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04/24/2001 08:27

Heute Abend: Joachim Gauck wird Ehrendoktor der Universität Jena

Dr. Wolfgang Hirsch Abteilung Hochschulkommunikation/Bereich Presse und Information
Friedrich-Schiller-Universität Jena

    Jena (24.04.01) Zum Ehrendoktor für Zeitgeschichte wird heute Abend (24.04.) Joachim Gauck an der Friedrich-Schiller-Universität promoviert. Der langjährige Bundesbeauftragte für die Stasi-Unterlagen erhält diese Auszeichnung in einem akademischen Festakt (18 Uhr, Aula) für seine Verdienste um den Erhalt und die wissenschaftliche Erschließung des für die deutsche Nachkriegsgeschichte geradezu einzigartigen Quellenbestandes.

    Rektor Prof. Dr. Karl-Ulrich Meyn nannte den 61-jährigen Rostocker zudem "einen Mann von Aufrichtigkeit, Wahrhaftigkeit und Prinzipientreue, der aus einem wahrhaft humanistischen Ethos heraus - trotz persönlicher Nachteile - unter der DDR-Diktatur nicht den Rücken gebeugt hat". Gauck verkörpere den Grundsatz der Menschlichkeit im Umgang miteinander und stehe für demokratisch und rechtsstaatlich legitimierte Gerechtigkeit, nicht Rache, so der Jurist Meyn weiter. Damit sei er Integrationsfigur und Vorbild in einer "schwierigen Zeit des Zusammenwachsens beider deutscher Teilstaaten und Gesellschaften". Auch Thüringens Ministerpräsident Dr. Bernhard Vogel würdigt die Verdienste Gaucks in einer Grußadresse.

    Joachim Gauck studierte nach dem Abitur Theologie und wurde Pfarrer im mecklenburgischen Lüssow, später in Rostock-Evershagen. Seine kritischen Stellungnahmen gegen das SED-Regime trugen ihm Observationen und Benachteiligungen sowie ein eigenes Aktenkonvolut bei der Staatssicherheit der DDR ein. 1989 gehörte er zu den Mitbegründern des "Neuen Forums", und er zog im März 1990 als Abgeordneter der Bürgerbewegung in die erste frei gewählte Volkskammer der DDR ein. Nachdem er bereits in dieser Übergangszeit dem Parlamentarischen Sonderausschuss zur Kontrolle der Auflösung des MfS vorsaß, wurde er am 3. Oktober 1990 zum "Sonderbeauftragten der Bundesregierung für die personenbezogenen Unterlagen des ehemaligen Staatssicherheitsdienstes" berufen, ein Amt, das er bis zum Herbst 2000 ausfüllte. Im Januar 1999 wurde er bereits an seiner Heimat-Universität Rostock zum Ehrendoktor der Theologie promoviert.

    An der Universität Jena verleiht nun die Philosophische Fakultät Joachim Gauck den akademischen Titel in der Geschichtswissenschaft "wegen seiner zeitgeschichtlich bedeutsamen Leistungen bei der demokratischen Umgestaltung der DDR und seiner Rolle bei der Schaffung der Einheit, wegen seines klaren und unbeirrbaren Eintretens für den Erhalt, die Sicherung und Zugänglichkeit der Archivalien des Ministeriums für Staatssicherheit der DDR und wegen seiner herausragenden Verdienste auf dem Gebiet der zeitgeschichtlichen Erforschung in ihrer politischen, rechtlichen und historischen Dimension", begründet Dekan Prof. Dr. Kurt Müller die Auszeichnung.

    Gauck habe mit Sachverstand und Nachdrücklichkeit "die Bedeutung des ihm anvertrauten Quellenguts im Bewusstsein der deutschen Öffentlichkeit präsent zu halten gewusst und damit den politischen wie wissenschaftlichen Aufarbeitungsprozess der Geschichte der DDR gefördert", so Müller weiter. "Als vorbildliche Lebensleistung wird zugleich Gaucks unbeirrbar vorgetragene Einstellung gewürdigt, mit der er seit der Wende, als Konsequenz aus den eigenen lebensgeschichtlichen Erfahrungen, konstant die Verantwortung der deutschen Öffentlichkeit anmahnte, die Chance zur Erinnerung als Grundlage des demokratischen Miteinander zu nutzen."

    Gaucks Behörde hat dafür gesorgt, dass der Stasi-Aktenbestand systematisch archiviert und für die historiographische Aufarbeitung erschlossen wurde. Ihre Abteilung Bildung und Forschung pflegt die Kooperation mit in- und ausländischen Wissenschaftlern, führt selbst Fachtagungen und Konferenzen durch und gibt in einer wissenschaftlichen Reihe des Bundesbeauftragten unter dem Titel "Analysen und Dokumente" Publikationen heraus, "von denen einige schon jetzt die Bedeutung geschichtlicher Standardwerke erlangt haben", so Dekan Kurt Müller.

    Joachim Gauck selbst sagte im Vorfeld des akademischen Festakts, er freue sich außerordentlich über die Ehrung durch die Jenaer Historiker. Die juristische, historische und politische Aufarbeitung der Stasi-Akten sei zehn Jahre nach der Wende noch längst nicht abgeschlossen. "Hier ist noch unheimlich viel zu tun", so Gauck, schließlich gehe es auch um die wissenschaftliche Deligitimierung des Systems. Dabei verknüpft er gerade mit der Saalestadt besondere Erinnerungen: "Jena ist ein Zentrum des zivilcouragierten Widerstands gewesen", hebt er mit Blick auf die Kirchenszene, Wissenschaft und Jugend hervor, "das war ein unruhiges Pflaster."

    Dr. Wolfgang Hirsch
    Referat Öffentlichkeitsarbeit
    Fürstengraben 1
    D-07743 Jena
    Telefon: 03641 · 931030
    Telefax: 03641 · 931032
    E-Mail: roe@uni-jena.de


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    Criteria of this press release:
    History / archaeology, Philosophy / ethics, Religion, Social studies
    transregional, national
    Personnel announcements
    German


     

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