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Wissenschaft
Pleite in Berlin - Aufbruch in Jena
"Suedosteuropastudien" an der Friedrich-Schiller-Universitaet Jena
Die Wege des Herrn sind unergruendlich, die von Hochschulpolitikern noch viel mehr.
An der FU Berlin existierte viele Jahre das Fach "Balkanologie", das einzige seiner Art. Vertreten wurde es von Prof. Dr. Norbert Reiter, der die Balkanologie zu internationalem Ansehen brachte und vor allem in den Laendern das Balkanraumes als Wissenschaftler hoch geschaetzt wurde. Kaum war der verdienstvolle Wissenschaftler emeritiert, kam das Aus fuer sein Fach. Die Balkanologie wurde eingespart. Man hielt sie in Berlin fuer entbehrlich.
Indes leuchtet ein, dass der Balkan nicht undurchschaubarer "Vorhof" Europas ist, sondern ein Teil der europaeischen Geschichte und Kultur. Die Ereignisse der letzten Jahre brauchen dazu nur fuer jene bemueht werden, denen dies unklar war.
Anders in Jena.
An der Friedrich-Schiller-Universitaet ist ein Studiengang "Suedosteuropastudien" entworfen worden. Die Einschreibung kann vermutlich schon im Sommersemester 1997, spaetestens jedoch zum Wintersemester 1997/98 erfolgen. Dass sich diese Chance ergab lag daran, dass drei neuberufene Professoren diesen Studiengang ermoeglichten. Von der FU Berlin ist Prof. Dr. Gabriella Schubert, lange Jahre Mitarbeiterin von Prof. Reiter und dessen Nachfolger als Herausgeberin der renommierten "Zeitschrift fuer Balkanologie", nach Jena gekommen. Sie hat hier die Professur fuer Suedslawistik inne. Prof. Dr. Wolfgang Dahmen ist Rumaenist, Mitherausgeber der Zeitschrift "Balkanarchiv". Von Seiten der Historiker ist Prof. Dr. Stefan Plaggenborg als Fachvertreter der osteuropaeischen Geschichte beteiligt. Alle drei stellten fest, dass es in Deutschland keine Institutionen gibt, an denen Suedosteuropa in seinem Gesamtzusammenhang Gegenstand von Forschung und Lehre ist. Dabei liegt die politische, oekonomische, strategische und kulturelle Bedeutung dieses Raumes auf der Hand. Themen wie "Bosnien-Einsatz", NATO- und EU- Erweiterung gen Ost- und Suedosteuropa zeugen davon. Erneut ausgebrochene nationale Vorurteile erschuettern die Gesellschaften des Balkans und bedrohen das europaeische Haus. Sprachen werden unter nationalen Gesichtspunkten "gereinigt" und ihre Bezeichnungen veraendert. Geschichte, Mythen und Symbole aus der Mottenkiste sind frisch poliert. Konfessionelle Gegensaetze zwischen katholischen und orthodoxen Christen sowie Muslimen prallen aufeinander. Den Balkan durchzieht seit Jahrhunderten die Grenze zwischen lateinischem Westen und orthodoxem Osten, eine Kulturgrenze, die bis in unsere Tage Spannungen hervorruft. Wer all diese komplexen Zusammenhaenge in Geschichte und Gegenwart verstehen will, sollte sich in seinem Studium interdisziplinaer mit Suedosteuropa beschaeftigen. Hierzu bietet der Studiengang "Suedosteuropastudien" in Jena die besten Voraussetzungen. Das Fach "Suedosteuropastudien" ist die Wissenschaft von der Geschichte und den Kulturen Suedosteuropas in ihren spezifischen sprachlichen und aussersprachlichen Manifestationen. Es ist nur als ein vergleichend angelegtes Studium sinnvoll. Aus diesem Grund sind unterschiedliche Disziplinen mit verschiedenartigen Herangehensweisen daran beteiligt. Der Balkan zeichnet sich gerade durch ethnische, kulturelle und religioese Vielfalt auf engstem Raum aus. Diese Heterogenitaet als ein historisch bedingtes Ensemble zu verstehen, ist eines der Hauptziele des Studiengangs. Dass dabei nicht vereinheitlichend, sondern sorgfaeltig vergleichend vorgegangen wird, versteht sich von selbst. Wer an der Friedrich-Schiller-Universitaet Jena das Fach "Suedosteuropastudien" belegen moechte, muss Sprachen des Raumes erlernen und sich darueber hinaus in Lehrveranstaltungen aus den genannten Gebieten kundig machen. "Suedosteuropastudien" kann mit vielen anderen geistesund sozialwissenschaftlichen Faechern kombiniert werden, besonders empfehlenswert erscheint die Kombination mit Slawistik, osteuropaeischer Geschichte, Rumaenistik und der ebenfalls in Jena angebotenen Islamwissenschaft.
Es ist vorgesehen, das Fach mit anderen Disziplinen ausserhalb der Philosophischen Fakultaet, wie Politikwissenschaft, Wirtschaftswissenschaften und Jura, kombinieren zu koennen. Die suedosteuropaeischen Laender schauen erwartungsvoll auf die Aktivitaeten an der Friedrich-Schiller-Universitaet Jena. Sie unterstuetzen den Studiengang mit Stipendien zum Spracherwerb und zu Forschungen im Lande, mit Literatur und durch Vermittlung vielfaeltiger Kontakte.
Auf diese Weise hat die Universitaet Jena beste Chancen, Bruecken von Deutschland nach Suedosteuropa zu bauen.
Der Abbau in Berlin macht den Aufbau des zukunftsweisenden Studienganges "Suedosteuropastudien" in Jena um so notwendiger. Prof. Dr. Stefan Plaggenborg
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