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04/05/2001 10:08

Siegener Universität sieht sich durch ministeriale Mogelpackung getäuscht

Kordula Lindner-Jarchow M. A. Stabsstelle für Presse, Kommunikation und Marketing
Universität Siegen

    Mit Befremden und Enttäuschung hat die Hochschulleitung der Universität Siegen auf den Entwurf zur Rechtsverordnung des Ministeriums für Schule, Wissenschaft und Forschung (MSWF) reagiert. Nach dem jetzt vorliegenden Papier ist vorgesehen, die Magisterstudiengänge Politikwissenschaft, Soziologie und Romanistik sowie die Diplomstudiengänge Volkswirtschaftslehre, Mathematik, Physik und Chemie einzustellen.

    Nach dem Gesprächsmarathon mit der Ministeriumsdelegation vom 23. März war seitens des Ministeriums noch das konstruktive und innovationsbereite Engagement der Hochschulleitung betont und die Bereitschaft zur Unterstützung der Siegener Überlegungen signalisiert worden. Man fragt sich in der Universität nun, was Gespräche und Verhandlungen mit dem Ministerium bewirken, wenn Absprachen nicht eingehalten werden und die erarbeiteten Konzepte durch die Rechtsverordnung ignoriert werden.
    Rektor Prof. Walenta und Kanzler Dr. Schäfer stellen hierzu fest:
    1. Der Vorschlag, die genannten Studiengänge einzustellen, bedeutet nicht, daß die entsprechenden Fächer und Fachbereiche an der Universität künftig entfallen, sondern die genannten Fächer werden auch künftig an der Universität in Forschung und Lehre formal vertreten sein. Die Frage ist hier allerdings, durch welche Studiengänge die Fächer bedient werden.
    2. Bereits in dem Perspektivgespräch anläßlich des Besuchs der Ministerialdelegation am 23. März 2001 hatte das Rektorat dazu eine neue Studienstruktur vorgestellt, in der alle Fächer in den Geistes- und Kulturwissenschaften, in den Wirtschaftswissenschaften sowie den Natur- und Ingenieurwissenschaften erhalten bleiben, aber durch Straffung und Umstrukturierung einen neuen höheren Stellenwert erhalten sollen.
    3. Die Universität hat in der Zeit nach dem Gespräch mit den Vertretern des Ministeriums ihre schon vorher begonnenen Strukturüberlegungen dahingehend fortgeführt, von den für eine Gesamthochschule typischen integrierten Studiengängen abzurücken und flächendeckend ein entsprechend gestuftes Studiengangmodell nach internationalem Standard einzuführen. Bei diesem kann bereits nach sechs bzw. sieben Semestern ein erster berufsqualifizierender Abschluß erfolgen, für den der Grad eines Bachelor (BA) vergeben wird. Danach schließt sich ein zweiter Studienabschnitt an, auf den nach insgesamt zehn Semestern ein zweiter Abschluß folgt.
    4. Diese Überlegungen hatte die Universität bereits in den Beratungen mit dem Ministerium vorgeschlagen und angekündigt, hierüber mit dem Ministerium Zielvereinbarungen insbesondere in den Naturwissenschaften schließen zu wollen. Das Rektorat hat darüber hinaus - zuletzt in einem Schreiben vom 29. März 2001 an den Staatssekretär Hartmut Krebs im Wissenschaftsministerium - angeboten, die Entwicklung der neuen Studiengänge umgehend zu betreiben und möglichst bald den Studienbetrieb aufzunehmen. Die bisherigen integrierten Studiengänge sollten dann aufgehoben werden.
    5. Angesichts der im jetzigen Entwurf zu Rechtsverordnung enthaltenen Streichungen sind diese konstruktiven Überlegungen allerdings Makulatur.
    - Ein zentrales Kriterium für die Forschungsqualität von Universitäten sind die eingeworbenen Drittmittelsummen. Hier würde bei Umsetzung der Rechtsverordnung der Verlust von ca. 40% Drittmitteleinwerbungen drohen.
    - Die Folgen, auch für die nun vermeintlich nicht betroffenen Fächer, sind noch gar nicht absehbar. Durch den ersatzlosen Wegfall der grundständigen Diplomstudiengänge wird auch das Spektrum im Lehrangebot - nicht zuletzt für die Lehramtsstudiengänge - schmaler und unattraktiv.
    - Es droht nun die Gefahr durch eine 'Abstimmung mit den Füßen' bei unserer Studierendenklientel.
    - Es besteht zudem die Gefahr, daß leistungswilliges und -fähiges Lehr- und Forscherpersonal Siegen den Rücken kehren bzw. neue Kolleginnen und Kollegen erst gar nicht den Weg nach Siegen finden werden.
    - Innovative Forschungs- und Entwicklungsprojekte, die bislang wesentlich auf der Existenz von Diplomstudiengängen beruhen, können nicht mehr durchgeführt werden.
    6. Die Universität Siegen ist stolz darauf, in vielen Bereichen mobiler und aktiver im Reformprozeß zu sein als viele andere Universitäten. So hat die Universität Siegen als erste ein geisteswissenschaftliches Graduiertenkolleg eingerichtet. Ferner hat die Universität Siegen schon frühzeitig mit der Einrichtung einer Professur für Experimentalphysik II (Schwerpunkt: Detektorenentwicklung) sowie in der Chemie mit der Einrichtung des Studienganges Bauchemie (als erste Universität in Deutschland) bewiesen, daß sie bereit ist, neue anwendungsbezogene Wege zu gehen. Unter den nun drohenden Einschränkungen kann die Entwicklung weiterer innovativer Studiengänge, so wie sie z.B. mit dem Deutschen und Europäischen Wirtschaftsrecht, der Wirtschaftsinformatik, der Informatik mit Anwendungsfächern und auch dem sehr erfolgreichen Medienstudiengang in der Vergangenheit möglich waren, kaum mehr erwartet werden.
    7. Die in letzter Konsequenz eintretende Reduzierung der Universität Siegen bei Durchführung der Schließungen würde für die Region kulturell und wirtschaftlich erhebliche Schäden hervorrufen. Die Hochschulleitung rechnet mit der breiten Zustimmung der Region, dies zu verhindern.
    8. "Wir werden unseren Weg weitergehen", erklärte das Rektorat, "wenngleich wir uns eine größere Unterstützung durch das Ministerium auf diesem Weg sehr gewünscht hätten. Es muß uns allerdings sowohl ausreichend Zeit als auch die Bedingungen gegeben werden, Umstrukturierungen erfolgreich durchzuführen". Die Universität wird die Empfehlungen und Hinweise im Bericht des Expertenrates dazu nutzen, ihr Profil zu schärfen und sich noch stärker als bisher zukunftsweisenden Studien- und Forschungsrichtungen öffnen.
    9. Die Hochschule hat nunmehr bis zum 27. April 2001 Gelegenheit, zum Entwurf der Rechtsverordnung Stellung zu nehmen, die dann nach Beratung im Wissenschaftsausschuß des Landtags, Anfang Juni in Kraft gesetzt werden soll. Wir erwarten die Unterstützung aller politischen und regionalen Kräfte, uns bei einer tragbaren Korrektur der Rechtsverordnung tatkräftig zu unterstützen.


    More information:

    http://www.uni-siegen.de


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    Criteria of this press release:
    interdisciplinary
    transregional, national
    Organisational matters, Science policy
    German


     

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