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03/14/2001 16:03

EU-Abstimmungsverfahren: RUB-Mathematiker entlarvt politischen Unsinn

Dr. Josef König Dezernat Hochschulkommunikation
Ruhr-Universität Bochum

    Werner Kirsch, Professor für Mathematik an der Ruhr-Universität, hat das neue Abstimmungsverfahren der EU kritisch unter die Lupe genommen. Sein Ergebnis: Das neue System beseitigt die Ungereimtheiten des alten Systems praktisch nicht! Eine ausführliche Begründung erscheint morgen in "Die Zeit".

    Bochum, 14.03.2001
    Nr. 69

    Ungereimtheiten bei Abstimmungen
    Der EU-Gipfel von Nizza und die Mathematik
    DIE ZEIT: RUB-Mathematiker entlarvt politischen Unsinn

    Auf dem EU-Gipfel von Nizza haben kürzlich die Staats- und Regierungschefs einen neuen Abstimmungsmodus für den EU-Ministerrat beschlossen. Werner Kirsch, Professor für Mathematik an der Ruhr-Universität Bochum, hat das neue Abstimmungsverfahren mit mathematischen Methoden kritisch unter die Lupe genommen. Sein Ergebnis: Das neue System beseitigt die Ungereimtheiten des alten Systems praktisch nicht! Eine ausführliche Begründung von Werner Kirsch erscheint morgen in "Die Zeit" (15.3.2001).

    Größe und Gewicht

    Vor Nizza hatten die großen EU-Staaten (Deutschland, Frankreich, Großbritannien und Italien) gleich viele Stimmen (je zehn) im Rat der europäischen Union, die kleineren Staaten entsprechend weniger (z.B. Luxemburg zwei Stimmen). Nach der Wiedervereinigung hat Deutschland aber auf einen Schlag gut ein Drittel mehr Einwohner als Frankreich und Großbritannien. Folgerichtig wollte die Bundesregierung für Deutschland mehr Stimmen im Rat, was Frankreich freilich ablehnte. Die kleineren Staaten schließlich fürchteten, durch eine Verschiebung des Stimmgewichts ganz von den Großen dominiert zu werden.

    Ein Bonbon, das nach nichts schmeckt ...

    In Nizza fand man schließlich - nach nächtelangem Tauziehen - einen Kompromiss, der allen Seiten gerecht werden soll: Die Stimmgewichte werden neu verteilt, aber es bleibt bei gleich vielen Stimmen für die vier großen Staaten (jetzt 29). Ein Beschluss kommt allerdings nach Nizza nur zustande, wenn erstens auch die Mehrheit der Länder zustimmt (also acht von 15 Staaten) und zweitens die zustimmenden Staaten mindestens 62 % der EU-Bevölkerung repräsentieren (Bevölkerungsregelung). Die erste Zusatzregelung war als Zugeständnis für die kleineren Staaten gedacht, die letztere als Bonbon für Deutschland.

    Da muss man schon 10.000 Mal mitstimmen

    Die Bevölkerungsregelung bringt den Deutschen fast nichts. Das zeigt die mathematische Analyse des Bochumer Wissenschaftlers: Im Durchschnitt kommt diese Bestimmung nur in vier von zehntausend Abstimmungen zugunsten von Deutschland zu tragen. Hätte man Deutschland statt 29 Stimmen 30 gegeben, wäre sein Einfluss stärker gewachsen als durch die jetzige Kompromiss-Regelung. Noch drastischer fällt Kirsch' Berechnung nach der geplanten EU-Erweiterung auf 27 Staaten aus. Dann greift die Bevölkerungsregelung (zugunsten der Deutschen) nur noch in einem von zehn Millionen Fällen.

    Was so Power-Indizes alles sagen

    Die Untersuchungen von Prof. Kirsch stützen sich auf die Berechnung von so genannten "Power-Indizes", mit deren Hilfe man die Machtverhältnisse in einem Gremium - auch mit kompliziertem Abstimmungsverfahren - analysieren kann. Die entsprechenden Berechnungen lassen sich auf einem moderneren PC innerhalb einiger Stunden ausführen.

    Weitere Informationen

    Prof. Dr. Werner Kirsch, Ruhr-Universität Bochum, Fakultät für Mathematik, 44780 Bochum, Tel. 0234/32-23308 (pr. 02921/80192), Fax: 0234/32-14242, E-Mail: werner.kirsch@ruhr-uni-bochum.de

    Material im Internet

    Zusätzliches Material findet man im Internet unter:
    http://www.ruhr-uni-bochum.de/mathphys/politik/index.html


    More information:

    http://www.ruhr-uni-bochum.de/mathphys/politik/index.html


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    Criteria of this press release:
    Law, Mathematics, Physics / astronomy, Politics, Social studies
    transregional, national
    Research results, Scientific Publications
    German


     

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