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Wissenschaft
1000 Schüler an Spaniens Küste auf den Wegen Darwins. Von der Stiftung gefördertes Projekt startet Mitte Mai mit den ersten Teilnehmern
Mit Schnorcheln und Tauchen an der Costa Brava das Interesse am Thema Evolution wecken? - Was für eine tolle Idee des Tübinger Biologiedidaktikers Sven Gemballa und seiner Mitstreiter für das Darwinjahr 2009. Das Projekt, an dem sich auch das Institut für Wissensmedien Tübingen beteiligt, gefiel der VolkswagenStiftung so gut, dass es als einer der Gewinner aus dem im vergangenen Jahr ausgeschriebenen Wettbewerb "Evolution heute" hervorging. Statt trockene Theorie zu pauken - eintauchen ins warme Mittelmeer: Das werden im Laufe dieses Jahres etwa tausend Schülerinnen und Schüler tun können. Das Ziel der Initiatoren: Sie sollen an Spaniens Küste selbst entdecken, was auch Charles Darwin bei seiner Reise auf die Galapagosinseln half, die Grundlagen für die moderne Evolutionstheorie zu legen: Eine wenig spezialisierte Art passt sich mit der Zeit an verschiedene Lebensräume an, und es entstehen neue, stärker spezialisierte Arten.
Am 14. Mai starten als erste Gruppe rund 40 Schülerinnen und Schüler des Uhland Gymnasiums in Tübingen (eine Übersicht aller bis Mitte Oktober teilnehmenden Schulklassen erhalten Sie von Organisator Professor Sven Gemballa; sven.gemballa@uni-tuebingen.de) - weitere 27 Gruppen folgen dann im Wochenrhythmus. Und das erwartet die "jungen Darwins": Unterstützt von ihren Lehrern und wissenschaftlichem Fachpersonal, unternehmen sie in einem eigens eingerichteten Ausbildungszentrum an der katalanischen Küste nahe Girona Schnorchelgänge ins Mittelmeer, gewinnen Präparationen beim Landgang auf dem Fischmarkt und sammeln Daten, die sie mit Hilfe moderner Computertechnik analysieren. Ihr Studienobjekt: Meerbrassen - von Tübinger Biologen auch die "Darwinfinken des Mittelmeers" genannt.
Diese auf den ersten Blick so ähnlichen Fische bieten beim näheren Betrachten Erstaunliches: "Fische verfügen, anders als Säugetiere, normalerweise nicht über verschiedene Typen von Zähnen. Sie haben keine Schneide-, Eck- und Backenzähne, sondern nur gleichförmige, spitze Kegelzähne", erläutert Gemballa. "Doch bei den Meerbrassen ist das anders. Da gibt es Arten, die haben Schneidezähne, andere verfügen über eine Art Backenzahnstruktur, wieder andere haben Fangzähne." Wo und wovon diese unterschiedlichen Arten leben, werden sich die Schülerinnen und Schüler live unter Wasser anschauen. Und da wird dann schnell klar, dass es eben je nach Speisezettel der Fische ganz unterschiedlicher Zahnformen bedarf: spitz wie kleine Dolche oder scharfkantig wie Schneidezähne etwa. Auch die Mechanik ist interessant: So muss ein fischejagender Räuber sein Maul schnell öffnen - und auch schnell wieder schließen - können, um erfolgreich Beute zu machen; ein anderer braucht hohe Muskelkraft für eine Art "Nussknacker-Mechanik", um die harte Schale allerlei Meeresgetiers aufbrechen zu können.
"Wenn man im Meer direkt sieht, wie sich Fische an ihre Umwelt unter Wasser angepasst haben, dann wird Evolution ganz praktisch und anschaulich", bringt es der Tübinger Evolutionsbiologe auf den Punkt. Und Mitorganisatorin Daniela-Yvonne Weide fügt hinzu: "Die Schüler steigen aus dem Wasser und haben sich was zu erzählen."
Zum Anfassen müssen jedoch Exemplare vom Fischmarkt herhalten, denn, so Gemballas Erfahrung: "Diese Fische sind schwer zu fangen." Die Schüler üben sich also auch an "Freilandbeobachtungen" ganz anderer Art - und bringen auf diese Weise gleich noch ein paar Sprachfetzen Spanisch mit nach Hause. Und auch beim abendlichen Grillen, so der ganzheitliche Ansatz der Initiatoren, lasse sich letztlich das Gebiss der Fische sezieren und untersuchen ...
Bei ihren Arbeiten haben die Schüler im Vergleich zu Darwin zudem noch den Vorteil der modernen Medien. Denn wo Darwins Zeitgenossen nur das Skalpell zur Verfügung hatten, hilft heute die Computertomographie: Bis zum Projektstart im Mai jagten die Tübinger Wissenschaftler acht Meerbrassen-Arten durch den Scanner und druckten sich die Modelle von deren Gebissen am 3-D-Drucker aus. So lassen sich die Kiefer vermessen und schließlich von allen Seiten betrachten. Diese Modelle werden den Schülern zum Projektstart ausgehändigt; sie dürfen sie später als Souvenir - beziehungsweise für die Biologiesammlung der Schule - mit nach Hause nehmen.
Das ganze Vorhaben ist somit auch auf Nachhaltigkeit ausgelegt. Künftig soll es daher auch einen Experimentierkoffer in Sachen Evolution vor Ort in der meeresbiologischen Station geben, sodass auch spätere Generationen von Schülern von dem Angebot profitieren können.
Kontakte:
Universität Tübingen
Fakultät für Biologie
Zoologisches Institut
Professor Dr. Sven Gemballa
Telefon: 07071 2976947
E-Mail: sven.gemballa@uni-tuebingen.de
Institut für Wissensmedien
Tübingen
Prof. Dr. Peter Gerjets
Dr. Katharina Scheiter
Telefon: 07071 979219
E-Mail: pgerjets@iwm-kmrc.de
Hintergrund
Das Vorhaben "Darwin ver. 2.0 Re-Discovering Evolution in Europe" ist einer der Gewinner des Ideenwettbewerbs "Evolution heute" der VolkswagenStiftung, die dieses Projekt mit 100.000 Euro fördert. Ziel der Stiftung war es, das Darwinjahr 2009 zum Anlass zu nehmen, die Bedeutung der Evolutionsbiologie für unterschiedliche gesellschaftliche Bereiche herauszustellen und das Thema einer breiten Öffentlichkeit nahezubringen. Nicht zuletzt soll deutlich werden, wo Evolution in unserem Alltag eine Rolle spielt. Insgesamt konnten sich zwölf Aktivitäten durchsetzen, verteilt über ganz Deutschland.
Einen Terminkalender mit Infos zu den einzelnen laufenden Aktivitäten aller zwölf prämierten Projekte finden Sie unter http://www.volkswagenstiftung.de/darwinjahr.
Kontakt
VolkswagenStiftung
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Dr. Christian Jung
Telefon: 0511 8381 - 380
E-Mail: jung@volkswagenstiftung.de
Förderinitiative Evolutionsbiologie
Dr. Henrike Hartmann
Telefon: 0511 8381 - 376
E-Mail: hartmann@volkswagenstiftung.de
Der Text der Presseinformation steht im Internet zur Verfügung unter http://www.volkswagenstiftung.de/service/presse.html?datum=20090504
An Fischen die Evolution begreifen
Universität Tübingen/Initiative BiodivA
None
Schüler und Lehrer tauchen ab, um zu lernen
Universität Tübingen/Initiative BiodivA
None
Criteria of this press release:
Biology, Environment / ecology, Oceanology / climate, Social studies, Teaching / education
transregional, national
Schools and science, Transfer of Science or Research
German
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