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03/26/2001 10:22

Augsburger Wissenschaftspreis für Interkulturelle Studien 2001 geht an Christine Langenfeld

Klaus P. Prem Stabsstelle Kommunikation und Marketing
Universität Augsburg

    Der Augsburger Wissenschaftspreis für Interkulturelle Studien geht in diesem Jahr an Dr. Christine Langenfeld, seit Herbst des vorigen Jahres Professorin für Öffentliches Recht an der Georg-August-Universität Göttingen. Ihre im Sommer 2000 an der Rechts- und Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Universität des Saarlandes vorgelegte Habilitationsschrift "Integration und kulturelle Identität zugewanderter Minderheiten in der Bundesrepublik Deutschland - eine Untersuchung am Beispiel des allgemeinbildenden Schulwesens" wurde von der Jury am 21. Februar 2001 aus insgesamt 24 eingegangenen Bewerbungen ausgewählt. Die feierliche Verleihung des mit 10.000 DM dotierten Preises wird am 16. Mai 2001 an der Universität Augsburg stattfinden (um 19 Uhr im Hörsaalzentrum, Universitätsstraße 10, HS I).

    Zur Bewerbung um den vom "Forum Interkulturelles Leben und Lernen (FILL) e. V." in Zusammenarbeit mit der Universität und der Stadt Augsburg alljährlich ausgeschrieben Wissenschaftspreis waren zum vierten Mal Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler aller deutschen Universitäten aufgerufen, deren Studien einen substantiellen Beitrag zum Generalthema "Interkulturelle Wirklichkeit in Deutschland: Fragen und Antworten auf dem Weg zur offenen Gesellschaft" zu leisten vermögen.

    Im Spannungsfeld des Integrationsalltags

    "Ganz nahe am Alltag der Integration" - so der Vorsitzende Prof. Dr. Dr. h. c. mult. Wolfgang Frühwald zur Begründung der Jury, "befasst sich die Untersuchung von Frau Langenfeld mit einem Feld, das uns und unseren Kindern täglich begegnet. Es ist das Spannungsfeld zwischen Anerkennung und Bewahrung der kulturellen Identitäten der in der Bundesrepublik Deutschland lebenden ausländischen Minderheiten und der Notwendigkeit der Integration in die bestehende Rechts- und Gesellschaftsordnung. Nicht erst der viel diskutierte 'Kopftuchstreit' hat die aus diesem Spannungsfeld entstehenden Konflikte allgemein bewusst gemacht, vor allem die in den letzten Jahren vermehrten Klagen gegen die Pflicht zum Besuch der Grundschule zeigen den sensiblen Zusammenhang zwischen Bekenntnisfreiheit, konfessionellem Elternrecht und dem staatlichen Erziehungsanspruch. Auch der aktuelle Streit um die deutsche Sprache als Bestandteil der gemeinsamen, geschichtlich gewachsenen Identität und Kultur und als Staatssprache gehört zu diesem täglich wachsenden Spannungsfeld.

    Offenes und tolerantes Neutralitätsverständnis

    Das Recht der Zuwanderer auf kulturelle Selbstidentifikation kann in der deutschen Pflichtschule nicht allein durch die als 'Abwehrrecht' zu bestimmende Komponente der kulturellen Entfaltungsfreiheit gesichert werden. Vielmehr kommt es heute darauf an, in diesem Konflikt Handlungsmöglichkeiten für die Einzelnen zu eröffnen. Sie schließen die Entscheidung für die Assimilation oder die identitätswahrende Integration ein. Die Untersuchung geht davon aus, dass dem Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland die Verpflichtung zur gemeinsamen Unterrichtung zugewanderter Kinder und solcher deutscher Herkunft zu entnehmen ist, so dass das genannte Spannungsfeld nicht durch Segregation (zum Beispiel durch Nationalklassen, wie gelegentlich versucht) aufgelöst werden kann. Christine Langenfeld plädiert für ein offenes und tolerantes Neutralitätsverständnis des Staates und gegen die heute diskutierte Neubestimmung des Neutralitätsgebotes wegen der zunehmenden religiösen Differenzierung. Ein offenes Neutralitätsverständnis nämlich vermeidet die Zuspitzung des Konflikts, weil es dem Religiösen Zugang zu den öffentlichen Schulen gibt, zugleich aber verlangt, dass ihm wegen des gemeinschaftlichen Zusammenlebens auch Grenzen gesetzt werden. Die Vielfalt der in die Schule hineingetragenen religiösen Überzeugungen wird als Chance für eine integrative Erziehung verstanden, die der Auseinandersetzung mit Andersdenkenden dient und damit einen Beitrag zur gesamtgesellschaftlichen Integration leistet. Dieses Verständnis von Neutralität hat nichts zu tun mit Gleichgültigkeit, sondern wirkt freiheitssichernd, weil es verdeutlicht, dass die unterschiedlichen religiösen Überzeugungen so anerkannt und respektiert werden, wie sie selbst bereit sind, andere Überzeugungen zu respektieren.

    Gemeinschaftsverständnis für die Zukunft Europas

    Frau Langenfeld untersucht wissenschaftlich und engagiert zugleich den Alltag der Integration und des Zusammenlebens in Deutschland (und Europa). Sie geht von dem festen Boden des für alle in Deutschland lebenden Menschen verbindlichen Grundgesetzes aus und ordnet die in den Schulen am deutlichsten aufbrechenden Konflikte einem klaren und nüchternen Rechtsverständnis unter. Damit legt sie den Grund für jenes Gemeinschaftsverständnis (in Kultur, Sprache, Religion und gegenseitiger Duldung), auf dem die Zukunft Europas alleine gebaut werden kann. Fast nebenbei macht diese Untersuchung die Integrationsleistung deutlich, welche den deutschen allgemeinbildenden Schulen in den letzten Jahren immer wieder in einer fast heroischen Anstrengung aller Beteiligten (von den Schulverwaltungen bis zu den Schülern und Eltern, besonders aber durch die viel gescholtenen Lehrerinnen und Lehrer) gelungen ist. Die Schule wird neben dem Elternhaus auch weiterhin der bevorzugte Ort der Gemeinschaftsbildung sein."

    Die Preisträgerin

    Christine Langenfeld ist gebürtige Luxemburgerin. Sie studierte ab 1980 in Trier, Mainz und Dijon Rechtswissenschaften und absolvierte 1986 die Erste und 1991 die Zweite Juristische Staatsprüfung. Zwischenzeitlich promovierte sie 1989 an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz mit einer Dissertation über "Die Gleichbehandlung von Mann und Frau im Europäischen Gemeinschaftsrecht" zum Dr. jur. Nach kurzer Tätigkeit als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Europa-Institut der Universität des Saarlandes arbeitete sie von 1991 bis 2000 - mit zwei insgesamt zweieinhalbjährigen Beurlaubungen aufgrund eines DFG-Habilitandenstipendiums - als wissenschaftliche Referentin am Heidelberger Max-Planck-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht. Kurz nach der Habilitation an der Universität des Saarlandes und der Verleihung der venia legendi für "Deutsches und Ausländisches Öffentliches Recht, Europarecht und Völkerrecht" (Juni 2000) folgte schließlich die Berufung auf die Göttinger Professur für Öffentliches Recht, die sie seit Herbst 2000 innehat. Christine Langenfeld ist Mitglied in der Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer, der International Law Association, der Deutschen Gesellschaft für die Vereinten Nationen und in der Heidelberger Gesellschaft für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht. Seit Beginn dieses Jahres betreut sie an der Hochschule St. Gallen den Block "Europäischer und Internationaler Rechtsschutz" innerhalb des Studienprogrammes Master of European and International Business Law M.B.L.

    23 Bewerbungen aus der ganzen Bundesrepublik

    Neben Christine Langenfelds Studie lagen der Augsburger Jury in diesem Jahr 23 weitere Bewerbungen von Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftlern aus Berlin, Bielefeld, Braunschweig, Darmstadt, Erfurt, Erlangen-Nürnberg, Hannover, Hildesheim, Marburg, München, Münster, Saarbrücken und Würzburg vor - darunter drei Habilitationsschriften, zehn Dissertationen und neun Diplom- und Magisterarbeiten.

    Der Augsburger Wissenschaftspreis für Interkulturelle Studien, der in diesem Jahr zum insgesamt vierten Mal und erstmals an eine Habilitationsschrift vergeben wird, ging 1998 an den Bamberger Politikwissenschaftler Alfredo Märker für seine Diplomarbeit zum Thema "Zuwanderung in die Bundesrepublik: Universalistische und Partikularistische Gerechtigkeitsaspekte", 1999 an die Frankfurter Soziologin Dr. Encarnación Gutiérrez Rodriguez für ihre Dissertation mit dem Titel "Jongleurinnen und Seiltänzerinnen - Dekonstruktive Analyse von Ethnisierung und Vergeschlechtlichung" und 2000 an die Essener Erziehungswissenschaftlerin Dr. Yasemin Karakasoglu-Aydin für ihre Dissertation über "Religiöse Orientierungen und Erziehungsvorstellungen. Eine empirische Untersuchung an türkischen Lehramts- und Pädagogik-Studentinnen im Ruhrgebiet".

    Bewerbungsfrist für 2002 endet am 30. September 2001

    Die Bewerbungsfrist für den Augsburger Wissenschaftspreis für Interkulturelle Studien 2002 läuft noch bis zum 30. September 2001. Eingereicht werden können wissenschaftliche Arbeiten, insbesondere Magister-, Staatsexamens- und Diplomarbeiten sowie Dissertationen und Habilitationsschriften, die nicht früher als zwei Jahre vor dem Bewerbungsschluss an einer deutschen Universität abgeschlossen und vorgelegt wurden. Bewerbungen sind mit zwei Exemplaren der Studie, einer ca. 10seitigen Zusammenfassung der Studie, mindestens einem Gutachten eines Professors/einer Professorin und einem Lebenslauf über die jeweilige Universitätsleitung an das Rektoramt der Universität Augsburg, Universitätsstraße 2, 86159 Augsburg, zu richten.

    Die Jury

    Über die Vergabe des Preises entscheidet eine Jury, der unter dem Vorsitz des Münchner Germanisten, ehemaligen DFG-Präsidenten und amtierenden Präsidenten der Alexander von Humboldt-Stiftung Prof. Dr. Dr. h. c. mult. Wolfgang Frühwald und neben dem FILL-Vorsitzenden und Preisstifter Helmut Hartmann folgende Persönlichkeiten angehören: Prof. Dr. Dr. h. c. Josef Becker, emeritierter Ordinarius für Neuere und Neueste Geschichte und Alt-Präsident der Universität Augsburg; Priv. Doz. Dr. Carmine Chiellino, deutschsprachiger italienischer Schriftsteller und Privatdozent für Vergleichende Literaturwissenschaft an der Universität Augsburg; Prof. Dr. Friedrich Heckmann, Ordinarius für Soziologie und Leiter des Europäischen Forums für Migrationsstudien (efms) an der Universität Bamberg; Dr. P. Emeran Kränkl, Abt der Benediktinerabtei St. Stephan in Augsburg; Oberkirchenrat Dr. Ernst Öffner; Margarete Rohrhirsch-Schmid, Bürgermeisterin der Stadt Augsburg; Dr. Sabine Tamm, Leiterin des Akademischen Auslandsamtes der Universität Augsburg; Prof. Dr. Peter Waldmann, Ordinarius für Soziologie und stellvertretender Direktor des Instituts für Spanien- und Lateinamerikastudien (ISLA) der Universität Augsburg.

    Kontakt und weitere Informationen:

    Universität Augsburg, Pressestelle, 86135 Augsburg, Telefon 0821/598-2096, Telefax 0821/598-5288, e-mail: klaus.prem@presse.uni-augsburg.de


    More information:

    http://www.presse.uni-augsburg.de/unipressedienst/2001/pm2001_013.html
    http://www.fill.de


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    Prof. Dr. Christine Langenfeld: Trägerin des Augsburger Wissenschaftspreises für Interkulturelle Studien 2001
    Prof. Dr. Christine Langenfeld: Trägerin des Augsburger Wissenschaftspreises für Interkulturelle Stu ...

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    Criteria of this press release:
    Law, Philosophy / ethics, Politics, Psychology, Religion, Social studies, Teaching / education
    transregional, national
    Miscellaneous scientific news/publications, Personnel announcements
    German


     

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