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03/27/2001 09:55

Wissenschaftler am Weizmann Institut entdecken: Amoeben brauchen 'Hebammen' bei der Zellteilung

Debbie Weiss Publications and Media Relations Department
Weizmann Institut

    Neues Leben zu gebaeren war nie ein einfaches Geschaeft. Die Natur hat es offenbar so eingerichtet, dass jede Vermehrung einer besonderen Anstrengung bedarf. Manchmal ist der Geburtsvorgang, die physische Trennung von den Nachkommen, so schwierig, dass die Mutter Hilfe benoetigt. Dies trifft nicht nur auf Menschen zu. Ein interdisziplinaeres Forschungsteam am Weizmann Institut entdeckte, dass 'Hebammen' auch in der mikroskopischen Welt der Amoeben eine Rolle spielen. Dieser kooperative Geburtsvorgang, der in der Ausgabe der Zeitschrift Nature vom 21. Maerz 2001 beschrieben wird, stellt fuer Amoeben einen evolutionaeren Vorteil dar.

    Amoeben sind Einzeller, die sich asexuell vermehren. Zur Reproduktion verdoppelt eine Amoebe ihr genetisches Material, bildet zwei Zellkerne und veraendert allmaehlich ihre Form durch die Ausbildung einer schmalen 'Taille' in ihrer Mitte. Dieser Vorgang fuehrt normalerweise zur Trennung der beiden Tochterzellen. Forscher des Weizmann Instituts fanden jedoch heraus, dass bei einem Amoebentyp der Trennungsprozess just vor der Vollendung zum Stillstand kommt. Die zwei Tochterzellen bleiben durch ein schmales Band verbunden, das mit dem normalen Spaltungsmechanismus nur schwer zu durchtrennen ist. Bis vor kurzem sahen Wissenschaftler nur zwei moegliche Entwicklungen an diesem schicksalstraechtigen Punkt. Entweder ziehen und zerren die beiden Zellen ('Mutter' und 'Tochter') so lange an dem Band, bis es reisst und jede ein eigenstaendiges Leben beginnen kann, oder aber, sie geben nach einer Weile auf und werden wieder zu einer einzigen Zelle, die nun zwei Zellkerne hat.

    Eine gemeinsame Studie zwischen Physikern und Biologen des Weizmann Instituts enthuellte ein drittes Szenario, bei dem eine 'Hebammen'-Amoebe eine Rolle spielt.

    Prof. Elisha Moses von der Abteilung Physik komplexer Systeme erforscht mechanische und physikalische Aspekte der Trennung lebender Zellen. Er besprach seine Arbeit mit Prof. David Mirelman, dem Dekan der Biochemischen Fakultaet des Instituts, der unter anderem die Eigenschaften von Amoeben erforscht. Mirelmann schlug Moses vor, die Trennungsstudien an Amoeben durchzufuehren, die sich schneller als andere euraryotischen Zellen vermehren.

    Die Studie fand im, Labor von Prof. Moses statt, das mit modernsten Systemen zur Beobachtung und Dokumentation physikalischer Prozesse bei einzelnen Zellen ausgeruestet ist. Zu ihrer Ueberraschung beobachteten die Forscher, dass haeufig eine dritte Amoebe zu Hilfe eilt, wenn zwei Amoeben Schwierigkeiten bei der Trennung haben. Diese Amoebe zwaengt sich zwischen die beiden und drueckt so lange, bis die 'Nabelschnur' reisst und jede Amoebe ihrer Wege gehen kann.

    Das Forschungsteam, zu dem die Studenten David Biron, Pazit Libros und Dror Sagi gehoerten, konnte in der Folge nachweisen, dass die Amoeben mit Trennungsschwierigkeiten einen chemischen Hilfeschrei aussenden. Setzt man die Amoeben in eine Petrischale und saugt mit einer Pipette etwas Fluessigkeit in der Naehe der engen 'Taille' der sich teilenden Amoeben an, und setzt die Angesaugte Fluessigkeit an einer anderen Stelle frei, eilen andere Amoeben an diese Stelle - genau wie Hebammen, die auf Anruf zu einer Gebaerenden eilen. Das Phaenomen war sogar noch deutlicher, als die Wissenschaftler die Spitze der Pipette bewegten: Die Amoeben 'verfolgten' die Pipettenspitze entlang verschiedener Routen in der Schale.

    Die Wissenschaftler sind der Meinung, dass es sich bei dem chemischen Signal, das die sich teilenden Amoeben freisetzen, um eine einzigartige, komplexe Substanz in der Membranoberflaeche der Amoeben handelt, die aus einem Lipid, einem Proteinfragment und verschiedenen Zuckermolekuelen zusammengesetzt ist. Wenn sich eine Amoebe teilen will, dehnt sich die Membran im Bereich der engen 'Taille' und ist enormem Stress ausgesetzt. Diese mechanische Stoerung koennte dazu fuehren, dass die Substanz aus der Membran in die Naehrfluessigkeit freigesetzt wird, und damit die 'Hebammen' 'alarmiert' und anlockt.

    In einer zukuenftigen Studie wollen Forscher am Weizmann Institut das Phaenomen naeher zu untersuchen. Vor allem wollen sie die Zusammensetzung der Locksubstanz, den Mechanismus, der sie freisetzt, sowie den Rezeptor der 'Hebamme' erforschen.
    Irgendwann in der Zukunft kann diese Studie helfen, von Amoeben verursachte Infektionskrankheiten wie zum Beispiel die Ruhr einzudaemmen, indem neue Methoden zur Kontrolle der Teilung von Amoeben zu entwickelt werden.

    Ein Farbbild von einer Amoebe, der eine 'Hebamme' hilft, ist unter http://www.weizmann.ac.il (Media Information) hinterlegt.

    Die Forschung von Prof. Elisha Moses wird vom Levine-Institut fuer angewandte Forschung und er Minerva Stiftung Gesellschaft fuer die Forschung m. b. H. unterstuetzt.

    Prof. David Mirelman ist Inhaber des Besen-Bender-Lehrstuhls fuer Mikrobiologie und Parasitologie und Direktor des Y.-Leon-Benoziyo-Instituts fuer Molekulare Medizin. Seine Forschung wird unterstuetzt von Claire Reich und einem Stipendium des Zentrums fuer neu entstehende Krankheiten in Jerusalem.


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    Criteria of this press release:
    Biology, Chemistry, Mathematics, Physics / astronomy
    transregional, national
    Research projects, Research results
    German


     

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