaetzt. Bisher gab es keine Moeglichkeit, den Blutfluss durch solche feine Roehren zu untersuchen, erklaert Prof. Dr. Wolfram Doetzel, Leiter des Lehrstuhles fuer Mikrosystem- und Geraetetechnik der TU Chemnitz-Zwickau. Rote Blutkoerperchen sind fast doppelt so breit wie die Kapillaren und muessen deshalb, um diese zu passieren, eine laengere und duennere Gestalt annehmen. Bei einigen Krankheiten haben die Blutzellen diese Eigenschaft verloren und verstopfen deshalb die Gefaesse. Prof. Dr. Doetzel verdeutlicht dies an einem Beispiel: Eine haeufige Augenerkrankung bei Diabetikern ist die Diabetische Retinopathie, die durch Schaedigung der roten Blutkoerperchen mit verursacht sein kann. Zu harte Blutkoerperchen bleiben in den duennen Gefaessen der Netzhaut stecken, verhindern den Blutfluss und bewirken so einen Gewebeschaden. Diese gefaehrliche Krankheit kann zur Blindheit fuehren. Nun werden derartige "krankhafte" rote Blutkoerperchen mit Hilfe der Mikrosystemtechnik unter die Lupe genommen, erklaert Prof. Dr. Doetzel. Durch die winzigen Kanaele des Siliziumchips werden die zuvor aus dem Blut getrennten roten Blutkoerperchen geleitet. Dadurch kann Zelle fuer Zelle untersucht werden.
Mittlerweile sind weltweit AErzte an einem derartigen Sensor interessiert, um Krankheiten besser studieren zu koennen. Der Siliziumchip kann auch genutzt werden, um die Wirkung von Medikamenten zu untersuchen, die zur Erhaltung der Flexibilitaet der Blutkoerperchen entwickelt wurden, versichert der Chemnitzer Universitaetsprofessor. Zustandegekommen war der Kontakt zur University of Hertfordshire in Grossbritannien durch Chemnitzer Studenten, die im Rahmen eines Auslandsstudiums dort arbeiteten. Carsten Kleinsteuber, Dirk Bochnia und Christian Schoen, alle drei Studierende der Mikrosystem- und Geraetetechnik in Chemnitz, waren fuer neun Monate jenseits des AErmelkanals und untersuchten den Blutzellensensor, den Aufbau eines kompletten Blutanalysesystems einschliesslich der elektronischen Auswertung der Analyse. Bei dieser Zusammenarbeit wurde deutlich, dass die Erfahrungen der TU Chemnitz-Zwickau bei der Herstellung von Siliziumsensoren fuer weitere gemeinsame Entwicklungen sehr nuetzlich sind.
Die mit dem Blutanalysesystem begonnene Zusammenarbeit zwischen Hertfordshire und Chemnitz soll deshalb 1996 fortgesetzt. Im Mittelpunkt der weiteren Forschungsarbeiten stehen die Verbesserung der Kanalstrukturen fuer den Blutdurchfluss, die Integration von Sensorelektroden zum direkten Erkennen der Blutkoerper sowie die Integration eines Filters fuer weisse Blutzellen, um verduenntes Blut ohne vorherige Trennung der roten Blutkoerperchen messen zu koennen. Zur Realisierung dieser Arbeiten wird seit Januar 1996 die Chemnitz- Hertfordshire-Verbindung durch den speziell dafuer eingesetzten Forschungsassistenten Dipl.- Ing. Christian Schoen unterstuetzt. Zu den bisher am Chemnitzer Institut fuer Mikrosystem und Halbleitertechnik der Fakultaet fuer Elektrotechnik und Informationstechnik entwickelten und erprobten Komponenten gehoeren neben mikromechanischen Durchflusssensoren, Drucksensoren, auch Beschleunigungssensoren, sowie elektrostatische Schwenkspiegel fuer Laserstrahlablenkung. Einsatzmoeglichkeiten fuer solche Mikrokomponenten sieht Prof. Dr. Doetzel nicht nur in der Medizintechnik.
Auch in der Sicherheitstechnik von Kraftfahrzeugen und fuer das kommende hochaufloesende Laserfernsehen bietet die Mikrosystemtechnik ungeahnte Moeglichkeiten, meint der Professor. Die Zeitabstaende fuer neue technische Entwicklungen werden von Jahr zu Jahr immer kuerzer. Wer hat zu Beginn der achtziger Jahre schon von Airbag, CD-Player oder Computertomographie gesprochen? Prof. Doetzel ist davon ueberzeugt, dass sich die neuen Moeglichkeiten der Mikrosystemtechnik auch im privaten Lebensbereich auswirken: Gefahrenmeldetechnik, Raumklimasteuerung, Steuerung von Beleuchtung und Jalousien, medizinische UEberwachung von Risikopatienten im Heimbereich sind nur einige Einsatzfelder.
Weitere Informationen erteilt Prof. W. Doetzel, Tel 03 71/5 31-32 64.
Zwei Fotos zum Text erhalten Sie ueber Zentralbild GmbH, Tel. 030/28004-706/ 721 /711 /712, Marienstrasse 20, 10117 Berlin
Fotograf: ZB/THIEME/Z1016/rue Funkbild-Nummern: CHE-01-120296, CHE-02-120296
Criteria of this press release:
Electrical engineering, Energy, Medicine, Nutrition / healthcare / nursing
transregional, national
Research projects
German
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